Olympische Winterspiele Neuner verzichtet nach zweitem Gold auf Staffelstart

Hamburg - Goldener Tag für Biathletin Magdalena Neuner: Fünf Tage nach ihrem Triumph im Verfolgungsrennen über zehn Kilometer hat sie jetzt auch beim Massenstart-Wettbewerb über 12,5 Kilometer Gold geholt. Neuner siegte in der Loipe im Whistler Olympic Park mit 5,5 Sekunden Vorsprung vor der Russin Olga Saitsewa - und das, obwohl sie am Schießstand zwei Mal daneben geschossen hatte. Bronze sicherte sich Neuners Teamkollegin Simone Hauswald, die 7,3 Sekunden Rückstand hatte.
"Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, und schwupps habe ich meine zweite Goldmedaille", sagte Neuner im Ziel. Die Zuschauer ließ sie an ihrem Glück teilhaben: Kusshändchen fürs Publikum, ein strahlendes Lächeln, Kusshändchen, lächeln, Küsschen. So sehen Siegerinnen aus.
Auch Hauswald war mit ihrer Platzierung mehr als zufrieden: "Ich habe nicht Silber verloren, sondern die Bronzemedaille gewonnen."
Angesichts der Szene hatte DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller Tränen in den Augen: "Unglaublich, wie die Mädels dem großen Druck standgehalten haben." Und auch Bundestrainer Uwe Müßiggang lobte heftig: "So sehen Champions aus. Beim letzten Stehendschießen haben die beiden extrem gut gearbeitet."
Verzicht auf Staffeleinsatz
Neuner gab einige Stunden nach ihrem Triumph überraschend bekannt, auf einen Start in der Staffel am Dienstag (20.30 Uhr MEZ, Liveticker SPIEGEL ONLINE) zu verzichten. "Für mich sind die Olympischen Spiele heute beendet. Ich werde die Staffel nicht laufen", sagte sie im Deutschen Haus in Whistler. Neuner begründete ihre Entscheidung damit, dass sie nach dem Trubel der vergangenen Tage nicht möchte, "dass die Mädels wegen mir keine Medaille holen".
"Es war meine Entscheidung, Bundestrainer Uwe Müssiggang hat es mir überlassen. Ich habe gemerkt, dass ich vom Kopf her doch ziemlich fertig bin. Jetzt hoffe ich, dass die anderen Vier ein gutes Rennen machen und ihre Medaille holen", so die 23-Jährige. "Wir haben hier fünf Top-Athletinnen, die alle eine Medaille holen können. Ich habe jetzt zweimal Gold und einmal Silber gewonnen. Das ist mehr, als ich mir erträumt hatte", sagte Neuner.
"Sie hat mir damit natürlich eine schwere Entscheidung abgenommen", so Müssiggang. Im letzten Biathlon-Rennen der Frauen werden nun Kati Wilhelm, Andrea Henkel, Simone Hauswald und Martina Beck die deutschen Farben vertreten. Zuvor hatte sich Neuner noch zuversichtlich über ihre mögliche vierte Medaille bei den Spielen von Vancouver geäußert.
Fehlerfrei beim letzten Schießen
Ihren Sieg im Massenstart hatte Neuner einer grandiosen Schlussrunde zu verdanken. Nach dem letzten von vier Schießen hatte die Zollhauptwachmeisterin noch 7,3 Sekunden Rückstand auf Saitsewa gehabt. "Im Massenstart geht es vom Start weg Frau gegen Frau. Da geht es auch mal sehr eng zu. Das gefällt mir", hatte Neuner vor dem Rennen gesagt.

Doch gleich beim ersten Schießen machte sie einen Fehler. Ohne Fehlschuss kam nur Hauswald durch, die fortan als Spitzenreiterin das Tempo bestimmte, Neuner hatte 20 Sekunden Rückstand. Auch beim zweiten Liegendschießen fielen bei Hauswald alle Scheiben. Doch nun blieb auch Neuner fehlerlos und ging als Achte mit 19 Sekunden Rückstand auf Spitzenreiterin Hauswald zurück auf die Strecke. Hauswald forcierte das Tempo und versuchte, sich von ihren Verfolgerinnen abzusetzen. Doch beim ersten Stehendschießen schoss sie gleich zweimal daneben - und fiel zurück.
Auch Neuner patzte, womit plötzlich Andrea Henkel auf Platz sechs die beste Deutsche vor Hauswald und Neuner war. Beide gingen beim letzten Stehendschießen volles Risiko. Mit Erfolg. "Ich habe mit dem letzten Schießen gekämpft und mir gesagt: Du kannst es, mach doch mal! Und dann habe ich den Turbo gezündet", sagte Neuner nach dem Rennen.
Die dreimalige Olympiasiegerin Kati Wilhelm ließ beim zweiten Schießen gleich drei Scheiben stehen, büßte frühzeitig die letzte Chance auf eine Einzelmedaille ein und beendete das Rennen als 25. Andrea Henkel kam auf Platz neun.
Neuner gewann die insgesamt fünfte deutsche Goldmedaille für die deutsche Olympiamannschaft in Vancouver und die 16. Medaille für das deutsche Team insgesamt. Simone Hauswald, die schon bei der Blumenzeremonie im Skistadion von ihren Gefühlen überwältigt wurde, kündigte für die Medaillenvergabe an: "Da werde ich meinen Tränen freien Lauf lassen. Ich habe ja schon geweint, als ich über die Ziellinie fuhr. Es war so ein schönes Rennen."