Olympia-Pannen in Vancouver Möge das Wirrwarr gewinnen

Ungültige Tickets, unfähige Wettkampfrichter, kaputte Eismaschinen: So viele Pannen wie in Vancouver gab es selten bei Olympischen Winterspielen. Sportler und Funktionäre sind empört, die kanadische Presse spottet über das "Desaster".
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Pannen bei Olympia: Es läuft nicht rund

Foto: Jae C. Hong/ AP

Hamburg - Fälschungen, Fehlstarts, Frust: Es läuft nicht wirklich rund bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver. Pannen passieren bei jeder Großveranstaltung - aber bei den Spielen in Kanada gibt es bislang mehr Ärger als sonst. Beim Biathlon und in der Eisschnelllaufhalle passierten Schnitzer, die selbst bei einem gewöhnlichen Weltcup als Anfängerfehler kritisiert worden wären. Dazu kommt als dauernde Begleitmusik der Ärger über die Olympia-Tickets.

28.000 vermeintlich gültige Eintrittskarten für die Wettkämpfe musste das Organisationskomitee Vanoc bereits aus dem Verkehr ziehen. Aus Sicherheitsgründen. Die Tickets waren für unbefestigte Stehplätze beim Parallel-Slalom sowie für Halfpipe- und Skicross-Entscheidungen ausgegeben worden. Diese Bereiche hat die Vanoc jedoch nicht mehr geöffnet. Die Zuschauer seien dort eventuell gefährdet, so die Begründung. Die Inhaber dieser Tickets werden zwar finanziell entschädigt, trotzdem spricht nicht nur die kanadische Presse von einem "Desaster".

Diejenigen, die auf diese Weise um ihr Olympia-Ereignis gebracht werden, haben jetzt nur wenig Chancen auf Ersatztickets. Es gibt zwar noch Eintrittskarten, aber fast nur noch in den hohen Preiskategorien - oder auf dem Schwarzmarkt. Die Schwarzmarkthändler bieten die sogenannten Passierscheine an, die man für den Erwerb der Karten braucht. Von denen sind allerdings viele gefälscht.

All das hatte zur Folge, dass bei den Eiskunstlaufwettbewerben Hunderte von Plätzen in der Halle leer blieben. Die Leute scheuten wohl davor zurück, bis zu 3200 Dollar für eine Karte zu zahlen, wie es zum Beispiel für die Kür der Damen verlangt wird. Für das Eishockey-Endspiel werden mittlerweile schon fünfstellige Summen verlangt.

Dass die Besucher erstmals bei Winterspielen auch für die Siegerehrungen Eintritt zahlen müssen, hebt die Laune der Olympia-Fans auch nicht unbedingt: 20 Dollar sollen diejenigen berappen, die Magdalena Neuner und Tatjana Hüfner beim Jubeln zugucken wollen.

Athleten verärgert über Pisten und Bahnen

Dazu kommt der Ärger der Athleten über die Organisatoren, der sich durch zahlreiche Disziplinen zieht: Die Abfahrer beschweren sich über die Piste, die Eisschnellläufer über die von Eismaschinen zerfurchte Bahn - von der umstrittenen Rodelbahn ganz zu schweigen, die nach dem tödlichen Unfall des Georgiers Nodar Kumaritaschwili ohnehin tagelang in der Diskussion war.

An der Biathlonstrecke sorgten die Funktionäre für massive Empörung. Beim Start der Verfolgungsrennen waren sie offenbar damit überfordert, die Athleten zum korrekten Zeitpunkt in den Wettkampf zu schicken. Die Folge: Während der Rennen wurden Sportlern Strafsekunden aufgebrummt, die zu früh auf die Loipe stürmten. Andere, die von den Starthelfern zu lange festgehalten wurden, bekamen Zeitgutschriften. Die Verfolgungsrennen wurden zur höheren Mathematik.

"Das war für Olympische Spiele unwürdig", sagte Männer-Bundestrainer Frank Ullrich. Die Schwedin Anna-Carin Olofsson, eine der Favoritinnen im Frauenfeld, wurde 15 Sekunden zu lang in der Startbox zurückgehalten. Die Schwedinnen protestierten und fühlten sich beim Sieg der Deutschen Magdalena Neuner um eine Medaille gebracht - Olofsson wurde am Ende Vierte.

Stolper-Eis durch General Motors-Maschinen

Im Männer-Rennen wurde der Kanadier Jean Philippe Leguellec gar 30 Sekunden zu früh in die Spur gebracht. Er lief aus seiner Sicht während des gesamten Rennens um die Medaillen mit, wurde vom Publikum als Sechster gefeiert - und erst nach dem Rennen per Zeitstrafe auf Platz elf zurückgestuft. Obwohl der Biathlon-Weltverband seine erfahrensten Leute als Starthelfer abgestellt hatte, um genau solche Pannen zu verhindern.

Wenigstens am Eischnelllauf-Rund im Olympic Oval hat sich die Aufregung wieder gelegt. Ausgerechnet unter den Augen von IOC-Chef Jacques Rogge hatten die Eismaschinen am Montag für chaotische Bahnverhältnisse gesorgt. Der US-Konzern General Motors hatte im Vorfeld seinen Einfluss geltend gemacht, eine Eismaschine mit GM-Motor bei den Spielen zum Einsatz zu bringen - statt der ansonsten im Weltcup üblichen und bewährten Fahrzeuge der Konkurrenzfirma Zamboni.

Die GM-Maschinen erwiesen sich letztlich als unbrauchbar. Die Rettung kam aus einem Olympia-Ort der Vergangenheit: Aus dem 1000 Kilometer entfernten Calgary wurde eine Zamboni-Maschine eingeflogen.

aha/dpa/sid
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