Leserbriefe AUSBILDUNG FÜR DAS PROLETARIAT
An der Uni Mainz engagierte ich mich als Fachschaftsvertreter, saß im Fachbereichsrat und im Senat; gelernt habe ich viel in dieser Zeit, doch für mein Fach Jura vor allem eins: Das System ist nicht reformierbar, weil zu viele Institutionen an einem Strang ziehen müssten. Damit sich etwas ändert, müssten aber vor allem die Absolventenzahlen auf Jahre hinaus drastisch heruntergefahren werden, und damit auch die Zahl der Studenten.
Ich habe für mich die Konsequenzen gezogen und bin nach dem 1. Staatsexamen ausgestiegen. Ich verdiene mehr und habe einen abwechslungsreicheren Job als die meisten meiner früheren Kommilitonen. Die quälten und quälen sich zum Teil jetzt noch durch das Referendariat. In den meisten Bundesländern bereitet dies aber zumindest in einer Hinsicht hervorragend auf das spätere Anwaltsdasein vor: Mit einer Besoldung von knapp 1300 Mark netto bekommt der angehende Jurist eine ungefähre Vorstellung davon, was es heißt, im Anwaltsproletariat tätig zu sein.
Düsseldorf RICHARD ENDRESS
Die juristische Ausbildung vermittelt - dies zeigt schon ein Blick ins Curriculum - keinerlei betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Diese wären aber für die Masse der Studierenden dringend von Nöten: Wie soll ein junger Anwalt den Wirtschaftsbetrieb Kanzlei führen oder ein Unternehmen fachgerecht beraten, ohne die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen erkennen und damit berücksichtigen zu können? Die Defizite in der Ausbildung müssen hernach ausgeglichen werden - zumeist im Echtzeit-Betrieb und im Wege des trial and error.
Radebeul BERND RINGHOF, RECHTSANWALT
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