Tennis am Rothenbaum Kampf um Glanz

Das Tennisturnier am Hamburger Rothenbaum ist das Projekt von Michael Stich. Der ehemalige Weltklassespieler ist seit 2009 Turnierdirektor. In diesem Jahr konnte er Roger Federer zur Teilnahme bewegen. Doch die Chance auf gute TV-Präsenz ließ er sich entgehen.
Superstar Federer: Mit Mühe in die nächste Runde

Superstar Federer: Mit Mühe in die nächste Runde

Foto: Axel Heimken/ dpa

Daniel Brands ist in eine gewaltige Party geraten, doch die Menschen waren nicht seinetwegen da, obwohl er Geburtstag hatte an diesem Mittwoch. 26 Jahre alt ist der Tennisprofi geworden, und die Zuschauer auf dem Center Court beim Turnier am Hamburger Rothenbaum spendeten dem Jubilar nach seiner Niederlage in der zweiten Runde artig Applaus, das schon. Turnierdirektor Michael Stich überbrachte sogar eine Geburtstagstorte, die in Form eines Miniatur-Tennisfeldes gestaltet war, darauf zwei Miniatur-Tennisschläger. Dennoch war Brands lediglich eine Nebenrolle zugedacht, die Aufmerksamkeit galt seinem Gegner, der dank seines mühevollen 3:6, 6:3, 6:2 über Brands im Turnier bleibt und an diesem Donnerstag im Achtelfinale antritt: Roger Federer.

Der vielleicht beste Tennisspieler der Geschichte ist die Hauptattraktion des Turniers in diesem Jahr. Der Center Court war ausverkauft für sein Spiel gegen Brands, 7500 Menschen waren da, und wenn es nach den Organisatoren um Direktor Stich geht, soll das so weitergehen bis zum Finale am Sonntag. "Ein bisschen durchgeatmet" habe er nach Federers Sieg gegen Brands, sagte Stich. Es wäre ja auch nicht auszudenken gewesen, wenn das Werbegesicht des Turniers in diesem Jahr gleich im ersten Spiel ausgeschieden wäre.

Federer soll der Veranstaltung in Hamburg wieder zu vergangenem Glanz verhelfen. Wie das deutsche Tennis an sich hatte auch das Turnier am Rothenbaum seine beste Zeit von den späten achtziger Jahren bis hinein in die neunziger Jahre. Es war Teil der Masters-Serie, das Starterfeld war in jedem Jahr prominent besetzt, auch ein Frauenturnier gab es am Rothenbaum.

Seit 2009 ist Stich Turnierdirektor

Die goldene Vergangenheit lässt sich unter der Südtribüne des Center Courts bestaunen. Dort hängen an den Wänden Porträtzeichnungen der Sieger und größten Stars: Steffi Graf ist zu sehen, Martina Hingis, Boris Becker, Stich, auch Federer. Er gewann das Turnier viermal. Vor seiner Rückkehr in diesem Jahr war er zuletzt 2008 dabei, im Finale unterlag er damals Rafael Nadal. Seit 2009 wird das Turnier nicht mehr in der Masters-Klasse geführt, sondern eine Stufe darunter, in der 500er-Kategorie. Mit diesem Abstieg haben sich die Zahl der zu vergebenen Weltranglistenpunkte und das Preisgeld halbiert, die besten Spieler sind nicht mehr zur Teilnahme verpflichtet, es kommen weniger Zuschauer.

Ebenfalls 2009 ist Stich Turnierdirektor geworden, seine Mission ist es, die Veranstaltung wieder nach vorne zu bringen. Bislang ist er zufrieden mit seiner Bilanz: Wirtschaftlich, sagt er, gehe es dem Turnier wieder gut. Außerdem hat er in diesem Jahr das beste Teilnehmerfeld seiner Amtszeit zusammen, was vor allem an Federer liegt, aber nicht nur. Auch Thomas Haas ist dabei, der gebürtige Hamburger, der aber schon lange in den USA lebt. Wie Federer hat auch er es mit etwas Mühe ins Achtelfinale geschafft. Die Organisatoren träumen vom Endspiel zwischen Haas und Federer.

"Dieses Mal hat es nicht gepasst"

Obwohl die Veranstaltung am Rothenbaum mittlerweile wieder das wichtigste deutsche Turnier ist, findet es im Fernsehen nur bei den Spartensendern Sport1 und Hamburg 1 statt. In den öffentlich-rechtlichen Programmen spielt es keine Rolle. Dabei war der NDR in diesem Jahr interessiert daran, das Finale zu übertragen. Doch es scheiterte an der Zeit: Das Endspiel ist für 15 Uhr terminiert, das passt dem NDR nicht.

Es fanden mehrere Gespräche statt zwischen dem Sender und Stich, in denen es darum ging, das Endspiel auf 13 Uhr zu verlegen. "Da das Match aber in mehr als 45 Ländern dieser Welt live gezeigt wird und man sich überall auf 15 Uhr eingestellt hat, konnten wir uns leider nicht nach dem NDR richten", sagt Turnierdirektor Stich SPIEGEL ONLINE. Und wenn man nachfragt, ob tatsächlich kein Kompromiss möglich gewesen sei, wo doch die Tennisbranche den öffentlich-rechtlichen Sendern gerne mangelndes Interesse an ihrem Sport vorwirft, reagiert er schnell genervt. Aber gut: "Dieses Mal hat es nicht gepasst. Aber wir werden es im nächsten Jahr wieder versuchen."

2014 ist das Turnier gesichert, doch wie es danach weitergeht, ist schwer abzusehen. Die Herrentennis-Organisation ATP prüft alle fünf Jahre des Status ihrer Turniere, angeblich droht der Veranstaltung am Rothenbaum eine weitere Herunterstufung. Auch scheint es möglich, dass das Turnier seine 500er-Lizenz verliert, wenn 2018 der Vertrag der Veranstalter mit dem Deutschen Tennis-Bund um die Ausrichtung eines solchen Turniers am Rothenbaum ausläuft.

Michael Stichs Ziel ist klar: Er möchte auch künftig großes Tennis in Hamburg sehen. Es soll nicht die letzte Party auf dem Center Court gewesen sein.

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