Jazz-Nachwuchs Raus aus den Windeln
Gewaltenteilung gilt bei den Utah Jazz als Fremdwort. Dort ist Trainer Jerry Sloan das Gesetz seit nunmehr zwanzig Jahren. Und wenn ein sensibler 19-Jähriger in einem Spiel respektable zwölf Punkte erzielt und im nächsten nur noch zwei, dann weckt diese mangelnde Konstanz den Zorn des Meisters. "Es ist mir egal, ob er 19 oder 30 ist. Wir können ihm nicht an einem Abend Windeln anziehen und am nächsten einen Tiefschutz", ließ sich Sloan im November 2006 über C.J. Miles zitieren.
Die harte Gangart des Coaches zeigte die gewünschte Wirkung: In dieser Saison wird Miles wohl endgültig auf das Suspensorium umgestiegen sein. Zehn Punkte erzielt der 21-Jährige im Schnitt und steht mittlerweile statt Star-Forward Andrei Kirilenko in der Startformation. Das Verletzungspech der Jazz (Carlos Boozer, Deron Williams, Mehmet Okur und Matt Harpring fielen länger aus) verschaffte Miles bei den Jazz eine Schlüsselrolle.
Und der 1,98-Meter-Mann enttäuschte nicht: Gegen Phoenix erzielte er 21 Punkte, 25 waren es zwei Tage später gegen Milwaukee. Mit seinem sicheren linken Händchen ist er eine ständige Bedrohung von außen (39,8 Prozent seiner Dreier finden das Ziel) und weiß auch in der Zone abzuschließen. Aber woher kommt diese Steigerung, schließlich lag sein Karriereschnitt vorher bei vier Punkten? "Mit jedem Spiel werde ich selbstbewusster", erklärt Miles. "Werfe ich heute einen Airball, dann werfe ich weiter, früher hätte ich mich versteckt."
Überhaupt denkt Miles nicht gern zurück. Dabei begann seine Basketball-Karriere vielversprechend: An der Skyline Highschool in Dallas erzielte er in seinem letzten Jahr 24 Punkte, zehn Rebounds und fünf Assists im Schnitt. Der University of Texas sagte er zu, meldete sich aber 2005 zur Draft an. Die Jazz wählten ihn mit dem 34. Pick, dann begann ein langer, harter Lernprozess.
Sloan, der Rookies prinzipiell kaum spielen lässt, stellte Miles in den ersten sieben Partien nicht ein einziges Mal auf. Während der Saison schickten ihn die Jazz zu den Albuquerque Thunderbirds in die D-League, um dem damals 18-Jährigen Parkettzeit abseits der NBA zukommen zu lassen. Trotz schwacher Statistiken hielt sich der Small Forward permanent im erweiterten Mannschaftskreis, in der Spielzeit 07/08 etablierte er sich schließlich in der Rotation. Gegen die Washington Wizards erzielte er 29 Punkte - bisher seine Karrierebestleistung.
Die Beharrlichkeit sollte sich auszahlen: Die Jazz verpflichteten Miles im vergangenen Sommer für weitere vier Jahre (und insgesamt 15 Millionen Dollar) nicht zuletzt, weil Sloan ihn haben will. Der ultimative Vertrauensbeweis. Miles rechtfertigt ihn Abend für Abend.