Zum Karriereende von Arnd Peiffer Er hat's ja gleich gesagt

Arnd Peiffer war über 13 Jahre einer der erfolgreichsten deutschen Biathleten. Nun beendet er noch vor Olympia 2022 seine Karriere. Der Zeitpunkt kommt nicht zufällig – er ist sich damit treu geblieben.
Arnd Peiffer, in Antholz im Januar 2021

Arnd Peiffer, in Antholz im Januar 2021

Foto:

GEPA pictures/ Jasmin Walter / imago images/GEPA pictures

Irgendwann werde er es einfach tun, sagte Arnd Peiffer. Einfach Schluss machen, von jetzt auf gleich, und nicht mit langem Anlauf wie Ex-Kollegin Andrea Henkel, die man dann den ganzen Winter damit aufgezogen hatte. Das wollte der Olympiasieger nicht für sich. Wie Henkel hatte Peiffer eher zu den Ruhigen im deutschen Biathlonteam gehört, die in der Öffentlichkeit kein großes Aufsehen um ihre Person machten. Und nun war der Moment wohl gekommen.

Ohne Abschiedsrennen, ohne Bohei, ja selbst noch vor dem Saisonfinale in Östersund an diesem Wochenende hat Peiffer seine Karriere beendet. Er brauchte dieses große Finale wohl nicht für sich. Es sei der ideale Zeitpunkt, schrieb er in seinen paar Zeilen auf Facebook. Ohne Drama, fast so sachlich, wie man es seit jeher von ihm kannte. Es sei »keine leichte Entscheidung« gewesen, die sich aber »schon länger herauskristallisiert« habe. Der Sport habe ihn geprägt und er wollte »die Erfahrungen, die ich sammeln durfte, nicht missen.«

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Facebook, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Arnd Peiffer, der am Donnerstag 34 Jahre alt wird, hat nun 13 Winter im Biathlon hinter sich. Die meiste Zeit seit seinem Weltcupdebüt 2009 in Oberhof gehörte er zu den Weltbesten. Fünfmal wurde er Weltmeister und gewann vier olympische Medaillen. Der letzte Saisonsieg liegt kaum drei Monate zurück. Bei der WM im Februar gewann er mit Silber die einzige deutsche Einzelmedaille. Es war seine 17. insgesamt. Nicht umsonst nannten seine Teamkollegen ihn »Maschine«. »Es ist wunderbar, mit dem Gefühl aufzuhören, noch konkurrenzfähig zu sein«, schrieb Peiffer nun. Das war ihm das Wichtigste.

Als schönste Anekdote seiner Zeit wird wohl die seines größten Erfolgs bleiben: der Olympiasieg im Sprint von Pyeongchang 2018. Das Gold stand am Ende eines Pechtages. Am Morgen hatte er den Schlüssel zum Waffenschrank vergessen, dann stürzte er die Treppe runter, später brach auch noch der Schlagbolzen an der Waffe. Peiffer blieb im Chaos ruhig, wie es eben so seine Art ist. Er setzte sich im Rennen fehlerlos gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz aus Norwegen und Frankreich durch. Es waren seine dritten Spiele nach Vancouver und Sotschi.

Peiffers größter Erfolg: Der Olympiasieg 2018 in Pyeongchang

Peiffers größter Erfolg: Der Olympiasieg 2018 in Pyeongchang

Foto: Laci Perenyi / imago images

Er hätte sicher auch noch die vierten haben können. Doch das schien ihm kein Reiz mehr zu sein. Der Rücktritt vom Leistungssport kaum ein Jahr vor den Olympischen Winterspielen in Peking 2022 wirkt nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Peiffer hatte zu den Spielen schon lange ein schwieriges Verhältnis. Sie waren für ihn mit großen Erfolgen verbunden, ja. Aber auch mit bitteren Enttäuschungen auf und neben der Loipe, als Athlet und als Mensch.

Olympia wäre nichts, was ihn motivieren würde, ein Jahr länger zu machen, obwohl er eigentlich nicht mehr wollte. Peiffer sagte das erst vor ein paar Wochen im NDR-Interview . »Dass es immer größer werden muss, dass auf die Natur keine Rücksicht genommen wird, dass viel Natur zerstört wurde für Sportstätten, die dann später gar nicht mehr genutzt wurden. Das sind für mich schon Themen, die den Mythos Olympia beschädigt haben«, sagte Peiffer. Events seien nichts mehr, was ihn antreibe – nur, ob er von Körper und Geist noch bereit sei.

In Hochfilzen 2020 gewann Peiffer sein letztes Rennen

In Hochfilzen 2020 gewann Peiffer sein letztes Rennen

Foto: Matthias Schrader / dpa

Man könnte den Zeitpunkt des Rücktritts wohl damit auch als einen letzten Denkanstoß verstehen. In seiner Aktivenzeit hatte Peiffer immer wieder solche gegeben. Ob Umweltsünden und gesellschaftlicher Zusammenhalt, Beleidigungen im Netz oder die AfD, die er einmal als »Demagogen und Volksverführer«  bezeichnete. Peiffer setzt sich mit vielen Themen auseinander und tat dies oft auch öffentlich, mehr noch schien es, seit er 2018 erstmals Vater einer Tochter wurde.

Auch auf Missstände im eigenen Sport wies der Niedersachse immer wieder hin. Wenn es um Dopingpraktiken ging, konnte der sonst ruhige, reflektierte Peiffer bisweilen schon emotional werden. Sportler, die mit Epo erwischt werden, hätten »aus meiner Sicht ihr Recht auf internationale Wettbewerbe verwirkt«, sagte er einmal. »Da kann keiner sagen, das ist mir ins Müsli gefallen.« Er dachte laut über den Boykott russischer Weltcups nach und ließ auch am Weltverband nach dessen Korruptionsskandal und Dopingvertuschung kein gutes Haar. Peiffer hatte zu vielem eine klare Haltung und brachte diese eloquent rüber. Nicht nur deshalb wird er im Biathlon fehlen.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Peiffer ist nach Simon Schempp schon der zweite Routinier, der im kommenden Winter nicht mehr dabei sein wird. Den Deutschen Skiverband (DSV) stellt das vor Probleme. Peiffer war der letzte aktive Einzel-Olympiasieger im deutschen Team und der einzige, auf dessen Ergebnisse meist Verlass war. In diesem Winter gingen die einzige deutsche Einzel-WM-Medaille und fünf von sechs Podiumsplätzen im Weltcup der Männer auf sein Konto – der sechste gehörte seinem Freund und Zimmerkollegen Erik Lesser. Der ist aber auch schon 32 und hatte zuletzt manche Schwankungen.

Wer die Lücke im Team füllen soll, füllen kann, ist derzeit unklar. Der deutsche Biathlonsport hat wie viele Wintersport-Disziplinen ein Nachwuchsproblem. Nach den Fabelspielen von Pyeongchang mit sieben Medaillen droht den Deutschen in ihrem wohl liebsten Wintersport in Peking nächstes Jahr eine glanzlose Zeit.

Von wo und aus welchem Job heraus Peiffer dann zusieht, ist noch unklar. Bei der Bundespolizei bekommt er zunächst Zeit zum Abtrainieren. Die will er zur Orientierung nutzen. Im DSV hätten sie am liebsten, dass der Vorzeigesportler irgendwie erhalten bleibt. Peiffer selbst hielt sich seine Zukunft erst mal offen.

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren