
Plädoyer für mehr Schlaf Warum Studierende die Nacht nicht zum Tag machen sollten


Statt einer Nachtschicht lieber eine Nacht Schlaf: Zu einem erfolgreichen Studium gehört auch ausreichend Ruhe (Symbolbild)
Foto: Lucas Ottone / Stocksy UnitedLaut einer Studie der Techniker Krankenkasse schlafen die Deutschen im Schnitt 6,5 Stunden pro Tag beziehungsweise Nacht. Das klingt wenig. Doch Schlafmangel scheint irgendwie hip geworden zu sein. Wenig Schlaf steht für viel und harte Arbeit.
Dabei macht Schlafmangel im Gegenteil eher unproduktiv, wie zahlreiche Untersuchungen gezeigt haben. Warum das so ist und was du dagegen tun kannst, sehen wir uns nach einem kurzen Nickerchen an.
Gutes Zeitmanagement, die richtige Lernstrategie vor Prüfungen, Tipps für den Einstieg ins digitale Semester: In dieser Kolumne gibt Dr. Tim Reichel Rat zu Herausforderungen im Studium und zeigt, wie Studierende erfolgreich durch den Bachelor kommen – ohne Dauerstress.
Du stehst auch vor einem vermeintlich unlösbaren Problem im Studium oder hast eine Frage an Tim Reichel? Dann schreib uns an SPIEGEL-Start@spiegel.de .
Hallo, aufwachen! Wir waren beim Thema Schlafmangel und warum ausreichend Schlaf wichtig ist, um erfolgreich studieren zu können. Beginnen wir mit ein bisschen Wissenschaft.
Schlaf schärft deinen Fokus
Wenn du zu wenig schläfst, störst du deine kognitiven und motorischen Fähigkeiten. Einfacher gesagt: Du stellst dich dumm und ungeschickt an. Schlafmangel kann ähnliche Symptome wie Alkohol hervorrufen – und wir wissen alle, wie produktiv man nach zwei bis drei Gläsern Wein ist.
Dass wir übermüdet nichts auf die Reihe bekommen, liegt am Botenstoff Adenosin. Der wird in diesem Zustand – ebenso wie während eines Alkoholrausches – übermäßig viel ausgeschüttet. Adenosin hemmt deine Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit und sorgt dafür, dass du nicht fokussiert studieren kannst. Ausreichend Schlaf stellt hingegen sicher, dass du neue Reize schnell verarbeiten und dich über einen längeren Zeitraum konzentrieren kannst .
Schlaf stärkt dein Erinnerungsvermögen
In diesem Artikel habe ich erklärt, warum es sich nicht lohnt, in der Nacht vor der Prüfung zu lernen. Der Hauptgrund lautete: Durch den Schlafentzug bleiben die gelernten Informationen nicht in deinem Gedächtnis haften. Du lernst also mit äußerst bescheidener Wirkung und schwächst zudem deine Performance am nächsten Tag. Eine klassische Lose-lose-Situation.
Doch warum ist das so? Unser Gehirn verarbeitet einen großen Teil neuer Informationen im Schlaf. Wenn du diese Phase stark verkürzt, wird der neue Input nicht gespeichert, sondern gelöscht. Im Umkehrschluss unterstützt du mit ausreichend Schlaf die Erinnerungsfähigkeit deines Gehirns – wie zum Beispiel diese Studie zeigt . Und genau das brauchst du, wenn du effizient studieren möchtest.
Schlaf macht dich kreativ
Schlafmangel schädigt nicht nur deine Konzentration und blockiert dein Gedächtnis – er schränkt zudem dein Denkvermögen ein. Das bedeutet, dass du mehr Zeit benötigst, um Probleme zu lösen und um dich in neue Aufgaben hineinzudenken. Für dein Studium ist das maximal ungünstig.
Studien zeigen, dass die Kreativität durch ausreichend Schlaf gefördert wird. Außerdem ist ein ausgeruhter Geist deutlich produktiver und besser darin, neue Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln. Hier gibt es mehr Hintergrundwissen dazu.
Fünf Tipps, wie du besser schlafen kannst
Dass Schlafen im Studium ebenso wichtig ist wie Lernen, sollten nun selbst Jura-Studierende eingesehen haben. Damit das mit dem gesunden Schlaf auch klappt und du in Ruhe zu Bett gehen kannst, hier noch ein paar Ratschläge.
1. Betrachte Schlaf als etwas Positives
Viele Menschen assoziieren Schlafen mit Faulheit und distanzieren sich unterbewusst davon. Aus diesem Grund solltest du ein Reframing vornehmen und Schlaf ab sofort positiv betrachten. Denk dran: Schlaf tut dir gut, hält dich jung, frischt deinen Geist auf und so weiter…
2. Führe ein Schlafritual ein
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und Gewohnheitstiere mögen eine Sache ganz besonders: Rituale. Überlege dir deshalb ein eigenes Schlafritual, das du ab heute jeden Tag vor dem Schlafengehen durchführst. Das kann zum Beispiel sein, den nächsten Uni-Tag zu planen, eine Tasse Tee zu trinken oder in einem bestimmten Buch zu lesen. So signalisierst du deinem Kopf und Körper, dass jetzt die Ruhephase beginnt.
3. Vermeide blaues Licht
Vor dem Schlafengehen verbringen viele Menschen Zeit vor einem Bildschirm. Dabei ist es egal, ob sie mit ihrem Smartphone beschäftigt sind, Filme auf dem Tablet schauen oder am Computermonitor lernen. Die blauen Wellenlängen des Lichtes, die diese Geräte ausstrahlen, machen dich wach . Gewöhne dir deswegen an, 30 bis 60 Minuten vor dem Zubettgehen jede Art von Bildschirm zu meiden.
4. Schreib deinen Kopf leer
Gehörst du auch zu den Menschen, die abends im Bett liegen und vor lauter Grübeln keinen Schlaf finden? Denkst du an deine nächste Prüfung? Oder an die Abgabefrist deiner Hausarbeit? Dann mach es dir zur Gewohnheit, abends alles aufzuschreiben, was dir im Kopf herumgeht. So befreist du dich von störenden Gedanken, die dich am Einschlafen hindern.
5. Stehe immer zur gleichen Zeit auf
Rituale funktionieren nicht nur vor dem Schlafen, sondern auch danach. Eine feste Aufstehzeit gibt deinem Tag Struktur und hilft dir dabei, einen festen Schlafrhythmus zu etablieren. Gewöhne dir deshalb an, immer zur gleichen Zeit aufzustehen, unabhängig davon, wie lange du in der vorherigen Nacht geschlafen hast. Und ja: Auch dann, wenn deine erste Vorlesung erst um 14 Uhr beginnt. Diese Regelmäßigkeit beim Aufstehen führt irgendwann dazu, dass du abends immer zu einer ähnlichen Zeit müde wirst.
Fazit
Guter Schlaf ist eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Studium. Schlafmangel hingegen ist nicht hip und auch kein Zeichen von Fleiß oder Entschlossenheit. Wenn du ständig müde bist, wirst du niemals dein volles Potenzial abrufen können.
Nimm deinen Schlaf daher ernst und pflege ihn. Wie der Schriftsteller Mark Twain sagte: »Als Gott den Menschen erschuf, war er bereits müde; das erklärt manches.«