
Höfl-Rieschs Olympiasieg Erst Stress, dann Gold
- • Sotschi 2014: Höfl-Riesch gewinnt Gold in der Super-Kombination
- • Ski-WM: Riesch gewinnt sensationell im Slalom
Jede gute Beziehung, so heißt es, funktioniert nur, wenn man nicht immer der gleichen Meinung ist. So gesehen ist im Hause Höfl-Riesch alles in bester Ordnung.
Noch am Montagmorgen hatte nämlich Marcus Höfl, Ehemann und Manager von Maria Höfl-Riesch, per Twitter eine rhetorische Frage an seine Follower gesendet: Wie man denn nach den Trainingsergebnissen hier nur "ständig von Gold reden" könne? Seine Gattin, das war die Botschaft, sei bei der Super-Kombination in Krasnaja Poljana mitnichten die Favoritin.
Die sah das allerdings ganz anders. Im Rosa Khutor Alpine Center, in dem sie eine halbe Stunde zuvor noch im Schnee gekniet und vor Freude über Gold die Arme über dem Helm zusammengeschlagen hatte, sprach Maria Höfl-Riesch sehr lange von der Bürde des Gewinnen-Müssens. "Wenn man als Top-Favoritin an den Start geht, ist es nie leicht", sagte sie und bemaß dann das Gewicht der abfallenden Spannung mit "zehnfacher Steigerung von Erleichterung".
Es ist also alles nochmal gut gegangen für die Top-Favoritin Maria Höfl-Riesch, auch wenn es nach den bescheidenen Trainingsleistungen tatsächlich nicht danach ausgesehen hatte. Doch mit einem großartigen Slalomlauf ("Sie kann in der Disziplin auch mit den Spezialistinnen mithalten", Alpin-Direktor Wolfgang Maier) machte die 29-Jährige nach der Abfahrt vier Plätze und mehr als eine Sekunde gut und ließ Nicole Hosp aus Österreich und die US-Amerikanerin Julia Mancuso hinter sich.
Der Weg zu Gold wirkt dabei wie eine Blaupause der großen Riesch-Erfolge, die oft einem so einfachen wie dramatischen Muster folgen. Am Anfang steht immer der Druck, der öffentliche und auch der, den sich die ehrgeizige Skiläuferin selbst macht. Und dann folgt die Befreiung. Mal früher, mal später.
Das war 2009 schon so, als von ihr vor der WM in Val d'Isere Medaillen erwartet wurden und die dann im Super-G, in der Kombi und in der Abfahrt zunächst ausblieben. Im Slalom klappte es schließlich, nach Platz fünf im ersten Lauf übrigens. Oder bei den Spielen vor vier Jahren in Vancouver, wo Maria Riesch, wie sie damals noch hieß, zunächst in einem chaotischen Abfahrtsrennen "nur" Achte wurde - und am nächsten Tag die Kombination gewann.
Großer Druck vom deutschen Team abgefallen
Und dann Schladming 2013, das bisher letzte Kapitel des Maria-Gleichnisses. Öffentlich in Frage gestellt wegen vermeintlich wenig leistungssportfördernder Auftritte bei Partys und Galas lastete der vielleicht größte Druck auf Höfl-Riesch. Und wieder schaffte sie es, am Ende als die strahlende Siegerin dazustehen: Mit Gold in der Super-Kombi. "Ich habe oben vor dem Slalomstart an Val d'Isere, Vancouver und Schladming gedacht", erzählte Riesch in Rosa Khutor. Und bei der Vorgeschichte glaubte man ihr das sogar.
Einen Einblick, welcher Ballast mit dem Gold in der Kombination nun nicht nur von Riesch abgefallen ist, sondern auch vom Team, gab Alpin-Direktor Wolfgang Maier. Der kernige Coach, der sich nach eigener Aussage "sauguad" fühlte, kleidete auch die Situation in einen deutlichen Satz: "Das Gold nimmt extremen Druck von uns allen." Im kleinen Alpin-Team hatten sie sich vor Sotschi eine Medaille vorgenommen, und der erfahrene Maier kennt wie Höfl-Riesch die Mechanismen, die in Gang kommen, wenn die Pläne sich nicht erfüllen: Der Druck wird immer größer. "Wir hatten einen Schuss, und der musste sitzen", so Maier.
"Wenn was ging, dann in der Super-Kombi", sagte die Olympiasiegerin nach dem Rennen, und auch sie wies auf die möglichen Folgen hin, wenn es denn nicht geklappt hätte: "Puh, das wäre wohl schwer geworden mit der Medaille." Doch wie gut, dass man sich mit diesen Eventualitäten jetzt nicht mehr beschäftigen muss. Die Vorgabe ist erfüllt, "das kann der Maria keiner mehr nehmen", sagte Maier.
Mit ihrem insgesamt dritten Olympiasieg hat sich Höfl-Riesch endgültig in der alpinen Ruhmeshalle verewigt, aber das dürfte sie erst später beschäftigen. Vorerst kann sie von den kurzfristigen Folgen des Sieges in der Super-Kombination profitieren: Am Mittwoch gibt es die nächste Medaillenchance. Jetzt habe sie ja den Rücken frei, sagte Höfl-Riesch, "ich hoffe, dass ich nun die Abfahrt lockerer fahren kann." Favoritin ist sie dort jetzt schon, auch wenn ihr Mann das womöglich anders sieht.
Aber was Maria Höfl-Riesch ohne Druck zu leisten imstande ist, auch dafür gibt es ja eine Blaupause. 2010 in Vancouver ließ sie dem Super-Kombi-Gold ein zweites folgen, im Slalom.
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Der Kampf mit der Fahne: Nach ihrem Sieg in der Super-Kombination versuchte Maria Höfl-Riesch, die deutsche Fahne unter Kontrolle zu bekommen.
Natürlich klappte es nach einiger Zeit, zuvor hatte sie schon ganz anderes vollbracht.
Denn der Tag hatte für Maria Höfl-Riesch mit einer durchwachsenen Leistung in der Abfahrt begonnen.
Die Speed-Disziplin bewältigte die Doppel-Olympiasiegerin von Vancouver souverän, aber deutlich langsamer als die Konkurrenz - allen voran die US-Amerikanerin Julia Mancuso.
Riesch brauchte 1:43,72 Minuten, Mancuso nur 1:42,68.
Doch dann kam der Slalom - und eine super Leistung von Maria Höfl-Riesch. Hier versucht sie mit allen Mitteln, Zeit gut zu machen.
Dass es eine gute Fahrt war, hatte Höfl-Riesch gleich gewusst, im Zielraum riss sie die Arme in die Luft.
Der bange Blick auf die Zeittafel - 50,90 Sekunden hatte sie benötigt.
Als nach und nach die Konkurrentinnen am Kurs oder den eigenen Nerven scheiterten, wurde klar: Eine Medaille war realistisch. Als es dann sogar Gold wurde, sank Höfl-Riesch vor Freude zu Boden.
Die deutsche Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier konnte ihr Glück kaum fassen: "Ich kann's noch gar nicht richtig glauben, ich bin überwältigt." Silber ging an Nicole Hosp aus Österreich, Mancuso holte Bronze.
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