Super-Bowl-Sieger Patrick Mahomes Ruhiger Puls bis zum Schluss

Patrick Mahomes freut sich über einen Touchdown
Foto:Rob Carr/ AFP
Im weißen Interview-Zelt direkt neben dem Hard Rock Stadium von Miami Gardens herrschte reges Treiben. Auf der linken Seite versuchten die Spieler der San Francisco 49er zu erklären, was für sie nur schwer zu erklären war - wie sie diesen Super Bowl LIV trotz einer 20:10-Führung im vierten Viertel noch 20:31 verlieren konnten. Rund 20 Meter weiter beschrieben die Profis der Kansas City Chiefs ihre Emotionen nach dem ersten Titelgewinn seit 1970. Und in der Mitte, hinter dem schwarzen Vorhang, da sprach der Mann, der mit seiner Leistung dafür gesorgt hatte, dass die Gefühle beider Lager so unterschiedlich waren.
Dass sich die Chiefs freuen konnten und die 49ers frustriert waren, lag vor allem an Kansas-Quarterback Patrick Mahomes. Der 24-Jährige wurde zum wertvollsten Spieler (MVP) des Super Bowls gewählt. Schon im Stadion hatte er unter dem Jubel der Chiefs-Fans die Pete-Rozelle-Trophäe überreicht bekommen, schnell einige Interviews gegeben. Zwischendurch hatte ihm noch irgendjemand ein graues Super-Bowl-Champion-T-Shirt gegeben, das er hastig über sein rotes Trikot streifte, um anschließend auch noch schnell ein graues Meister-Cap aufzusetzen. "Es ist fantastisch. Nicht nur für uns, sondern vor allem, diesen Titel für Kansas City zu holen", sagte Mahomes. 50 Jahre oder 18.284 Tage waren seit dem letzten Super-Bowl-Sieg am 11. Januar 1970 vergangen. Eine Ewigkeit.

Super Bowl 2020: Halbzeitshow
"Er ist der magische Mahomes, Showtime-Mahomes. Ich liebe ihn", sagte Tight End Travis Kelce. "Er hat uns zu Beginn des Schlussviertels Mut gemacht und zusammengebracht. Viele Spieler glaubten nicht mehr an den Sieg, unter anderem ich. Patrick sagte nur, 'das schaffen wir, ich kann es fühlen'", ergänzte Wide Receiver Tyreek Hill.
Das Erbe der Patriots
Bereits vergangene Saison war Mahomes zum MVP der Liga gekürt worden. Er war auch beim Super Bowl 2019 in Atlanta - aber nur als Zuschauer. Von der Tribüne aus musste er mit ansehen, wie der 41 Jahre alte Tom Brady seinen sechsten Super Bowl mit den New England Patriots gewann. An jenen Patriots war Mahomes’ Team im Halbfinale daheim gescheitert. Dennoch waren sich viele sicher, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis sich die Kräfteverhältnisse in der American Football Conference zugunsten der Chiefs verschieben würden.
Letztlich hat es nur zwölf Monate gedauert, bis Kansas sich zum Champion krönte. Ob sie das erreichen könnten, was New England geschafft hat, wurde Mahomes nach dem Spiel gefragt. "Es ist ziemlich grandios, was die Patriots in den vergangenen 15 bis 20 Jahren geleistet haben. Aber ich schaue immer nur von Jahr zu Jahr", hatte der Quarterback geantwortet. Er sprach davon, wie hart die Herausforderung gewesen sei, so weit zu kommen. In der nächsten Saison würde es der gleichen Hartnäckigkeit und Hingabe bedürfen, um erneut ins Endspiel zu kommen.
Mahomes klang bei all diesen Worten keineswegs überschwänglich, sondern gefasst. Die Stimme stabil, der Puls ebenso. Dabei hatte der Mann mit der Rückennummer 15 keine 30 Minuten zuvor sein Team im dritten Playoffspiel der Saison zum dritten Mal nach einem zweistelligen Rückstand noch zum Sieg geführt. Und das, obwohl er drei Viertel lang seine Offensive gar nicht in Schwung bringen konnte und sogar zwei Interceptions warf.
Zweitjüngster Quarterback, der einen Super Bowl gewann
Doch als Kansas 10:20 hinten lag, Verein und Fans ihn brauchten, da war er da. Mahomes motivierte, dirigierte und servierte. Ihm gelangen plötzlich jene Würfe, die zuvor nicht bei seinen Mitspielern angekommen waren. Wie in der 53. Minute, als er Hill den Ball präzise über 44 Yards zuspielte und Kelce die Offensivaktion wenig später mit einem Touchdown zum 17:20 abschloss.
Als noch 2:44 Minuten noch zu spielen waren, stampfte Mahomes über den Rasen. Beide Arme komplett angespannt, die Fäuste auf Höhe der Oberschenkel, die Ellenbogen leicht nach innen gebeugt - und der Mund weit aufgerissen. Er hatte soeben Damien Williams bedient und der Runningback hatte den Football im Fallen gerade noch so ein paar Millimeter in die Endzone gerettet. Das Spiel war gedreht, Kansas 24:20 vorn.
Mit seinen 24 Jahren und 138 Tagen ist Mahomes nach Ben Roethlisberger der zweitjüngste Quarterback, der einen Super Bowl gewann. Ob er auch das neue Gesicht der NFL sei? Ach, es gäbe doch so viele Spieler, die dafür infrage kämen, sagte er mit einer ähnlichen Gelassenheit, wie er vorher das Spiel gedreht hatte. Er versuche einfach, der beste Patrick Mahomes zu sein, der er sein könne und mit denen, die er um sich habe, Football-Spiele zu gewinnen.