

Die deutsch-österreichische Rivalität gehört zum Skisport einfach dazu. Marcel Hirscher (Österreich) gegen Felix Neureuther (Deutschland) auf der Piste. Gregor Schlierenzauer (Österreich) gegen Severin Freund (Deutschland) auf der Schanze. Bernhard Gruber (Österreich) gegen Eric Frenzel (Deutschland) in der Loipe. Manchmal jedoch wird aus Konkurrenz tätige Mithilfe.
Dass Fritz Dopfer am Sonntag die Bilanz des Deutschen Ski-Verbandes bei der WM in Vail mit seiner Silbermedaille veredelte, hat der DSV letztlich dem Nachbarn und Erzrivalen zu verdanken. Nicht nur deswegen, weil der nach dem ersten Lauf führende ÖSV-Star Marcel Hirscher im zweiten Durchgang auf dem Weg zum sicheren Gold einfädelte. Hirscher, der sonst nie ausfällt.
Sondern auch, weil Dopfer eigentlich Österreicher ist.
In Österreich verbrachte er seine gesamte Ski-Sozialisation. Er besuchte das berühmte Skigymnasium in Stams in Tirol, er fuhr im Europacup für den Österreichischen Skiverband, ging bei der Junioren-WM für Österreich an den Start. Nur weil ihm die Konkurrenz im eigenen Lager zu groß erschien und er zudem wegen seines Vaters auch den deutschen Pass besaß, wechselte er zum DSV. Und der kann jetzt jubeln, da dank Dopfer und dem dritten Platz von Felix Neureuther im Slalom die Vorgaben des Verbandes für Vail doch noch erfüllt wurden.
Zwei Deutsche auf dem Podium. Das gab es 28 Jahre nicht
"Wir wollten drei Medaillen gewinnen, das haben wir jetzt doch noch geschafft, also ist das zumindest soweit gut", sagt DSV-Alpinchef Wolfgang Maier. Nach dem ersten Slalom-Durchgang im Schneetreiben von Vail hätte das Fazit allerdings anders ausgesehen. Dopfer lag auf Platz sechs, Neureuther auf Rang sieben. Aber da die Konkurrenz mit Hirscher an der Spitze danach reihenweise patzte und Dopfer und Neureuther ihre Nerven im Griff hatten, standen am Ende zwei Deutsche auf dem Podium - wie zuletzt vor 28 Jahren, als Frank Wörndl gewann und Armin Bittner Dritter wurde.
Für Felix Neureuther sind solche Erfolge mittlerweile Normalität, er ist der Star im deutschen Team und in den Medien. Dopfer dagegen war in den vergangenen zwei Wintern zwar ähnlich erfolgreich wie sein Teamkollege. Er ist dennoch immer eher einer der Unauffälligen geblieben.
Ihm fehlt noch der ganz große Triumph, er sammelt fleißig zweite und dritte Plätze, in Adelboden war er ganz nah dran an seinem ersten Weltcup-Erfolg und wurde doch noch vom Italiener Stefano Gross abgefangen, der zwei Hundertstelsekunden schneller war. Bei den Olympischen Spielen in Sotschi wurde er Vierter. Da fehlten ihm fünf Hundertstel auf die Medaille.
27 Jahre alt ist Dopfer mittlerweile, er ist im Weltcup jetzt auch schon fast acht Jahre dabei, aber viele Slalomfahrer entwickeln ihre Bestform erst in späteren Jahren. Neureuther ist mit 30 so gut wie nie, Naturtalente wie Hirscher, die schon mit Anfang 20 den Weltcup dominieren, sind eher die Ausnahme. Der Slalom ist technisch zu anspruchsvoll, man kann so schnell ausscheiden, Routine ist hier noch wertvoller als in den Speed-Disziplinen, wo jugendliche Unbekümmertheit eher hilfreich sein kann.
