Schwedens Nachwuchsstar bei der Eishockey-WM Jünger, schneller, Nylander

William Nylander
Foto: PATRIK STOLLARZ/ AFPWer in Kanada lebt und sich in den vergangenen Wochen über die Eishockey-Weltmeisterschaft von Köln und Paris informieren wollte, der hatte es nicht einfach. Dieser Tage schaut alles umso mehr auf die heimische National Hockey League (NHL), die mit den Playoff-Halbfinals gerade in ihre heiße Phase geht, das Länderturnier im fernen Europa ist da weniger aufregend.
Lediglich zwei Ausnahmen gibt es: Die Spiele von "Team Canada", die zumindest in kurzen Texten und Videos zusammengefasst werden, und die immer neuen Großtaten des schwedischen Supertalents William Nylander. Weil der sein Geld in Toronto verdient und die Millionen Fans der Maple Leafs für gute Zahlen und Einnahmen bei den Medienhäusern sorgen. Und weil Nylander zu den spektakulärsten Spielern des Turniers gehört - mit gerade einmal 21 Jahren.
In den bisherigen acht Spielen hat der Flügelstürmer sechs Tore und ebenso viele Vorlagen gesammelt. Wenn es für die Schweden heute Abend (19.15 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE; TV: Sport1) gegen den ewigen Rivalen aus Finnland um den Finaleinzug geht, sind wieder alle Augen auf Nylander gerichtet.
22 Tore und 39 Vorlagen in der ersten Saison
Stress scheint ihm das nicht zu bereiten. Wer den Sohn des ehemaligen NHL-Stars Michael Nylander in Köln beobachtet, der sieht einen entspannten jungen Mann. Auf dem Eis, wo er offenbar keine Mühe hat, Verteidigern davonzulaufen, Mitspieler in Szene zu setzen oder Pucks in Tore zu jagen. Und auch außerhalb, wenn er sich geduldig den Reporterfragen stellt.
Aus Toronto kennt er das ja nicht anders. Dutzende Journalisten kommen zu jedem Training, tägliche TV- und Radiosendungen drehen sich nur um die Maple Leafs, die trotz all der Fans und des vielen Geldes seit 1967 auf den nächsten Stanley Cup warten.
Nun gibt es neue Hoffnung, und die speist sich aus vier Namen: Trainer Mike Babcock sowie die drei Jungstars Auston Matthews, Mitch Marner und eben Nylander. Das Trio belegte am Ende der NHL-Hauptrunde die Plätze eins, zwei und vier der besten Liga-Neulinge. Nylander kam auf 22 Tore und 39 Vorlagen. Doch nach dem ersten NHL-Jahr abzuschalten, kam für ihn nicht infrage: "Ich dachte mir, dass es Spaß machen würde, Schweden zum ersten Mal zu repräsentieren."
"Ein purer Torjäger"
Spaß machen seine Leistungen vor allem den Fans. Erst seine beiden Treffer binnen 80 Sekunden beim 7:2 über Deutschland, dann sein Traumtor nach dem Doppelpass mit Nicklas Bäckström gegen die Dänen (4:2) und dazu sein Alleingang zum 2:1 im Viertelfinale gegen die Schweiz (Endstand: 3:1): "Magie aus dem Nichts", schwärmte das schwedische Boulevardblatt "Expressen".
Wer mit Schweden über Nylander spricht, hört ausschließlich Lobeshymnen. "Er ist unglaublich, er hat so viel Talent, so viel Tempo und keine Angst, vor das Tor zu ziehen", sagt Gabriel Landeskog. Der heute 24 Jahre alte Stürmer wurde bereits mit 19 Kapitän bei den Colorado Avalanche und weiß, was es bedeutet, früh als NHL-Star gehandelt zu werden. Was er ihm beibringen könnte? "Nichts, William muss ich nichts mehr beibringen."
Sein Nationaltrainer sieht das etwas anders. "Er ist jung und muss noch einen weiten Weg gehen", sagt Rikard Grönborg, "aber er hat die Anlagen, ein Großer zu werden". Was er besonders schätzt, ist Nylanders Fähigkeit, Tore zu schießen. Bei den stets höflichen Schweden, die Egoismus ablehnen, kommt diese ja traditionell zu kurz. Schwedische NHL-Spieler mit 50, 60 oder gar 70 Vorlagen in einer Saison gibt es immer wieder, einen mit 50 Toren erst einmal: Hakan Loob in der Saison 1987/1988. Nylander könnte irgendwann der Zweite sein, der das schafft. Ein "spezielles Talent, ein purer Torjäger" sei er, sagt Trainer Grönberg.
Auch Nicklas Bäckströn ist beeindruckt. Und das ist nicht einfach, der Spielmacher ist besondere Torjäger neben sich gewohnt, bei den Washington Capitals spielt er seit Jahren an der Seite von Russlands Superstar Alexander Owetschkin. Trotzdem sagt er: "William hat all die Werkzeuge, er hat Technik, er ist schnell, er arbeitet hart."
Vor allem sein Tempo kommt immer wieder zur Sprache. Damit steht er exemplarisch für die neue Spielergeneration im internationalen Eishockey: "Die NHL ist im Wandel", sagt Bäckström, "alles wird jünger und schneller." Bestes Beispiel: William Nylander.