Tour-Überraschung Ausreißer Gerdemann fährt ins Gelbe Trikot
Le Grand Bornand - 2004 wurde Andreas Klöden hier noch von Lance Armstrong auf den letzten Metern abgefangen, am heutigen Tag ließ sich T-Mobile-Profi Gerdemann den Sieg nicht mehr nehmen. Das Radsport-Talent aus Münster gewann die siebte Etappe der 94. Tour de France 40 Sekunden vor den Spaniern Inigo Landaluze (Euskaltel) und David de la Fuente (Saunier Duval, 1:40 Minuten zurück). Gerdemann schlug ungläubig die Hände über dem Kopf zusammen und schüttelte selbigen, als er über die Ziellinie fuhr.
Gerdemann hatte wenige Kilometer vor dem Ziel als Erster den Col de la Colombière überquert, einen Berg der ersten Kategorie. Den Vorsprung auf der anschließenden Abfahrt ließ sich der T-Mobile-Mann nicht mehr nehmen. Er löste den bisher in der Gesamtwertung führenden Schweizer Fabian Cancellara ab, der kurz nach Beginn des Anstiegs zum Colombière zurückgefallen war. Gerdemann eroberte als erster deutscher Radprofi seit Jens Voigt 2005 das Gelbe Trikot. Fabian Wegmann vom Team Gerolsteiner landete als zweitbester Deutscher auf Platz sechs.
"Werde keine Rolle spielen"
"Ich kann kaum reden, es ist unbeschreiblich. Danke an alle, die mich unterstützt haben", sagte Gerdemann im Ziel unter Tränen. Allen, die den jungen Deutschen jetzt bereits als Kandidaten für den Gesamtsieg sehen, erteilte er jedoch eine Absage: "Heute bin ich voll übers Limit gegangen, habe mich total verausgabt. Daher kann ich im Verlauf der Tour keine Rolle mehr im Gesamtklassement spielen. Michael Rogers ist unser Kapitän, für ihn werde ich mich aufopfern", sagte Gerdemann.
Zumindest für einen Tag ist es jedoch Gerdemann, der die Gesamtwertung anführt. Er liegt 1:24 Minuten vor Landaluze, Andreas Klöden rangiert mit 3:39 Minuten Rückstand auf dem sechsten Platz. Cancellara erreichte das Ziel mit knapp 23 Minuten Rückstand.
Das Gelbe Trikot ist der vorläufige Höhepunkt in der Karriere des 24-jährigen Gerdemann, den T-Mobile vor zwei Jahren aus dem laufenden Vertrag bei CSC herausgekauft hatte. Dort hatte der Radprofi unter Teamchef Bjarne Riis auch Kontakt zu dem umstrittenen Mediziner Luigi Cecchini. Im Zuge der "Aufräumarbeiten" bei den Bonnern nach der Ullrich-Entlassung im Vorjahr musste Gerdemann die Zusammenarbeit mit dem Italiener aufgeben.
Die erste und leichteste der drei diesjährigen Alpen-Etappen wurde neben Gerdemann auch von Gerolsteiner-Fahrer Wegmann geprägt. Die beiden Nachwuchsprofis waren Teil einer 15-köpfigen Ausreißergruppe, die sich am ersten von vier Anstiegen gebildet hatte. Durch den Sieg beim ersten Zwischensprint hatte Gerdemann in der virtuellen Wertung um das Gelbe Trikot den Spanier José-Ivan Gutierrez, ebenfalls Mitglied der Ausreißergruppe, hinter sich gelassen. Im Ziel durfte er das Maillot Jaune dann tatsächlich überstreifen.
goe/dpa