Die Entwicklung des Slalom-Spezialisten scheint jedenfalls noch nicht am Ende zu sein. Zu Anfang seiner Karriere brauchte es 27 Slaloms, bis er sich erstmals für einen zweiten Durchgang qualifizieren konnte. Mittlerweile ist es schon ein echtes Ereignis, wenn ein Fritz Dopfer mal wegen eines kleinen Konzentrationsfehlers einfädelt und vorzeitig ein Rennen beenden muss.
Dopfer ist einer, der gelernt hat zu lernen. Sich stetig zu verbessern, ohne Spektakel, auch ohne das Zeug zum Volkshelden. Ein akribisch an sich arbeitender Sportler. Am Skigymnasium war er mit 22 Mitschülern in einer Klasse, sieben von ihnen machten am Ende das Abitur, Dopfer gehörte dazu. Von diesen sieben ist nur einer ein wirklich erfolgreicher Skiläufer geworden. Das ist Dopfer. Die "Süddeutsche Zeitung" hat ihn den "perfekten Profi" genannt.
Im Gesamtweltcup hat es der Platzierungssammler Dopfer mittlerweile bis auf den fünften Platz geschafft, vor ihm rangieren die absoluten Stars der Branche Hirscher, Neureuther, der norwegische Tempoläufer Kjetil Jansrud und der elegante Franzose Alexis Pinturault. Dopfer gehört jetzt mit dazu, niemand wird ihn mehr unterschätzen.
Österreich hat bei diesen Weltmeisterschaften neun Medaillen gewonnen, fünf davon in Gold. Das sollte helfen, den Verlust eines nach Deutschland gewechselten Top-Läufers zu verschmerzen. Für den DSV dagegen ist der Silbermedaillengewinner Fritz Dopfer Gold wert.
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Hier guckt Fritz Dopfer noch skeptisch: Nach seinem zweiten Lauf im WM-Slalom von Vail war gespanntes Warten angesagt. Bis der 27-Jährige jubeln konnte: Mit der Silbermedaille hat er seine bisherige Karriere gekrönt.
Danach hatte es im ersten Lauf noch gar nicht ausgesehen. Dopfer lag auf Platz sechs, der Zeit-Rückstand zum Führenden Marcel Hirscher war beträchtlich.
Dann jedoch behielten Dopfer und Teamkollege Felix Neureuther beim Schneetreiben von Vail den Durchblick und die Nerven - die Konkurrenz dagegen patzte. Hirscher fädelte ein, der Zweitplatzierte Koroschilow fiel weit zurück.
So konnten die zwei Deutschen sich beglückwünschen: Podestplatz für beide. Nur der Franzose Jean-Baptiste Grange war schneller.
Gefeiert wurde gleich vor Ort auf der Medail Plaza. Aber das war nur der Auftakt.
Anschließend ging es für die DSV-Slalomfahrer im Deutschen Haus weiter mit den Feierlichkeiten.
Vergessen war die Enttäuschung von Sotschi, wo Dopfer bei den Olympischen Winterspielen nur ganz knapp an der Medaille vorbeifuhr.
Nach dem ersten Durchgang hatte der deutsche Slalom-Spezialist Felix Neureuther noch aussichtsreich auf Platz sieben gelegen.
Im zweiten Durchgang riskierte Neureuther viel - zu viel: An dieser Stelle fädelte er mit dem rechten Skier ein und schied aus.
Enttäuscht sitzt Felix Neureuther abseits der Piste.
Auch Rosi Mittermaier konnte ihren Sohn unmittelbar nach dem Wettbewerb nicht trösten.
Eine Enttäuschung erlebte auch Fritz Dopfer: Nach dem ersten Durchgang war er 14., am Ende verpasste er auf Rang vier einen Platz auf dem Podium um nur fünf Hundertstelsekunden.
Große Freude hingegen beim österreichischen Team: Gold sicherte sich Mario Matt (r.). Der 34-Jährige gewann vor seinem Landsmann, dem Weltmeister Marcel Hirscher.
Ebenfalls glücklich: Henrik Kristoffersen aus Norwegen gewann die Bronzemedaille.
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