Sportausschuss im Bundestag SPD-Politiker Ullrich zieht Konsequenzen aus Doping-Diskussion

Frank Ullrich, Sportausschuss-Vorsitzender im deutschen Bundestag
Foto: IMAGO/Thomas Trutschel/photothek.de / IMAGO/photothekNach Vorwürfen im Zusammenhang mit Doping in der DDR lässt der Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses und Biathlon-Olympiasieger, Frank Ullrich, seine Funktion im Aufsichtsrat der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) ruhen. Er wolle die Kritik, die er für unzutreffend halte, für sich »abwägen und in dieser Zeit das Amt bei der Nada ruhen lassen«, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch. Die Vorwürfe sollten »weder dem Amt schaden, noch das Vertrauen von Doping-Opfern beschädigen«.
Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« hatte zuvor aus Unterlagen der DDR-Staatssicherheit zitiert, in denen der einstige Verbandsarzt des Deutschen Skiläufer-Verbandes der DDR (DSLV), Hans-Joachim Kämpfe, im Juli 1985 vermerkt haben soll, dass Ullrich und 20 andere Sportler zwischen Oktober 1985 und Januar 1986 mit dem Testosteron-Präparat Oral-Turinabol gedopt werden sollten.
Gesprächsangebot der SED-Opferbeauftragten des Bundestags
Der SPD-Politiker bekräftigte am Mittwoch, dass er als aktiver Sportler und auch als Trainer »selbst wissentlich keine Berührung mit Dopingmitteln« gehabt habe. »Und doch war ich Teil eines sportlichen Systems, das für uns Sportler mitunter schwer zu durchschauen war. Die Stasi-Akte des Verbandsarztes, der für mich verantwortlich war, zeigt dies«, räumte Ullrich ein. »Ich kann mir meinen Namen darin nicht erklären. Zumal ich im dort angegebenen Zeitraum kein aktiver Sportler mehr war.« Zugleich sei aber klar, dass dies Fragen aufwerfe, »die mit meinem Amt bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur nur schwer zu vereinbaren sind«.
Ullrich nahm das Angebot der SED-Opferbeauftragten des Deutschen Bundestags, Evelyn Zupke, an, mit ihr ins Gespräch zu kommen. »Ich werde mit ihr gemeinsam auch den Austausch mit Doping-Betroffenen suchen. Das ist letztlich eine Chance, gemeinsam mehr Licht in das DDR-Sportsystem zu bringen und in die Rolle, die wir darin gespielt haben. Die Gespräche werden auch helfen zu eruieren, wo wir Doping-Opfer besser unterstützen können«, sagte er.
Zupke hatte zuvor bereits im Deutschlandfunk Kritik an der Personalie geäußert: »Man hätte diese ganzen Punkte, die jetzt zur Sprache kommen – endlich – auch schon vor seiner Nominierung als Spitzenkandidat im Wahlkreis besprechen müssen. Dann hätte man besprechen müssen: Muss er Mitglied im Sportausschuss werden? Und muss er Vorsitzender werden? Und muss er nun auch noch Mitglied im Aufsichtsrat der Nada werden? Das macht ja auch diese Organisation ein Stück weit unglaubwürdig«, sagte sie.
Ullrich ist seit Mitte Dezember Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag, dem aufgrund der Statuten automatisch ein Platz im Nada-Aufsichtsrat zusteht. CDU und CSU hatten bereits Anfang der Woche einen Antrag auf Abberufung des SPD-Politikers vorgelegt. »Wer im Aufsichtsrat einer Organisation sitzt, deren Hauptzweck der Kampf gegen Doping ist, muss über jeden Zweifel erhaben sein, was die eigene Vergangenheit im Zusammenhang mit Doping betrifft. Dies ist bei Frank Ullrich nicht der Fall«, heißt es darin. Ullrich war in der konstituierenden Sitzung des Sportausschusses allerdings von den 19 Mitgliedern mit 18 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung noch quasi widerspruchslos zum Vorsitzenden gewählt worden. Dopingvorwürfe gegen Ullrich waren seit vielen Jahren bekannt.
Eine Kommission des Deutschen Skiverbands war 2009 zu dem Schluss gekommen, dass Ullrich in DDR-Zeiten »weder die Einnahme von Dopingmitteln angewiesen noch selbst welche an Athleten verabreicht und auch nicht die Einnahme überwacht beziehungsweise kontrolliert« habe. Der DSV sah deshalb keinen Anlass für arbeits- oder dienstrechtliche Schritte sowie sportpolitische Konsequenzen gegen den damaligen Bundestrainer.
Frank Ullrich feierte im DDR-Sport sowohl als Aktiver als auch als Trainer große internationale Erfolge. Im Biathlon wurde er unter anderem mehrmals Weltmeister und 1980 Olympiasieger, gewann zudem bei den Spielen zweimal Silber (1980) und einmal Bronze (1976). Von 1987 bis 1990 trainierte er die DDR-Auswahl. Nach der Wiedervereinigung war Ullrich mehrere Jahre Bundestrainer in Biathlon und im Langlauf. In den Deutschen Bundestag zog er 2021 zum ersten Mal ein.