Havarie bei der Vendée Globe
Wie in einem Katastrophenfilm – »nur schlimmer«
Binnen Sekunden hatte sich sein Boot in die Welle gebohrt – dann brach es in zwei Teile. Nach seiner Havarie sprach Skipper Kevin Escoffier über seine Rettung durch einen Konkurrenten.
Die Jacht von Kevin Escoffier – hier noch unbeschadet nach dem Start in Les Sables d'Olonne
Foto: ALEXIS COURCOUX / imago images/PanoramiC
Weltumsegler Kevin Escoffier ist in Sicherheit. Der Franzose wurde am frühen Dienstagmorgen von seinem Vendée-Globe-Konkurrenten Jean Le Cam nach einer Havarie im Südpolarmeer gerettet und ist bei ihm an Bord der Jacht »Yes We Cam!«. Erste Videosequenzen von Bord zeigten den erleichterten Escoffier in seinem Überlebensanzug.
»Kennt Ihr diese Filme über Schiffswracks? So war das. Nur schlimmer«, berichtete Escoffier zwischen Lachen und Haareraufen in einem ersten Interview: »Binnen vier Sekunden hat sich das Boot in die Welle gebohrt und der Bug um 90 Grad nach oben gefaltet. Ich habe meinen Kopf im Cockpit runtergenommen, als eine Welle kam. Ich hatte Zeit, eine Textnachricht zu schicken. Darin stand: »Ich brauche Hilfe. Ich sinke. Das ist kein Witz.« Dann hat die Welle die Elektronik lahmgelegt. Es war total verrückt. Dann hat es das Boot zweigeteilt. Ich habe schon viel gesehen, aber das ...«
Escoffier hatte sein Boot »PRB« am Montagnachmittag um 14.46 Uhr deutscher Zeit nach schnellem Wassereinbruch aufgeben müssen. Er war 840 Seemeilen südwestlich von Kapstadt in die Rettungsinsel umgestiegen. Nach erstem Sichtkontakt zwischen Le Cam und Escoffier war die Rettungsinsel in starken Winden und bis zu fünf Meter hohen Wellen bei einbrechender Dunkelheit zunächst aber außer Sicht geraten.
Boris Herrmann, der mit seiner »Seaexplorer – Yacht Club de Monaco« und zwei weiteren Booten zur Unglücksstelle umgeleitet wurde, berichtete am Dienstag, wie die Suche nach Escoffier abgelaufen sei. Ihm sei ein Sektor zugewiesen worden, den er engmaschig absuchen sollte. Das allerdings hätte »vielleicht 15 oder 20 Stunden gedauert«, sagte er. »Man wird sich bewusst, was für eine Nadel im Heuhaufen wir hier suchen.« Zudem sei aufgrund der Kälte und des hohen Seegangs abzusehen gewesen, dass eine so lange andauernde Suche nicht durchgängig durchzuführen sein würde. »Das Glück hat dazu geführt, dass Kevin gerettet werden konnte«, sagte Herrmann.
Jenen glücklichen Moment beschrieb Retter Le Cam später so: »Plötzlich sah ich einen Blitz.« Eine Reflexion. Der 61-jährige Le Cam fuhr sofort in ihre Richtung, entdeckte dort Escoffier und warf ihm einen Rettungsring zu. Um 2:18 Uhr ging bei der Rennleitung die Nachricht ein.
Über das weitere Schicksal von Kevin Escoffier und sein Schiffswrack ist noch nichts bekannt. Klar ist nur, dass er das Solorennen nicht bis ins Ziel mit Le Cam bestreiten kann. Die Nahrung an Bord ist nur für eine Person rationiert. Ein Absetzen des Schiffbrüchigen in Kapstadt wäre eine Möglichkeit.
Der Zwischenfall zeigt einmal mehr, welchen Gefahren die Skipper ausgesetzt sein können. Es hat in der Geschichte der Vendée Globe schon Todesfälle gegeben. Le Cam, der Retter, weiß selbst, wie eng es bei dem Hochseerennen werden kann. Während der Vendée Globe 2008/2009 war er derjenige, der aus dem Wasser gezogen musste. Sein Boot war nahe dem Kap Hoorn gekentert.