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OLYMPIABÜCHER Vergoldete Siege

Erstmals bewirkten auch Olympische Winterspiele einen Bücherboom -- vor allem dank Rosi Mittermaier.
aus DER SPIEGEL 19/1976

Das Rennen begann mit dem Olympia-Finale. Zwei Tage später war der erste am Ziel.

Acht Verlage vermarkteten nach der Innsbrucker Winter-Olympia-Messe Kämpfe und Kniffe, Siege und Stürze. Eine Papierlawine von fast 1,5 Millionen Bilderbüchern wälzte sich vor allem auf »Spontanankäufer und das O-wie-schön-Publikum« zu

Am Dienstag nach den Winterspielen in Innsbruck lagen »All die Siege« aus dem Hause Burda (88 Seiten, 10 Mark) aus, knapp vor dem ausgewogensten Erzeugnis der nacholympischen Winterwelle von Hoffmann und Campe ("Das Goldene Olympiabuch«; 192 Seiten; 34 Mark) und dem billigsten Renner, »Die besten Fotos der Olympischen Winterspiele in Innsbruck« von Sven Simon (Heyne-Verlag, 3,80 Mark).

Bisher hatten in Olympiajahren die Winterspiele gewöhnlich den Anhang für Bücher über die Sommerspiele abgegeben. Doch mehr als zwei Millionen Erinnerungsbücher an das Olympia 1972 und die Fußball-WM 1974, aber auch der in dieser Saison stabilisierte Wintersportmarkt ermutigten einige Verleger zum Frühstart.

Zudem erschlossen sie am Buchhandel vorbei immer neue Vertriebswege. Denn Sportfans zählen nicht zu den typischen Buchhandels-Kunden und Buchhändler selten zu den Sportanhängern. Der Berner Pamir-Verlag vertreibt »Oly. Innsbruck '76« (208 Seiten; 19,80 Mark) über die 60 000 Bahnhofs- und Zeitungskioske. Vor zwei Jahren hatte er 400 000 Beckenbauer-WM-Bücher an Eduscho- Läden abgesetzt.

Das untersagte ei ne Gerichtsentscheidung für die Bundesrepublik. Eduscho-Österreich dagegen verschaffte sich eine Lizenz, stellte einen Buchhändler ein und verkaufte das Winterwerk für 99 Schilling (13,85 Mark).

Die Sigloch Service-Edition setzte Medaillenwerk ("Karl Schranz' Olympische Winterspiele '76 in Innsbruck«; 240 Seiten; 33 Mark) vor allem über Großabnehmer in der Wirtschaft ab. Dem Wiener Molden Verlag, dessen »Olympische Winterspiele Innsbruck '76« (216 Seiten, 38 Mark) als offizielle Dokumentation des Österreichischen Olympia-Komitees gelten, nahmen die einheimischen Skifabriken einen Teil der 140 000-Stück-Auflage ab. Buchgemeinschaften und Kaufhäuser gehören längst zu den Großkunden.

Ihren kostspieligeren Bänden koppelten die Verleger verkaufsfördernde Stars als Lokomotiven vor. Pamir engagierte die frühere österreichische Abfahrts-Weltmeisterin Annemarie Moser-Pröll, Sigloch ließ den Weltmeister Karl Schranz 250 000 Bände signieren. Molden lieh sich für seine deutsche Ausgabe von Bertelsmann ZDF-Sportchef Hanns Joachim Friedrichs aus. Im Sommer übernimmt Molden dafür das Bertelsmann-Olympiabuch. Hoffmann und Campe bot frühere und gegenwärtige Medaillen-Empfänger im Halbdutzend auf -- von Toni Sailer bis Toller Granston.

Der Frankfurter Sportfachverlag Limpert dagegen verzichtet auf ZDF -- Sportstudio-Moderator Dieter Kürten und beauftragte statt dessen die FAZ-Sportredaktion: »Olympia 1976 Innsbruck« (144 Seiten, 19,80 Mark) enthält zusätzlich einen historischen Teil »Vom Winterspaß zum Wintersport«.

Trotz Prominenz und ausgewählter Redaktion hing der Verkaufserfolg letztlich von einigen hundertstel Sekunden der richtigen Sieger ab. Als Rosi Mittermaier ihre zweite Goldmedaille geerntet hatte, »haben wir ganz stolz erhöht«, freute sich Pamir-Chefredakteur Joe Viellvoye. Fast alle zogen nach.

Der Münchner Copress-Verlag hat noch im März ein Mittermaier-Buch herausgebracht. Molden verzichtete auf das einheitliche Franz-Klammer-Titelbild. Es erschien nur noch in Österreich; den Deutschen kommt Rosi entgegen, den Schweizern ihr Olympiasieger Heini Hemmi.

Doch alle Bestseller-Auflagen für Olympia- und Fußball-WM-Bücher halfen der Sportbranche noch immer nicht aus ihrem Kümmerdasein: Insgesamt machen Sportbuchtitel unter den bundesdeutschen Neuerscheinungen nur 0,9 Prozent aus. Nicht einmal das Winterolympia-Geschäft florierte wie erhofft. Ein Drittel der Auflage blieb unverkauft.

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