Biathlon-Wettbewerbe bei Olympia "Schön war das nicht"

Martin Fourcade
Foto: JONATHAN NACKSTRAND/ AFPAm Ende gab es noch einmal eine Medaille: Bronze in der Männerstaffel. Es war die siebte Biathlonmedaille für den Deutschen Skiverband (DSV). Pyeongchang war ein erfolgreiches Revier, wenn auch im letzten Rennen nicht alles perfekt lief und Benedikt Doll und Simon Schempp am Schießstand die Nerven flatterten. Erik Lesser und Arnd Peiffer liefen und schossen dagegen sehr solide.
Mit drei Goldmedaillen, mit den Olympiasiegern Laura Dahlmeier und Arnd Peiffer, kann sich die Bilanz von Südkorea blicken lassen. Allerdings: Bei dieser Vielzahl von Wettbewerben keine Medaillen zu erringen, wäre für einen so gut ausgestatteten Verband wie den DSV auch fast peinlich gewesen.
Im Alpensia Park von Pyeongchang ging es in 14 Tagen elf Mal in die Loipe und an den Schießstand, es wurden also 33 olympische Biathlon-Medaillen verteilt. Als neutraler Zuschauer hatte man irgendwann Schwierigkeiten, die verschiedenen Disziplinen auseinander zu halten. Zu ähnlich sind die Wettbewerbe, zu gering auch die Möglichkeiten, beim Biathlon zu variieren. Es geht nun einmal immer ums Laufen und Schießen.
Arnd Peiffer und Laura Dahlmeier hatten in Pyeongchang sechs Starts, so viele Startmöglichkeiten hat bei den anderen Disziplinen dieser Winterspiele sonst kaum jemand. Zwar gibt es auch anderswo zahlreiche Rennen, zum Beispiel im Eisschnelllaufen oder im alpinen Ski. Aber dort braucht es Spezialisten wie die Sprinter und Langstreckler beim Eislaufen oder die Abfahrer und Slalomfahrer bei den Alpinen. Dahlmeier dagegen hätte theoretisch sechs Mal Gold holen können, diese Möglichkeit ein Marcel Hirscher oder Sven Kramer nicht.
Bei einer solchen Vielzahl von Einsätzen jeweils die Konzentration auf höchstem Niveau zu halten, ist möglich, aber schwierig. Dass Dahlmeiers Leistung während dieser Spiele nachließ, ist logisch. Arnd Peiffer dagegen hält die Belastung für machbar: "Im Weltcup sind die Terminpläne der Rennen noch gedrängter."
Heißt aber auch, dass die Biathleten selbst von den Olympischen Spielen kaum etwas mitbekommen. "Sechs Rennen heißt auch sechs Mal intensive Vorbereitung", sagte Peiffer. Er selbst hat sich keinen anderen Wettkampf anschauen können.
Mannigfaltigkeit der Disziplinen und ihre Folgen
Sprint, Verfolger, Einzelrennen, Massenstart, dazu die Staffeln - das geht nicht nur für die Athleten an die Belastungsgrenze. Dass es seit 2014 auch die Mixed-Staffel als olympischen Wettbewerb gibt - eine Disziplin, die selbst im Weltcup nur selten gelaufen wird - setzt der Einfalt in der Vielfalt die Krone auf. Auch das Verfolgungsrennen ruft die Kritiker auf den Plan: Weil hier die Gewinnerin des Sprints mit Vorsprung auf die Strecke geht und damit von Beginn des Rennens an ungleiche Verhältnisse geschaffen werden.
Das alles lässt sich mit den Einschaltquoten rechtfertigen. Biathlon ist auf dem mitteleuropäischen, genauer deutschen Markt, nach wie vor ein Garant für hohe TV-Zuschauerzahlen. "Im Umfeld von Biathlon funktioniert alles", hat ein Fernsehkollege hier formuliert. Nur Skispringen erreicht in Deutschland ähnliche Quoten. Daher wurden die Wettbewerbe beider Disziplinen in Pyeongchang auch in die Abendstunden verlegt, wenn in Europa hellichter Tag ist und nicht tiefe Nacht wie bei den Alpinen, die gewohnt früh ran mussten, um den für sie attraktiveren US-Fernsehmarkt mit guten Sendezeiten zu bedienen. In Europa ist der alpine Skisport längst nicht mehr die Nummer eins im Winter.
"Das müssen wir wohl akzeptieren"
"Schön war das nicht, abends zu starten, wenn man eigentlich schon müde ist", sagte Biathlon-Superstar Martin Fourcade, "aber das müssen wir wohl akzeptieren". In vier Jahren in Peking wird die Situation ähnlich sein. Auch da müssen sich die Biathleten auf Flutlichtrennen einstellen.
An dem gedrängten Terminplan wird sich auch 2022 kaum etwas ändern. Noch mehr Biathlon-Wettbewerbe sind immerhin kaum denkbar. Obwohl: Früher gab es bei Weltcups noch den Mannschaftswettbewerb, bei dem vier Mitglieder eines Teams gemeinsam losliefen, aber nur jeweils einer die Schießübungen durchführte. Das schreit doch nach einer Wiederauflage in Peking 2022.