Zwei Jahre Sperre
Die Kunde aus Kreta klingt düster: Katrin Krabbe kommt beim Trainingslager auf der griechischen Insel »einfach nicht auf Touren«. Das juristische Gerangel um ihre Doping-Manipulation, klagt die deutsche Sprint-Weltmeisterin, hemme ihren Lauf derart, daß der geplante Saisonstart am kommenden Wochenende verschoben werden soll.
Doch in Wahrheit ist »Deutschlands schnellste Apotheke« (taz) in der Abgeschiedenheit - nur zahlende Freunde von Bild, Super-Illu, Sat 1 und einem japanischen Fernsehsender durften sie begleiten - längst wieder in Schwung gekommen. Über 100 Meter, versichern Beobachter, habe sie schon Zeiten wie bei ihrem WM-Sieg in Tokio erreicht.
Katrin Krabbe wäre also gerüstet für olympisches Gold in Barcelona. Doch dort wird sie gar nicht starten dürfen.
Der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) wird den Freispruch des deutschen Verbandsgerichts, für Krabbe-Anwalt Reinhard Rauball ein »Urteil von hoher Qualität«, aufheben und die Neubrandenburgerin ebenso sperren wie deren Sprint-Kolleginnen Grit Breuer und Silke Möller.
Die verfahrensrechtlichen Schritte bis zum Karrierestopp stehen nach zahlreichen Sondierungsgesprächen in den letzten Wochen fest:
Die Anti-Doping-Kommission des IAAF prüfte am vorletzten Wochenende in London noch einmal die Beweislage für Urin-Manipulationen der Läuferinnen Ende Januar im südafrikanischen Stellenbosch. Die fünf Experten kamen zu dem »einmütigen« Votum, der IAAF solle das in Deutschland abgeschlossene Verfahren wiederaufnehmen.
Dieser Empfehlung wird das oberste IAAF-Verbandsgremium noch in dieser Woche folgen und seinem Schiedsgericht, in dem erfahrene Rechtsexperten aus aller Welt sitzen, den Fall übertragen.
Die Juristen haben bereits die Akten studiert. Die Verhandlung kann daher schon in der ersten Juni-Hälfte stattfinden. Und das Verfahren wird anders ablaufen, als es sich Krabbe und Anwalt Rauball wünschen: Es wird nicht gegen die Läuferinnen verhandelt, in der Rolle des Angeklagten ist der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV). So ergibt sich die kuriose Situation, daß der DLV einen Freispruch verteidigen muß, mit dem er, so Präsident Helmut Meyer, selbst »nicht glücklich« ist.
Dieser den Statuten entsprechende Ablauf macht Rauballs Verteidigungsstrategie zunichte. Er wollte das Verfahren so in die Länge ziehen, daß vor den Olympischen Spielen kein Urteil mehr möglich gewesen wäre.
Das wäre für Krabbe, Breuer und Möller die einzige Chance gewesen, doch noch an Olympia teilzunehmen. Denn die IAAF-Juristen sehen den Fall ganz anders als der deutsche Rechtsausschuß, der bei der Dopingkontrolle Verfahrensfehler erkannt haben will und deshalb den Sachverhalt gar nicht erst erörterte.
Vor dem internationalen Schiedsgericht wird dagegen zunächst der Sachverhalt geklärt. Kommen die Richter dann ebenso wie schon die Anti-Doping-Kommission der IAAF zu der Auffassung, daß eine eindeutige Manipulation vorliegt, können »nur noch gravierende Verfahrensfehler« einen Schuldspruch verhindern. Doch solche Mängel entdeckten die Juristen bisher in den Akten nicht.
Das einzige, worauf die drei Sprinterinnen noch hoffen dürfen: Die IAAF-Richter werden die vorgesehene Sperre von vier Jahren nicht akzeptieren, da sie in der Leichtathletik einem lebenslangen Berufsverbot gleichkommt. Die Tendenz geht hin zu einer zweijährigen Sperre.