Dolmetscherin im Gespräch »Man muss ein Adrenalinjunkie sein, um in diesem Beruf über die Runden zu kommen«
Anne Berres' Job ist so anstrengend, dass sie sich bei der Arbeit nicht länger als 30 Minuten am Stück konzentrieren kann. Ihre Aufgaben sind so anspruchsvoll, dass sie oft nur im Team zu bewältigen sind. Und das Arbeitspensum für jeden ihrer Aufträge ist so hoch, dass sie nicht mehr als 70 Tage im Jahr im Einsatz ist – und damit gut ausgelastet.
Anne Berres arbeitet als freiberufliche Konferenzdolmetscherin für Deutsch und Englisch.
Berres darf keine Sekunde gedanklich abschweifen
Meistens dolmetscht sie simultan, das bedeutet, sie übersetzt Reden und Vorträge in Echtzeit. Berres war schon bei Beratungen des Fußballverbands UEFA zum Einsatz von Videoschiedsrichtern dabei und hat auf Hauptversammlungen von börsennotierten Unternehmen und Banken gedolmetscht. Dabei sitzt sie in der Regel in einer verglasten, schallisolierten Kabine, von der aus sie den Redner oder die Rednerin sehen kann. Das Gesagte hört sie über einen Kopfhörer, die Übersetzung spricht sie fast zeitgleich in ein Mikrofon.
Um das leisten zu können, muss sie hoch konzentriert sein, darf keine Sekunde gedanklich abschweifen. Und sie muss inhaltlich so gut vorbereitet sein, dass sie nicht lange überlegen muss, wie sie ein Wort oder eine Formulierung in die jeweils andere Sprache übersetzen würde. Als Freiberuflerin übernimmt Berres die verschiedensten Aufträge mit ganz unterschiedlichen Inhalten, sie muss also ein breites Spektrum an Themen abdecken können: Von technischen Vorträgen in der Automobilindustrie über die Vorstellung von Modekollektionen bis hin zu Dolmetscher-Jobs in Schiedsgerichten ist alles dabei.
Zur Dolmetscherin oder zum Dolmetscher kann man sich an Fachakademien ausbilden lassen . Die Ausbildung dauert in der Regel zwei bis drei Jahre und endet mit einer staatlichen Abschlussprüfung. Dort lernt man in erster Linie Konsekutivdolmetschen, also das Übersetzen nach einer Rede und nicht während des Redens.
Wer Konferenzdolmetschen und damit hauptsächlich Simultandolmetschern lernen und auf Konferenzen arbeiten möchte, wie Anne Berres, muss Übersetzungswissenschaften an einer Hochschule studieren und sich im Master auf Konferenzdolmetschen spezialisieren.
Es gibt nur wenige Festanstellungen für Konferenzdolmetscherinnen- und dolmetscher, etwa bei Bundesbehörden. Viele arbeiten daher freiberuflich , beispielsweise in der freien Wirtschaft oder für die Europäische Union . Sie organisieren sich in Verbänden wie etwa dem Verband der Konferenzdolmetscher .
Eine Umfrage des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer hat ergeben, dass festangestellte Dolmetscher im öffentlichen Dienst knapp 58.000 Euro im Jahr verdienen. Als freiberufliche Dolmetscherin wird man nach Tagessatz bezahlt, der in der freien Wirtschaft verhandelbar ist.
Weitere Informationen: Bundesagentur für Arbeit , studienwahl.de
Ist sie nach vier Jahren im Beruf immer noch vor jeder Konferenz nervös? Was kann sie tun, wenn ihr doch mal ein Fehler unterläuft? Und wie reagiert sie, wenn sie Vorträge übersetzten muss, deren Inhalt nicht mit ihren eigenen Wertvorstellungen zusammenpasst?
Über diese und weitere Fragen haben wir mit Anne Berres gesprochen.
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