Mieczyslaw Pemper Leben im Angesicht des Todes

Er tippte Briefe für den "Schlächter von Plaszow", den KZ-Kommandanten Amon Göth. Und verfasste die berühmte Liste des Oskar Schindler. Der Krakauer Jude Mieczyslaw Pemper überlebte den schier aussichtslosen Kampf an zwei entgegengesetzten Fronten.

Der heute 82-Jährige Mietek Pemper war KZ-Häftling und persönlicher Stenograf des wegen seiner Kaltblütigkeit und Brutalität gefürchteten, 1946 von den polnischen Behörden zum Tode verurteilten Lagerkommandanten von Plaszow, Amon Göth. Der SS-Sturmführer war berüchtigt für seine willkürlichen, keinem logischen oder emotionalen Muster folgenden spontanen Erschießungen von Gefangenen. Er stand auf seinem Balkon, am Fenster seines Büros und schoss wortlos und äußerlich ruhig auf arbeitende Häftlinge vor dem Haus. Traumatische Erlebnisse für Pemper, der solche Situationen hautnah miterleben musste und nicht eingreifen konnte.

Dadurch, dass er Akteneinsicht in die Korrespondenz Göths mit den Berliner Behörden hatte, wusste Pemper, dass langfristig nur Juden, die arbeitsfähig und in "Sieg entscheidender Produktion" tätig waren, nicht in die Vernichtungslager geschickt würden. Er gab Schindler den entscheidenden Hinweis, seine Emaille-Produktion zum Teil auf Granatenhülsen umzustellen, um die Arbeiter so vor der Deportation zu retten. Der Jude aus Krakau führte außerdem die berühmte Liste Schindlers, in der 1000 Mithäftlinge aufgeführt waren, die durch eine Umsiedlung ins tschechische Brünnlitz vor dem sicheren Tod in den Gaskammern von Auschwitz bewahrt werden sollten.

Pemper wurde am 24. März 1920 in Krakau geboren, wo er zunächst Soziologie studierte. Auf Schindlers Liste war er unter der laufenden Nummer 655 als Buchhalter Mieczyslaw Pempar verzeichnet. Ende der vierziger Jahre nahm er als Zeuge und Dolmetscher an den Kriegsverbrecher- Prozessen in Krakau teil. Er sagte gegen Göth aus, stellte sich ihm im Kreuzverhör und konnte die infame Behauptung ds SS-Manns entkräften, er habe nichts von der geplanten Ermordung von 1480 nach Auschwitz deportierten Juden im Mai 1944 gewusst.

Als Schindler "seine Juden" am 8. Mai 1945 mit einer Ansprache entlässt, sagt er: "Für euer Überleben dankt nicht mir, dankt euren Leuten, die Tag und Nacht arbeiteten, um euch vor der Vernichtung zu retten. Dankt euren unerschrockenen Stern und Pemper, die jeden Moment dem Tod ins Auge gesehen haben."

Pempers Mutter überlebte halbseitig gelähmt Auschwitz - der Sohn pflegte sie bis zu ihrem Tod 1958 und wanderte dann in die Bundesrepublik aus. Nach dem Krieg wurde er Unternehmensberater in Augsburg.

Für den Holocaust-Überlebenden war Schindler ein sudetendeutscher Patriot, ein Geschäftemacher und Hasardeur, ein Spion mit guten Kontakten, aber eben beileibe kein "Typ des obrigkeitshörigen Deutschen". Was letztlich zähle, so Pemper, sei die Tatsache, dass Oskar Schindler Menschenleben gerettet habe.

In Steven Spielbergs Verfilmung des Romans "Schindlers Liste" von Thomas Keneally trägt die Kunstfigur des Isaak Stern sowohl Züge des jungen Mietek Pemper als auch des Schindler- Vertrauten Stern. Der US-Regisseur lud Pemper zusammen mit andere "Schindlerjuden" 1993 zu den Dreharbeiten nach Krakau ein. Pempers Kommentar zu dem seiner Meinung nach wichtigen Werk: "Es gibt Szenen, die man von meiner Warte aus ersatzlos hätte streichen können und die sich so vermutlich nie ereignet haben. Aber ein wenig Erotik gehört wohl zu jedem Hollywood-Film."

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