Europäischer Gerichtshof Pechstein scheitert mit Klage gegen den Cas

Claudia Pechsteins Zug durch die Instanzen führte sie zuletzt vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Eisschnellläuferin warf dem Sportgericht Cas fehlende Unabhängigkeit vor - und scheiterte.
Claudia Pechstein

Claudia Pechstein

Foto: Hendrik Schmidt/ dpa

Eisschnellläuferin Claudia Pechstein ist mit einer Beschwerde gegen den Internationalen Sportgerichtshof Cas wegen dessen angeblich fehlender Unabhängigkeit gescheitert. In einem Urteil attestierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dem Cas keinen Mangel an Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit (Beschwerdenummer 67474/10). Dennoch stehen Pechstein laut den Straßburger Richtern 8000 Euro Entschädigung zu, weil der Cas ihr keine öffentliche Anhörung gewährt habe. Dadurch sei ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden.

Straßburg war eine weitere Station auf Pechsteins bald ein Jahrzehnt währendem Weg durch die juristischen Instanzen. Die fünfmalige Olympiasiegerin hatte sich 2009 vor dem Cas in Lausanne gegen eine zweijährige Sperre wegen auffälliger Blutwerte gewehrt. Das Sportgericht bestätigte die Sperre jedoch.

Pechstein behauptet, nie gedopt zu haben, Experten bescheinigen ihr eine geerbte Blutanomalie als Grund für ihre schwankenden Blutwerte. Für den Weltverband Isu ist sie dagegen bis heute eine Doperin, und bis heute kämpft Pechstein dagegen an, fordert Schadensersatz für erlittenes Unrecht. Beim Bundesverfassungsgericht ist seit zwei Jahren eine Klage anhängig, auch in Karlsruhe wollte man erst einmal schauen, was sich aus dem Straßburger Fall ergibt.

Worauf fußte die Kritik am Cas?

Pechstein sah ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Sie begründete ihren Vorwurf unter anderem mit der Art und Weise, wie die Richter des Cas ernannt werden. Außerdem sei ihr entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch keine öffentliche Anhörung gewährt worden. Hier gaben ihr die Richter recht. Kritik am Internationalen Sportgerichtshof gibt es immer wieder. Einer der Hauptvorwürfe lautet, es handele sich nicht um ein unabhängiges Schiedsgericht, weil die Institution durch Sportverbände finanziert werde. Mitte September war das Thema erneut hochgekocht. Ein belgisches Gericht hatte entschieden, dass die gesetzliche Verpflichtung, Streitigkeiten zwischen Spielern, Vereinen und Verbänden vor dem Cas zu regeln, rechtswidrig sei. Ausgangspunkt war eine Klage des Fußball-Klubs FC Seraing.

Warum ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zuständig?

Der EGMR mit Sitz in Straßburg beschäftigt sich mit Grundrechtsverletzungen jeglicher Art: etwa Misshandlungen im Gefängnis, Freiheitsentzug oder Enteignungen. Hier können Bürger Beschwerde gegen den Staat einreichen, dem sie einen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention vorwerfen. Besonders häufig geht es vor dem Straßburger Gericht - wie im Fall Pechstein - um das Recht auf ein faires Verfahren. Pechstein beschwert sich formal gegen die Schweiz, wo der Cas sitzt. Der EGMR gehört zum Europarat, einer Staatenorganisation mit 47 Mitgliedstaaten, darunter Nicht-EU-Länder wie Russland, die Ukraine und die Türkei. Mit der EU hat das Gericht nichts zu tun.

Gab es schon EGMR-Urteile in sportpolitischen Fragen?

Ja. Im Januar etwa stärkte der EGMR das bestehende Doping-Kontrollsystem. Doping-Fahnder dürfen nach Ansicht der Richter Profisportler verpflichten, Monate im Voraus Angaben zu ihren Aufenthaltsorten zu machen. Das sogenannte Whereabout-System verstoße nicht gegen ihr Recht auf Achtung des Privatlebens.

sak/dpa
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