Jeannine Budelmann

Neu im Job Was bei Überforderung hilft – und was bei Unterforderung

Jeannine Budelmann
Eine Kolumne von Jeannine Budelmann
Struktur bei der Arbeit ist wichtig. Aber woher soll man wissen, wie viel zu viel ist – und wie viel zu wenig? Ein einfaches Konzept kann helfen.
Wann ist man aus- und wann überlastet? Wer neu im Job ist, muss oft erst das richtige Maß finden. (Symbolbild)

Wann ist man aus- und wann überlastet? Wer neu im Job ist, muss oft erst das richtige Maß finden. (Symbolbild)

Foto: Ekaterina Goncharova / Getty Images
Onboarding – die Kolumne zum Berufseinstieg

Aller Anfang ist schwer. Das gilt für Beziehungen, das Leben in einer neuen Stadt und natürlich auch den Berufseinstieg. Wie etabliere ich mich im Team, ohne mich selbst aufzugeben? Wie beweise ich, was ich draufhabe, ohne die Ellenbogen auszufahren? Und ab wann kann ich eigentlich ein Sabbatical verlangen?

Über diese und ähnliche Themen schreibt in dieser Kolumne Jeannine Budelmann, Jahrgang 1986. Sie ist kaufmännische Geschäftsführerin von HANZA Tech, einem Unternehmen, das industrielle Elektronik entwickelt und herstellt. Außerdem berät sie als Coachin bei Problemen im Berufsleben.

Wer gerade ins Berufsleben einsteigt und vom neuen Arbeitgeber nicht richtig betreut wird, kann schnell in eines von zwei Extremen verfallen: Entweder hat man das Gefühl, dass alles zu viel ist – oder im Gegenteil, dass man nicht gebraucht wird. Beides ist unangenehm und führt zu Frust. Gerade als Berufseinsteiger:in weiß man aber mitunter nicht so recht, wie man das Thema bei Vorgesetzten adressieren kann.

In solchen Fällen kann ein einfaches Mittel helfen: ein Zeitplan.

Bei Überforderung

40 ungelesene E-Mails, die Chats mit den Kolleg:innen quellen über, die Chefin klopft an die Bürotür und will nur mal eben was besprechen, und dann fängt auch noch das Telefon an, zu klingeln. An solchen Tagen ahnt man: Heute komme ich garantiert nicht pünktlich nach Hause. Vor lauter Absprachen, Besprechungen und Trubel vergisst man aber häufig zu reflektieren: Was habe ich heute eigentlich geschafft?

Es lohnt sich deshalb, regelmäßig innezuhalten und die Antwort auf diese Frage aufzuschreiben. Am besten so:

  • Notieren Sie alle beruflichen Aufgaben untereinander, die Sie im vergangenen Monat übernommen haben. Bei mir sind das beispielsweise: Onlinemeetings, Bearbeitung von Mails, Arbeit an Projekten, Kundenbesuche.

  • Überlegen Sie sich als Nächstes, wie viel Zeit sie jeweils mit einer Tätigkeit verbracht haben und notieren Sie die entsprechende Stundenzahl daneben. Wenn man Monate statt einzelner Tage oder Wochen betrachtet, fallen Sondereffekte nicht so deutlich ins Gewicht. Wenn etwa der engste Kollege eine Woche ausgefallen ist und Sie Aufgaben von ihm übernehmen mussten, würde sich bei der Analyse ein völlig falsches Bild ergeben, wenn Sie nur diese eine Woche betrachten würden.

  • Summieren Sie nun die Stunden.

  • Dann folgt der wichtigste Teil, die Analyse. Hier können Sie sich folgende Fragen stellen: Arbeite ich wesentlich mehr Stunden, als vertraglich vereinbart sind? Welche der aufgelisteten Tätigkeiten sind die mit dem höchsten Zeitanteil? Bin ich die richtige Person für diese Aufgaben oder gibt es andere, die sie genauso gut oder sogar besser lösen könnten? Was ist eigentlich meine primäre und wichtigste Aufgabe im Unternehmen? Wie viel Zeit räume ich dieser Aufgabe ein?

Auf Basis dieser Analyse lässt sich der Arbeitstag aufräumen. Manches kann man selbst umsetzen, etwa Kolleg:innen darum bitten, offene Fragen nicht mal eben an der Tür zu klären, sondern dafür einen Termin einzustellen. Genauso kann man sich Zeiten im Terminkalender blocken, in denen man still und konzentriert an den wichtigen Dingen arbeitet.

Für andere Veränderungen braucht es Unterstützung von den Vorgesetzten. Vielleicht zeigt sich ja, dass Sie Ihre Kernaufgabe gar nicht schaffen können, weil Ihnen dafür die Zeit fehlt und Sie eigentlich Entlastung durch Kolleg:innen bräuchten. Dann suchen Sie das Gespräch – für das eine solche Analyse eine wertvolle Gesprächsgrundlage bietet.

Bei Unterforderung

Wer das Gefühl hat, nur belanglose Dinge zu tun und ständig nach Aufgaben suchen zu müssen, kann ebenfalls den oben beschriebenen Weg gehen und eine entsprechende Liste erstellen. Am Ende kann man mit ihrer Hilfe nämlich auch aufzeigen, dass wertvolle Arbeitszeit nicht produktiv genutzt wird. Hier bietet es sich aber an, die Liste anders anzugehen, nicht den ganzen Monat zu betrachten, sondern einzelne Tage und Wochen und deren genauen Ablauf.

So zeigen sich Lücken im Tagesablauf besser. Auch Arbeiten, die sinnlos ausgeschmückt werden, kann man so besser entdecken. Es ist zum Beispiel relativ unwahrscheinlich, dass man als Berufseinsteiger:in zwei Stunden täglich E-Mails beantworten muss. Wenn sich aber ein solches Muster zeigt, kann man das als Grundlage für ein Gespräch mit den Vorgesetzten nutzen.

Auch hier kann man sich ähnliche Fragen stellen wie bei Überforderung, zuallererst natürlich: Was ist eigentlich meine primäre Aufgabe? Wer aufzeigen kann, wofür die Arbeitszeit draufgeht, wird eher auf Verständnis stoßen und neue, sinnvolle Aufgaben bekommen.

Später noch einmal Bilanz ziehen

Ich finde, ein solcher Zeitplan ist ein wahres Zaubermittel. Anfangs mag die Umsetzung schwierig sein, sie kostet schließlich zusätzlich Zeit und man muss auch wirklich dranbleiben. Langfristig aber führt genau das zu einer besseren Effizienz und damit einer höheren Zufriedenheit.

Natürlich lässt sich die Methode auch individuell anpassen und abwandeln. In jedem Fall aber kann man die Dokumente mit Datum versehen und aufbewahren. Nach ein paar Wochen oder Monaten macht man dann die gleiche Evaluation wieder und legt die Papiere übereinander. Zu sehen, dass sich Dinge (hoffentlich zum Positiven) verändert haben, macht zufrieden und motiviert.

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