LGBT-Hasserin Margaret Court
Die Selbstdemontage einer Tennis-Ikone
Margaret Court war die beste Tennisspielerin der Welt. Inzwischen hetzt sie als Pastorin gegen Schwule, Lesben und Transsexuelle. Und stellt die Öffentlichkeit damit vor ein Dilemma.
Margaret Court war einst die beste Tennisspielerin der Welt.
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Dreizehn Sätze brauchte es, dann kam der Australische Tennisverband auf den Punkt. Respekt habe man vor all dem, was Margaret Court in ihrer unübertroffenen Karriere erreicht habe, hieß es in der Presseerklärung vom 29. November letzten Jahres. Bis heute sind Courts 24 Grand-Slam-Titel Rekord. Genau 50 Jahre ist es zudem her, dass Court alle vier Major Turniere in einer Saison gewann. Auch das ist eine Leistung, die seitdem in der modernen Tennisgeschichte nur von Steffi Graf im Jahr 1988 wiederholt werden konnte.
Doch allein um die sportlichen Erfolge Courts geht es schon lange nicht mehr, das zeigte der zweite Teil der Mitteilung. Dort betonte der Australische Tennisverband für die Werte von Gleichheit, Diversität und Inklusion einzustehen – und diese bei den am Montag beginnenden Australian Open wieder umsetzen zu wollen. Dass die mittlerweile 77-jährige Court diesem Weltbild diametral entgegensteht, brauchte da gar nicht mehr explizit herausgestrichen zu werden.
Margaret Court bei den Australian Open 2015
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Denn Court ist über die Jahre zum Symbol einer Auseinandersetzung geworden, die nicht nur den australischen Sport, sondern auch die Kolumnistinnen und Kolumnisten der Zeitungen, TV-Diskussionen und die Politik des Landes beschäftigt: Lassen sich die vergangenen Erfolge Courts als Tennisspielerin von der öffentlichen Person im Jahr 2020 trennen?
Die Frage stellt sich auch in der Gesellschaft immer wieder, wenn in ihrer Branche bedeutsame Prominente, ob Politiker, Sportler, Schauspieler oder Musiker, nach oder sogar schon während der Karriere durch private Verfehlungen und Skandale von sich reden machen, wenn es etwa um Rassismus und Homophobie oder auch Missbrauchsvorwürfe geht.
Die Debatte um Court wurde aufs Neue angestoßen von der Ankündigung des Verbands, Courts vier Grand-Slam-Titel von 1970 bei den diesjährigen Australian Open würdigen zu wollen. Allerdings nur in Abgrenzung zur Weltsicht der mittlerweile 77-Jährigen. Ein Spagat mit Konfliktpotenzial.
Schließlich ist Court, deren Physis und Tollkühnheit sie einst zur erfolgreichsten Tennisspielerin der Welt machten, in Australien schon lange für eine andere Form von Attacke bekannt. Noch während ihrer Karriere hatte Court in den Siebzigerjahren ein religiöses Erweckungserlebnis. Beeinflusst von den Lehren des umstrittenen Theologen Frederick Price und der Wort-des-Glaubens-Bewegung, nahm Court schließlich eine immer prominentere Rolle in der lokalen Pfingstbewegung ein. Mittlerweile ist Court Pastorin ihrer eigenen Kirche und schaltet sich regelmäßig in gesellschaftliche Debatten ein. Vor allem wenn es um die Rechte der schwul-lesbischen und Transcommunity geht.
Wegen der Debatte um Margaret Court wird auch die Umbenennung der nach ihr benannten Arena in Melbourne diskutiert.
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Court tritt dabei als Scharfmacherin auf, die für sich das Recht freier Meinungsäußerung reklamiert und sich doch zeitgleich stets in der Rolle des Opfers einer liberalen Öffentlichkeit sieht. Seit Jahren wiederholt sich dabei ein Ritual: Startet der australische Tennissommer, ist auch Court stets zur Stelle. Beginnend mit Boykottaufrufen gegen die Airline Qantas im Jahr 2017, wegen deren Unterstützung der Ehe für alle, bis hin zur persönlichen Attacke gegen die australische Spielerin Casey Dellacqua, die mit ihrer Ehefrau zwei Kinder hat. Court teilt dabei mit archaischem Vokabular aus.
Auch nach der Einladung von den Australian Open im November legte Court Ende Dezember nach, als sie sich öffentlich an der vermeintlichen Gefährlichkeit von Transsexualität für Kinder abarbeitete. Court sieht hier den Teufel am Werk.
Schon im Jahr 2017 war die Debatte über Court so hochgekocht, dass sich der damalige Premierminister Malcom Turnbull äußerte. Er bezog die Seite derjenigen, die eine strikte Trennung zwischen Sportlerin und Privatperson wollen. Eine Umbenennung des drittgrößten Stadions bei den Australian Open, das Courts Namen trägt, kommt für ihn, wie für viele andere – meist konservative – Australier, nicht infrage.
Margaret Court, damals noch unter ihrem Mädchennamen Smith, beim Wimbledon-Sieg 1963
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In den nächsten Tagen könnte der Konflikt einen vorläufigen Höhepunkt erreichen. Wird es Jubel für Court geben, wenn sie zum ersten Mal seit 2017 wieder bei den Australian Open auftritt, oder werden die Buhrufe von den häufig progressiveren Tennisfans lauter sein? Turnierdirektor Craig Tiley hat schon angekündigt, die Antwort alleine den Fans überlassen zu wollen. Nur eine scheint von alldem unberührt zu sein: Margaret Court selbst. Wenn es nach ihr ginge, könnte die Debatte sicher noch lange weitergehen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die Margaret Court Arena sei das Hauptstadion der Australian Open. Tatsächlich ist die Arena nur die drittgrößte und wird vor allem in der ersten Turnierwoche genutzt. Das größte Stadion ist die Rod Laver Arena.