Lundbys erstes WM-Gold von Großschanze
Viele weite Sprünge, ein großer Schritt
Die WM-Premiere der Frauen auf der Großschanze war hochklassig. Weltmeisterin Maren Lundby siegte im Kampf der Generationen. Für die Österreicherin Sara Marita Kramer war es ein bitterer Abend.
Es war eine unwürdige Siegerehrung angesichts der historischen Tragweite des Erfolgs von Skispringerin Maren Lundby. Aber so ist das nun mal in Zeiten der Corona-Pandemie. DOSB-Präsident Alfons Hörmann überreichte die Medaillen vor geschätzten 100 Leuten – Athleten, Trainer, Betreuer und Fotografen. Die Norwegerin Lundby hatte wenige Minuten zuvor den ersten Wettbewerb von der Großschanze bei einer Nordischen Ski-WM gewonnen. Männer springen seit 1924 bei Weltmeisterschaften von den großen Schanzen dieser Welt.
Die WM-Premiere zeigte ein großes Leistungsgefälle, an der Spitze aber gleichzeitig auch exzellenten Sport. Nicht weniger als 14 Sprünge gingen über 125 Meter, im zweiten Durchgang verpassten Silje Opseth (Norwegen) und Ema Klinec aus Slowenien nur knapp die 140-Meter-Marke.
Maren Lundby
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Karl-Josef Hildenbrand / dpa
»Es war ein hochkarätiger Wettbewerb mit vielen weiten Sprüngen«, sagte der deutsche Bundestrainer Andreas Bauer. »Es war eine Werbung für unsere Sportart.« Bauer hätte der deutschen Erfolgsgeschichte im Skispringen der Frauen gern ein weiteres Kapitel hinzugefügt, doch seine beste Athletin erwischte nicht ihren besten Tag. Katharina Althaus sprang 113,5 und 121 Meter weit und landete auf dem zwölften Platz. Enttäuscht wirkte die Oberstdorferin aber nicht: »Das war ein wichtiger Wettkampf und ein großer Schritt für uns.«
Lundby wird statt Granerud zum WM-Star
Für Lundby war es die vierte Medaille bei dieser WM nach Silber von der Normalschanze und im Mixed-Team sowie Bronze im Teamspringen. Sie übernimmt damit die Rolle, die von norwegischer Seite für ihren männlichen Kollegen Halvor Granerud angedacht war: Skisprung-Superstar. Dabei hätte Granerud fast dafür gesorgt, dass Lundby zu ihrem letzten Wettbewerb gar nicht hätte antreten dürfen.
Am Vormittag war der positive Corona-Befund von Granerud bekannt geworden. Zunächst war unklar, was das für das norwegische Team bedeuten könnte. »Das war ein Auf und Ab«, sagte Lundby nach ihrem Sieg. »Wir waren nicht sicher, ob wir starten dürfen. Deshalb hatte ich eine ganz andere Vorbereitung.« Die zuständige Gesundheitsbehörde stufte die Teamkolleginnen nicht als enge Kontaktperson ein und so durfte Lundby nach einem weiteren negativen Testergebnis starten.
Unbeeindruckt von Graneruds Pech zeigte Lundby ihr ganzes Können, ihre gesamte Routine. Seit Jahren gehört die 27-Jährige zur Weltspitze. Lundby hat 30 Weltcupspringen gewonnen, krönte sich 2018 zur Olympiasiegerin in Pyeongchang und wurde vor zwei Jahren in Falun Weltmeisterin von der Normalschanze. In dieser Saison hatte sie bis zur WM jedoch erst einmal auf dem Podium gestanden. »Ich habe noch gar nicht realisiert, dass ich die erste Großschanzensiegerin bin«, sagte Lundby.
Routine schlägt Jugend
Im Wettbewerb hatte sie gemeinsam mit Silbermedaillengewinnerin Sara Takanashi den Kampf der Generationen für sich entschieden. In dieser Saison haben sich viele junge Athletinnen in den Vordergrund gesprungen und die gesamte Sportart auf ein besseres Niveau gehoben. Dazu gehören die Sloweninnen Klinec, 22, und Nika Kriznar, 20, aus Norwegen die 21-jährige Opseth oder Thea Minyan Bjørseth, 17, und vor allem Sara Marita Kramer aus Österreich.
Bauer blickt ein wenig neidisch auf die anderen Nationen: »Diese jungen Sportlerinnen haben eine sehr gute Absprungqualität«, hatte er dem SPIEGEL vor der WM gesagt. »Sie springen symmetrisch und stellen die Ski sehr plan. Die sind gut ausgebildet und für ihr junges Alter schon sehr weit.« Zum WM-Titel reichte es noch nicht, weil Lundby rechtzeitig in Topform war. Takanashi, mit 60 Weltcupsiegen die erfolgreichste Springerin der Geschichte, verpasste zum wiederholten Male ihr erstes WM-Gold.
Noch tragischer lief das Springen für die Österreicherin Kramer. Die 19-Jährige hatte von der Normalschanze wegen einer umstrittenen Anlaufverkürzung eine Medaille verpasst, nun erwischte Kramer im zweiten Durchgang von der Spitzengruppe die schlechtesten Windverhältnisse und landete erneut auf dem vierten Platz. »Möglicherweise hatte ich zu wenig Nerven«, sagte Kramer im ORF. Da die Großschanze nun aber fest zum WM-Programm gehört, wird die junge Generation in den kommenden Jahren noch einige Chancen bekommen.