Olympische Spiele in Sotschi Putin-Gegner dokumentiert mutmaßliche Korruptionsfälle

Eishalle im Olympia-Ort Sotschi: Kosten von knapp 46 Milliarden Dollar
Foto: Filip Singer/ dpaHamburg - Der russische Oppositionpolitiker und Putin-Kritiker Alexej Nawalny hat eine Internetseite veröffentlicht, die mutmaßliche Korruptionsfälle bei der Vorbereitung der Olympischen Spiele in Sotschi (7. bis 23. Februar) dokumentieren soll. Darin wirft er Freunden von Kreml-Chef Wladimir Putin eine milliardenschwere Bereicherung bei den Spielen vor.
Russland hat demnach fast 46 Milliarden Dollar für Arenen und Infrastruktur ausgegeben. Laut Nawalny kosteten viele Sportstätten doppelt so viel wie nötig. Er listet auf seiner Internetseite auch Fälle auf, in denen bei der Vergabe von Bauaufträgen massive Interessenkonflikte vorliegen sollen.
Die Internetseite enthält eigene Recherchen von Nawalny, Medienberichte und Erkenntnisse anderer Anti-Korruptions-Aktivisten über angebliche Fälle in Sotschi. "Wir sind stolz, dass Sotschi Gastgeber der Olympischen Winterspiele ist. Dies ist ein einmaliges Sportevent für alle. Doch die Offiziellen nutzen die Spiele als eigene Einnahmequelle", heißt es auf der Startseite von Nawalnys Portal .
Schon seit Jahren wird im Zusammenhang mit den Spielen über mutmaßliche Korruptionsfälle berichtet. Seit langem kritisiert Nawalny mangelnde Transparenz bei den Ausgaben. Regierungsgegner beklagen, dass es in Russland keine unabhängigen Prüfstellen oder Quellen gebe.
Präsident Putin hat jegliche Korruptionsvorwürfe stets bestritten. "Falls irgendwer diese Informationen hat, soll er sie uns bitte zeigen", sagte er kürzlich in einem Fernsehinterview. Nun hat Nawalny auf seiner Internetseite eine Vielzahl von Daten zur Verfügung gestellt. Auf der Seite zeigt er eine Landkarte mit den einzelnen Olympia-Objekten zum Anklicken. Die Ausgaben für die Sotschi-Spiele seien fünf Mal so hoch wie in Vancouver 2010 und etwa zehn Mal höher als in Turin 2006, teilte Nawalny mit.
Sotschi soll zu einer Modellregion werden
Allein beim Straßenbau für die ersten Winterspiele unter Palmen hätten sich Oligarchen-Freunde Putins um mehrere Milliarden Euro bereichert. Statt der veranschlagten Summe von etwa zehn Milliarden US-Dollar sei hier mindestens das 1,8fache geflossen.
Nach Darstellung von Nawalny kostete zudem allein das Stadion Fischt für die Eröffnungszeremonie zweieinhalb Mal so viel wie international üblich. Die Ausgaben lägen zwischen 17,4 Milliarden und 23 Milliarden Rubel (378 bis 500 Millionen Euro). Das seien je Zuschauerplatz Kosten von mindestens 435.000 Rubel (rund 10.000 Euro), teilte Nawalny mit.
Ursprünglich hatte Putin die geplanten Kosten für die Spiele mit zwölf Milliarden Dollar angegeben. Nach Nawalnys Berechnungen sind die Spiele von Sotschi das teuerste Olympia überhaupt, obwohl weniger Athleten antreten als bei Sommerspielen. Die Moskauer Führung hatte die Ausgaben stets verteidigt und unter anderem damit begründet, Sotschi zu einer Modellregion für ein neues Russland zu machen. Der Sommerferienort soll durch die neue Infrastruktur künftig ganzjährig nutzbar sein - erstmals auch als Wintersportziel.
Nach den Parlamentswahlen im Dezember 2011 hatte Nawalny für Aufsehen gesorgt, weil er bei einer Demonstration gegen Wahlbetrug nach einer Rede festgenommen worden war. Im September 2013 trat er bei den Moskauer Bürgermeisterwahlen an und wurde mit 27 Prozent Zweiter hinter dem regierungsnahen Amtsinhaber Sergej Sobjanin.
Das Organisationskomitee in Sotschi gab zunächst keinen Kommentar zu den Veröffentlichungen des Anti-Korruptions-Aktivisten ab. Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, sagte, das IOC stehe gegen jede Form der Korruption. Wann immer es in der Vergangenheit entsprechende Bedenken oder Anschuldigungen gegeben habe, wurden diese ans Organisationskomitee weitergeleitet.