Nadal gewinnt 20. Grand-Slam-Titel Das perfekte Match

Rafael Nadal und sein Pokal
Foto: GONZALO FUENTES / REUTERSNovak Djokovic war jetzt endlich drin in diesem Endspiel - nach zwei Stunden und 25 Minuten Spielzeit. 4:4 stand es tief im dritten Satz im Finale der French Open, als der Serbe wild mit seinem Schläger herumfuchtelte und so den bemitleidenswerten Balljungen aufforderte, das Spielgerät doch schneller rauszurücken, damit er zügig den nächsten Aufschlag servieren könnte. Die Nummer eins der Welt wollte seinen Minilauf nutzen, er wollte Rafael Nadal endlich unter Druck setzen und eilig weiterspielen. Und tatsächlich: Djokovic gelang der Spielgewinn zum 5:4. 16 Minuten später war alles vorbei.
0:6, 2:6, 5:7. Es ist ein schier unglaubliches Ergebnis - aus der Sicht von Djokovic. Aber genauso, wenn man es umdreht, aus der Sicht von Nadal. Weil es so deutlich ist. Der beste Sandplatzspieler der Welt unterstrich an diesem kühlen Sonntagnachmittag seine Ausnahmestellung auf der Anlage am Bois de Boulogne in Roland Garros.
100 - 13 - 20. Die Zahlenkombination belegt es: Der Erfolg über Djokovic war Nadals 100. Einzelsieg bei den French Open (von 102 Matches ingesamt!), es war sein 13. Titelgewinn in Paris und sein insgesamt 20. Erfolg bei einem der großen vier Major-Turniere. Damit hat der 34-Jährige jetzt genau so viele Grand-Slam-Erfolge gesammelt wie Roger Federer.
Insbesondere in der ersten beiden Sätzen lieferte Nadal ein nahezu fehlerloses Tennismatch ab. Die Nummer zwei der Welt scheuchte Djokovic in einem atemberaubenden Tempo über die ganze Breite des Platzes. Drei, vier Spiele hielt der Serbe mit, aber die wichtigen Punkte machte fast alle Nadal. Immer wieder setzte er dabei seine diagonal über das Netz abgefeuerte Rückhand ein, kurz und lang gespielt. Die Bälle rauschten reihenweise links und rechts an Djokovic vorbei. Und wenn er dann doch einmal einen Breakball hatte (nur 5 insgesamt gegenüber 18 von Nadal), erlief der Spanier auch die schwierigsten Bälle.
"Er hat das perfekte Match gespielt"
Nie zuvor in einem Grand-Slam-Finale hatte Djokovic einen Satz mit 0:6 verloren. "Er hat das perfekte Match gespielt. Rafa war der weit bessere Spieler heute", sagte der 33-Jährige hinterher. Und er wirkte dabei nicht einmal sonderlich niedergeschlagen. Zu dominant war sein ewiger Rivale im 56. Aufeinandertreffen der beiden. Daran sollte sich auch im zweiten Satz nichts ändern. "Ich habe dann im dritten Satz etwas besser gespielt, habe meinen Groove gefunden", so Djokovic weiter. Er habe ein paar Chancen gehabt, diese aber nicht genutzt. "Und fertig war das Match."
Nadal ist bei diesen French Open nicht nur durch dieses eindrucksvolle Finale, das einem Statement gleichkam, geeilt. Er gab in seinen sieben Matches keinen Satz ab und musste überhaupt nur zweimal (gegen Jannik Sinner im Viertelfinale und gegen Diego Schwartzman im Halbfinale) in einen Tiebreak. Voll fokussiert und gänzlich unbeschwert wirkte er über die zwei Wochen. Einzig am Spielplan und dem sehr späten Beginn seines Spiels gegen Sinner hatte er etwas zu meckern gehabt. Auch mal an den kühlen Temperaturen. "Das Problem ist das Wetter. Es ist zu kalt, um Tennis zu spielen, oder?", fragte er einmal leicht aufgebracht in die virtuelle Presserunde. Mehr Missmut war nicht.
Seine eigene Leistung gegen Djokovic war ihm hinterher fast peinlich: "Ich habe zweieinhalb Sätze herausragendes Tennis gespielt. Ich kann es wirklich nicht anders sagen. Wenn man so deutlich die Sätze gegen ihn gewinnt, dann muss das eigene Spiel sehr gut gewesen sein." Er sei durchaus auch mit Zweifeln in das Match gegangen. Aber schon beim Training am Samstag und am Morgen des Finales beim Warmmachen habe er ein großes Selbstvertrauen gespürt. Ein Gefühl, dass ihn nicht mehr verlassen sollte.
Federer gratuliert Nadal
Dass Nadal nun auf einer Stufe mit Federer hinsichtlich der Anzahl der gewonnenen Grand-Slam-Titel stehe, sei zwar schön und erstrebenswert, aber er sei von diesem Wettlauf nicht "besessen". "Ich kann doch nicht unglücklich sein, nur weil mein Nachbar vielleicht ein größeres Haus hat", sagte er nach dem Finale. "Man muss sein eigenes Leben leben." Federer, der diese Tennissaison wegen einer Knieoperation frühzeitig abbrechen musste, gratulierte Nadal in den sozialen Netzwerken übrigens umgehend zu dessen 20. Grand-Slam-Titel. "Ich habe immer den allergrößten Respekt gehabt für meinen Freund Rafa als Mensch und als Champion", schrieb der 39-Jährige. Als sein größter Rivale über viele Jahre hätten sie sich beide dazu gebracht, bessere Spieler zu werden.
Dem "Winner Takes it All"-Prinzip folgend, erwähnte Federer Djokovic, der bisher 17 Major-Titel gewinnen konnte, nicht. Dabei treibt auch den Serben das Rennen um die meisten Titel an. Das sagte er einmal hier in Paris. Noch nie gab es eine solche Rivalität im Herrentennis wie zwischen Federer, Nadal und Djokovic. Und die Dominanz hört einfach nicht auf. Das Trio gewann 14 der letzten 15 Grand-Slam-Turniere. Die sogenannten Next-Gen-Spieler um Alexander Zverev, Daniil Medvedev oder Stefanos Tsitsipas, der bei den French Open im Halbfinale gegen Djokovic unterlag, kommen insbesondere bei den großen Turnieren noch immer nicht an die großen Drei heran.
Der perfekte Auftritt von Nadal im Finale der French Open, er war auch ein Signal an die Zukunft des Tennissports. Sie hat noch lange nicht begonnen.