Verdacht im Handball Staatsanwalt ermittelt gegen Dopingkontrolleure

Dopingproben: Wurden Kontrollbesuche geschwänzt?
Foto: Patrik Stollarz/ Bongarts/Getty ImagesHamburg - Wegen Urkundenfälschung und Betrugs bei Dopingproben ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei Mitarbeiter der Mannheimer Firma Serco. Sie sollen bei zwei Handball-Spielen beauftragte und abgerechnete Proben mit eigenem Urin gefüllt und abgegeben haben, sagte der Mannheimer Oberstaatsanwalt Jochen Seiler am Montag und bestätigte Berichte der ARD und des WDR. Dafür hätten die beiden Verdächtigen über die Firma jeweils 434 Euro abgerechnet. "Die Firma Serco und der Deutsche Handballbund haben am 27. Januar Strafanzeige gestellt", sagte Seiler. Die Firma war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die beiden Mitarbeiter, ein 32-jähriger Mann und eine 34-jährige Frau, sollten im Auftrag des Deutschen Handballbundes (DHB) bei zwei Spielen Doping-Proben nehmen, sagte Seiler. Es geht um eine Begegnung in der 2. Bundesliga Süd am 12. Dezember 2009 zwischen TuS Metzingen und der HSG Bad Wildungen sowie um ein Frauen-Pokalspiel des FSV Mainz gegen DJK/MJC Trier am 9. Januar 2010. "Der Vorwurf lautet, dass die beiden nie zu den Spielen gefahren sind, und die Proben niemals abgenommen haben", sagte Seiler.
Auf der heimischen Toilette abgefüllt?
Stattdessen soll die Kontrolleurin selbst die Proben abgefüllt und an das Kölner Institut für Biochemie geschickt haben. Insgesamt acht Proben (vier pro Spiel) wurden vermutlich auf der heimischen Toilette gefüllt und anschließend als angebliche Doping-Proben deklariert. "DNA-Proben ergaben, dass ein und dieselbe Person die Proben abgegeben hat", sagte Seiler. Zudem hätten die Spielerinnen bestätigt, das niemand zur Kontrolle dagewesen sei. Die Frau soll außerdem die Unterschriften der Spielerinnen gefälscht haben.
Beide Verdächtigen haben sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Noch stehe eine DNA-Probe der Frau aus, die in den nächsten Wochen zu erwarten sei, sagte Seiler. "Hier geht es um reinen Betrug, mit Doping hat das aber nichts zu tun", fügte er hinzu.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat nach Bekanntwerden des Falls ein besseres Qualitätsmanagement im Kontrollsystem gefordert. "Wir haben es hier im klassischen Sinne mit Betrug zu tun, der strafrechtlich verfolgt werden muss. Darüber hinaus muss künftig verstärkt eine Qualitätskontrolle der Firmen stattfinden, die hier im Einsatz sind", sagte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper. Er geht davon aus, dass der Vorfall und notwendige Konsequenzen auf der nächsten Kuratoriumssitzung der Nationalen Anti Doping Agentur zur Sprache kommen werden.
Handballbund will Geld von Serco
Der Handballbund fordert von Serco 6000 Euro Regress. Das sagte der DHB-Vizepräsident und Antidopingbeauftragte Heinz Winden am Montag. Demnach will der Verband die ihm in dieser Höhe entstandenen Kosten für Reisen, Honorare, Proben und DNA-Analysen zurück.
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls hatte der DHB am 29. Januar 2010 die zuständigen Gremien des Welthandball-Verbandes IHF, des europäischen Verbandes EHF, die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada und die nationale Behörde Nada schriftlich über den Sachverhalt informiert. Zuvor war der DHB selbst aktiv geworden, nachdem das Dopingkontrolllabor Köln ihn über die auffälligen Proben in Kenntnis gesetzt hatte. Erst auf die Recherchen des DHB hin und entsprechendem Druck auf die Firma waren die betroffenen Mitarbeiter geständig gewesen.
"Wir haben daraufhin die Zusammenarbeit mit der Firma Serco gekündigt und unser Kontrollsystem geändert. Wir setzen jetzt auf namentlich bekannte externe Kontrolleure, die auch in anderen Sportarten aktiv sind und sich bewährt haben. Jeder neue Kontrolleur wird von fachlich geschulten DHB-Mitarbeitern mindestens einmal direkt kontrolliert und bei der Arbeit beobachtet", erklärte Winden.
Alle Kontrollen sollen von zwei Kontrolleuren durchgeführt werden, auch wegen des großen bürokratischen Aufwandes, bemerkte der DHB-Rechtsexperte. Zudem wurde bei der Nada angeregt, Kontrolleure zu akkreditieren und alle zwei Jahre neu zu zertifizieren. "Das ist aber leider nicht auf fruchtbaren Boden gefallen", sagte Winden.