Erste Goldmedaille bei der Nordischen Ski-WM Sprung zurück an die Weltspitze

Karl Geiger (v.l.), Anna Rupprecht, Markus Eisenbichler und Katharina Althaus gewinnen Gold für Deutschland
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Andreas Bauer konnte es nicht fassen. Als die vier deutschen Athletinnen und Athleten auch im zweiten Durchgang des Mixed-Teamwettbewerbs Sprung für Sprung konstant und weit nach unten brachten, fasste sich der Skisprung-Bundestrainer der Frauen in das Corona-bedingt etwas länger gewordene Haar und schüttelte den Kopf. Gold für den Deutschen Skiverband, der erste Titel bei der Heim-Weltmeisterschaft – und dann noch ein so überraschender.
Das deutsche Team gehörte nicht zu den Favoriten. Sicher, Karl Geiger hatte am Vortag im Einzel von der Normalschanze Silber gewonnen. Markus Eisenbichler gehört als Zweiter des Gesamtweltcups zur Weltspitze. Katharina Althaus ist zwar erst 24 Jahre alt, hat aber schon zahlreiche Medaillen bei Großereignissen gewonnen. Anna Rupprecht springt die stärkste Saison ihrer Karriere. Und doch war die Ausgangslage nach den bisherigen Eindrücken dieser WM so, dass es mit einem guten Wettkampf vielleicht für Bronze reichen könnte.
Bauers dritte Heim-Weltmeisterschaft
Für Bauer ist es eine besondere WM. Er ist in Oberstdorf geboren, betreibt in der Marktgemeinde ein Landhaus mit Ferienwohnungen und kann zu Fuß zur Schattenbergschanze laufen. Bauer war 1987 bei der ersten WM in Oberstdorf als aktiver Springer dabei, 2005 bei der zweiten Auflage war er Sprungtrainer der Nordischen Kombinierer. Nun also die dritte Weltmeisterschaft in Bauers Heimat und der 57 Jahre alte Trainerroutinier konnte seine Ambitionen im Vorfeld nicht bremsen.
»Für mich als Trainer steht immer im Vordergrund, bei Großereignissen um die Medaillen mitzuspringen«, hatte Bauer dem SPIEGEL wenige Tage vor WM-Start erzählt. Namentlich hatte er Althaus und Carina Vogt – die WM-Spezialistin – als mögliche Medaillenkandidatinnen ins Spiel gebracht. Es kam anders.

Andreas Bauer
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Althaus – sie kommt wie Bauer und auch Geiger ebenfalls aus Oberstdorf – sprang als beste Deutsche im Einzel auf den zehnten Platz. Vogt stürzte gar auf Rang 30 ab und musste im Teamspringen weichen. Dort reichte es für Althaus, Rupprecht, Juliane Seyfarth und Luisa Görlich aber auch nur zum fünften Platz. Die erfolgsverwöhnten deutschen Skispringerinnen schienen ein gewaltiges Stück von der Weltspitze entfernt.
Umso erstaunlicher war die Tatsache, dass Althaus mit ihrem ersten Sprung auf 104 Meter, dem zweitweitesten im ersten Durchgang, sofort die Richtung vorgeben konnte. Es war die Initialzündung, die weder Bauer noch Stefan Horngacher, der Bundestrainer der Männer, erwartet hatten. »Ich bin extrem dankbar für die Leistungen der Mädels«, sagte Eisenbichler.
Die starke Konkurrenz leistet sich zu viele Fehler
Die deutsche Außenseiterrolle lag aber nicht nur an den Springerinnen. Da war zunächst Geigers Formtief, das er erst in der Woche vor der WM abstreifen konnte. Eisenbichler wiederum war in Oberstdorf sowohl im Training als auch im ersten Wettkampf das Timing abhandengekommen, er sprang regelmäßig zu spät ab und verschenkte so entscheidende Meter. In erster Linie lag der Pessimismus aber an der starken Konkurrenz.
Norwegen stellte mit Maren Lundby, Silje Opseth, Robert Johansson und Halvor Granerud das ausgeglichenste Team. Slowenien trat mit Weltmeisterin Ema Klinec und Bronzegewinner Anze Lanisek sehr selbstbewusst an. Und Österreich hat mit Marita Kramer die derzeit beste Springerin in ihren Reihen. Doch auch bei den Gegnerinnen lief es anders als erwartet – was bei einer so von äußeren Bedingungen abhängigen Sportart immer wieder passieren kann.
Norwegen landete mit 5,2 Punkten Rückstand auf dem Silberrang, weil Granerud und Johansson jeweils einen schwachen Sprung zeigten. Bei den Österreichern auf Platz drei patzten mit Stefan Kraft und Michael Hayböck ebenfalls die beiden Männer. Und im slowenischen Team verspielte Weltmeisterin Klinec mit einem Sprung auf 90,5 Meter früh alle Medaillenchancen.
Folglich gewann das deutsche Mixed-Team zum vierten Mal in Folge WM-Gold. So ist Skispringen.