DC-10-Bruchlandung in Sioux City Winziger Materialfehler mit katastrophalen Folgen
Das Hecktriebwerk der Maschine fiel aus, der hydraulische Druck sank unvermittelt auf Null. Die schwere DC-10 ist ohne Hydraulik und damit ohne Steuerungssysteme nicht zu fliegen. Weil der Ausfall eines Triebwerkes jedoch zu den meist trainierten Manövern bei der Pilotenausbildung gehört, blieb die Crew unter Kapitän Al Haynes zunächst ruhig und gefasst.
Als die Maschine jedoch immer weiter nach rechts abdriftete und nicht auf Kurs gebracht werden konnte, waren Haynes und sein erster Offizier ratlos. Die Ruder an den Tragflächen, die normalerweise gegenläufig arbeiten, hoben und senkten sich nun gleichzeitig, der Jumbo taumelte der Erde entgegen. Der Kapitän ließ das linke Treibwerk drosseln und das rechte voll arbeiten. Trotz des Drosselmanövers blieb die DC-10 jedoch weiterhin unkontrollierbar.
Unter den Passagieren befand sich auch Denny Fitch, ein ausgebildeter Pilot, welcher der dreiköpfigen Crew im Cockpit unverzüglich seine Hilfe anbot. Er riet den Kollegen, die beiden verbliebenen Motoren des Flugzeugs mit wechselnder Geschwindigkeit zu fliegen, um so die Kontrolle über die Maschine wieder zu erlangen.
Der pensionierte Boeing-Manager Bill Mackin saß zur gleichen Zeit in der Kabine und beobachtete, wie die Passagiere sich auf einen drohenden Absturz vorbereiteten, während der Kapitän über den Bordlautsprecher die Notlandung in Sioux City, Iowa, ankündigte: "Ich will Ihnen nichts vormachen, es wird hart werden", kündigte Al Haynes an. "Ja, es wird sogar viel härter als hart werden." Zwar gelang es den Piloten noch, vor der Landung das Fahrwerk auszufahren. Die Maschine war jedoch mit einer Geschwindigkeit von 550 Metern in der Minute viel zu schnell und krachte mit dem rechten Flügel auf die Landebahn, bevor das Fahrwerk sich in den Beton wühlte.
Die Nase schlug auf, Heckteil und Cockpit brachen weg, während das Mittelstück sich mehrmals überschlug und nach einem Kilometer zum Liegen kam. Das Cockpit war so komplett zerstört, dass man den Kapitän, seinen ersten Offizier und die beiden anderen Piloten erst nach einer halben Stunde entdeckte. Sie überlebten wie durch ein Wunder. Auch von den 296 Passagieren kamen 184 mit dem Leben davon - einige von ihnen sogar unverletzt.
Bob Macintosh vom National Transportation Safety Board (NSTB) leitete die Unfallermittlungen. Seine Mitarbeiter durchstreiften die endlosen Maisfelder Iowas auf der Suche nach den kilometerweit verstreuten Wrackteilen. Ein Farmer fand schließlich den Schlüssel zur Unfallursache in seinem Feld: Die 150 Kilogramm schwere Rotorscheibe des Hecktriebwerks aus Titan. Das Herzstück des Triebwerks 2 war mit einem Kranz aus Rotorblättern versehen, von denen eines offenbar brach. Die Scheibe löste sich und zerfetzte die Hydraulikleitungen, woraufhin das Flugzeug manövrierunfähig wurde. Die so genannte fraktographische Untersuchung des Materials ergab, dass ein Sandkorn-großer Hohlraum unter der Titan-Oberfläche für den Metallbruch verantwortlich gewesen war. Ein während der Herstellung entstandener Materialfehler war also die Unfallursache, auch wenn die Anomalien gegebenenfalls bei Inspektion und Wartung hätten erkannt werden können.
Absturz DC-10 der United Airlines, 19. Juli 1989
Fluglinie: | United Airlines |
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Typ: | McDonnell Douglas DC-10-10 |
Baujahr: | 1973 |
Abflughafen: | Denver-Stapleton Int. Airport (DEN) |
Zielflughafen: | Chicago-O'Hare Int. Airport (ORD) |
Flugnummer: | 232 |
Absturzdatum: | 19. Juli 1989 |
Uhrzeit: | 16 Uhr |
Ort: | Sioux Gateway Airport (SUX) |
Motoren: | 3 General Electric CF6-6D |
Opfer unter der Besatzung: | 1 von 11 an Bord |
Opfer unter den Passagieren: | 110 von 285 an Bord |
Opfer gesamt: | 111 von 296 Insassen |