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Doping Das IOC hat ein Flaschen-Problem

Flaschen mit Urinproben, die sich problemlos öffnen und manipulieren lassen - das IOC hat den nächsten Ärger in Sachen Doping am Hals. Auf die neuen Enthüllungen der ARD reagiert das Olympische Komitee "besorgt".

Das Internationale Olympische Komitee hat sich "sehr besorgt" über die Probleme mit den neuen Urinprobenflaschen gezeigt. "Wir haben sofort die Wada gebeten, dafür zu sorgen, dass die Anti-Doping-Tests in Pyeongchang glaubwürdig und zuverlässig durchgeführt werden können", sagte ein IOC-Sprecher. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada habe mitgeteilt, dass sie Kontakt zum Flaschenhersteller Berlinger hat. "Wir haben volles Vertrauen in die Wada, dass eine Lösung für dieses Problem gefunden wird", hieß es.

Aus der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping" war am Montag hervorgegangen, dass die Flaschen offenbar problemlos geöffnet und wieder geschlossen werden können - Manipulationen wären damit jederzeit möglich. Auch das Kölner Anti-Doping-Labor hatte die Wada auf diese Schwächen bereits aufmerksam gemacht.

Vor der Eröffnung der Winterspiele am 9. Februar in Südkorea sorgen die Probleme mit den Flaschen für Verunsicherung. Die Wada war am 19. Januar vom Kölner Analyselabor informiert worden, dass die Flaschen beim Einfrieren einer Probe manuell geöffnet werden könnten. Die Behälter waren nach dem Doping-Skandal in Russland neu gestaltet worden. Bei einer Doping-Kontrolle werden zwei Flaschen für eine A- und B-Probe genutzt. Die B-Probe wird eingefroren und nur genutzt, wenn ein Athlet die Analyse der A-Probe anzweifelt.

Doping-Experte glaubt dennoch an sichere Proben

Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, so gilt als erwiesen, waren Doping-Proben russischer Athleten mithilfe des Inlandsgeheimdienstes FSB geöffnet und der Inhalt gegen sauberen Urin ausgetauscht worden. Als Konsequenz aus den Doping-Manipulationen ist das russische Nationale Olympische Komitee von den Pyeongchang-Spielen suspendiert worden. Das IOC gewährt jedoch 169 individuell geprüften russischen Sportlern das Startrecht unter neutraler Flagge und als "Olympische Athleten aus Russland".

Der Leiter des Kölner Labors, Mario Thevis, geht davon aus, dass die Dopingtests bei Olympia trotz der Probleme mit den Flaschen verlässlich sein können. "Es gibt Möglichkeiten, die Integrität von Urinproben zu sichern. Das würde bedeuten, dass wir auch für Pyeongchang die Möglichkeit sehen, dass ordentliche Dopingkontrollen durchgeführt werden können", sagte Thevis im ZDF-"Morgenmagazin". "Es gibt Notfallpläne", sagte Thevis im Hinblick auf die Dopingproben. Für diese Pläne sei es aber "zu früh".

Die Sicherheitsprobleme bei den Dopingtestflaschen für haben nach Meinung des Sportsrechtsexperten Michael Lehner gravierende juristische Auswirkungen. Es komme bei den Dopingverfahren zu einer Umkehr der Beweislast, sagte Lehner dem Sportinformationsdienst.

"Die Beweislast trifft nun nicht mehr den Athleten, sondern voll den Verband", sagte der Experte. Dank der Recherchen der ARD sei deutlich geworden, dass bei Kontrollverfahren der Manipulation Tür und Tor geöffnet seien. "Ich war geschockt, wie leicht die Behälter zu öffnen sind. Deshalb habe ich auch gesagt: Das Dopingkontrollsystem ist am Ende."

Bislang muss der Athlet nach dem Prinzip der "strict liability" seine Unschuld im Falle eines positiven Dopingtests beweisen. "Das kann so nicht bleiben. Die Fehler wurden offenkundig festgestellt. Der Verband muss nun beweisen, dass die Flaschen nicht beeinträchtigt wurden", so Lehner.

aha/dpa
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