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Laura Dahlmeier: Mit 25 Jahren alles erreicht

Foto: Kay Nietfeld/ DPA

Der Rücktritt von Laura Dahlmeier Die Berge rufen

"Ich mache Biathlon nicht, weil ich berühmt werden will", hat Laura Dahlmeier mal gesagt. Wurde sie aber - weil sie gewann und gewann, in Bestform fast unschlagbar war. Ihr Rücktritt ist bitter für den DSV, für die Sportlerin ist er eine Erleichterung.

Wer zuletzt etwas genauer hingehört hatte bei Laura Dahlmeier, der hatte sie deutlich vernehmen können, die Zweifel, die Unsicherheit, die Frage, ob sich das alles noch lohnt, all die Quälerei im Training. Dass Laura Dahlmeiers Biathlon-Karriere nicht mehr ewig währen würde, das war absehbar. Dass sie jetzt schon mit sofortiger Wirkung und im Alter von 25 damit Schluss macht, kam allerdings doch überraschend.

"Wenn ich weiter Spaß an dem Sport habe, dann habe ich weiter Lust, voll vorne anzugreifen. Wenn es nicht so ist, dann ist es eben nicht so", hatte sie sich beim Weltcup-Finale in Oslo verabschiedet. Und ihr Heimtrainer Bernhard Kröll hatte es schon als "Bauchgefühl, dass Laura bei Olympia 2022 in Peking nicht mehr am Start ist". Das Karriereende mit 25 - so hatte es auch ihre Vorgängerin Magdalena Neuner 2012 bereits gemacht, auch sie war noch im besten Sportlerinnenalter. Aber auch schon immer drängender belastet von Motivationsproblemen, davon, "dass es mir nicht darum ging, noch fünf weitere Weltmeistertitel zu holen", wie Neuner jetzt noch im "Münchner Merkur" sagte. Dahlmeier tut es ihr nach.

In den letzten zwei Wintern bereits hatte sie gekämpft, kämpfen müssen, neben der Konkurrenz war ihr dabei ein weiterer mächtiger Gegner erwachsen: der eigene Körper. Immer wieder war sie ausgefallen, von Krankheiten zurückgeworfen, mit Verletzungen geschlagen. Zahlreiche Rennen hatte sie absagen müssen, die zwei Olympiasiege von Pyeongchang im Februar der Vorsaison waren Kraftakte, nach dem zweiten Goldrennen war sie fast kollabiert.

Dahlmeier-Festspiele bei WM 2017

Noch 2017 war sie fast leichtfüßig durch die Loipen gekommen, die Weltmeisterschaft in Hochfilzen waren einzige Dahlmeier-Festspiele: Fünfmal stand sie auf dem WM-Podest ganz oben, bei insgesamt 13 WM-Auftritten am Stück gewann sie eine Medaille. 2017 war Laura Dahlmeier fast unschlagbar. Aber sie hatte auch ihre körperlichen Grenzen erreicht. Bei der WM hatte sie bereits mit Schwächeanfällen zu kämpfen.

Grenzen überschreiten - das ist eigentlich die Welt der Laura Dahlmeier. Sie klettert auf die Berge überall auf der Welt, es kann ihr dann nicht anstrengend und hoch genug sein. Der Deutsche Skiverband hat ihre Freizeitaktivitäten nicht unbedingt mit großer Begeisterung beobachtet, beim Bergsteigen hatte sie 2014 die Bänder gerissen, beim Mountainbikefahren war sie 2017 einmal gestürzt und deshalb verletzt ausgefallen. Aber Dahlmeier hatte sich zurückgekämpft. Wie so oft.

"Heute bin ich an dem Punkt, an dem ich nicht weiß, was genau ich mir für ein Ziel vornehmen sollte, geschweige denn, ob es mir überhaupt wieder gelingen könnte", hat sie auf ihrer Facebookseite mitgeteilt. Es fehle ihr an Zielen, "die einem alles bedeuten und für die man alles in die Waagschale werfen würde". Dahlmeier ist siebenfache Weltmeisterin, Doppel-Olympiasiegerin, Weltcupgewinnerin, sie hat durch lukrative Werbeverträge auch gut Geld verdient - sie hat viel, fast alles gewonnen, aber der ganz große Spaß, der war ihr zuletzt abhanden gekommen.

Ende mit der Schinderei

Für den Deutschen Skiverband ist der Rücktritt der Vorzeigeathletin ein harter Schlag. Der DSV hat mit Franziska Preuß, Denise Herrmann, Franziska Hildebrand, Maren Hammerschmidt und Vanessa Hinz starke Biathletinnen im Kader, aber den Willen, den Perfektionismus, die Aura der Laura Dahlmeier haben sie nicht. Und es ist fraglich, ob sie das je erreichen werden.

Für Dahlmeier ist die Schinderei, die verplante Zeit rund ums Jahr damit vorbei. Sie hat in ihrer Erklärung zum Rücktritt keinen Hehl daraus gemacht, wie erleichtert sie darüber ist. Biathlon ist ein fordernder Sport, die Konzentration am Schießstand, das Auspowern in der Loipe, diese so unterschiedlichen Fähigkeiten, man muss körperlich alles geben und gleichzeitig psychisch extrem stabil sein. Jahr für Jahr, Winter für Winter, Antholz, Ruhpolding, Oberhof, Oslo. Irgendein Großereignis ist immer, Weltmeisterschaften, dann wieder die Olympischen Winterspiele, die Saison reicht bis ins Frühjahr, im Sommer beginnt die Vorbereitung auf die nächste Saison.

Dazu kommt die ständige Öffentlichkeit, Biathlon ist der TV-Wintersport in Deutschland schlechthin. Auch dafür war Dahlmeier eigentlich nicht gebacken, das konnte der Mediendarling Neuner erheblich besser. Neuner machte die Homestories, Dahlmeier war lieber allein auf einer Bergspitze. "Ich mache Biathlon nicht, weil ich berühmt werden will", hat Laura Dahlmeier gesagt. Das Ziel gehört zu den wenigen, die sie verfehlt hat.

"Ich bin, wie ich bin. Das Wichtigste ist, dass ich das nach wie vor sein kann." Ab sofort kann Laura Dahlmeier wieder nur Laura Dahlmeier sein.

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