

Studienarbeiten Das kann man echt abschreiben


Hausarbeit = Grausarbeit: Was tun, wenn die Motivation zum Schreiben fehlt? (Symbolbild)
Foto: Carol Yepes / Moment RF / Getty ImagesDas Semesterende naht, und damit auch die Abgabefristen für Hausarbeiten. Wer eine Geisteswissenschaft studiert, muss oft drei oder vier davon abgeben; andere Formen der Prüfungsleistung gibt es kaum – zum Graus vieler Studierender.
Studentin Şevval, 23, etwa schrieb mir: »Mir fehlt jegliche Freude am Schreiben meiner Hausarbeiten. Die Themen werden uns meistens aufgedrückt. Wie man wissenschaftliche Arbeiten schreibt, bringt uns niemand bei. Die Dozierenden haben alle ihre eigenen Vorstellungen und das macht das Schreiben wirklich nicht einfacher. Prokrastination, Stress, schlechte Noten sind die Folge.«
So gelingt die nächste Hausarbeit
Von den Studierenden in meiner Fachstudienberatung höre ich solche Klagen häufig. Wissenschaftliches Schreiben wird an den Hochschulen oft als bekannt vorausgesetzt – oder es wird an die Prüfenden delegiert, es den Studierenden beizubringen. Die können die zusätzliche Arbeit jedoch oft nicht übernehmen, mit der Folge, dass die Studierenden auf sich gestellt sind. Wenn dann noch das Thema der Arbeit nicht zu den eigenen Interessen passt, sind der Motivation keine Grenzen gesetzt – nach unten.
Aber keine Sorge, mit diesen sechs Tipps wird deine nächste Hausarbeit zum Erfolg (oder zumindest etwas weniger anstrengend).
Gutes Zeitmanagement, die richtige Lernstrategie vor Prüfungen, Tipps für den Einstieg ins digitale Semester: In dieser Kolumne gibt Dr. Tim Reichel Rat zu Herausforderungen im Studium und zeigt, wie Studierende erfolgreich durch den Bachelor kommen – ohne Dauerstress.
Du stehst auch vor einem vermeintlich unlösbaren Problem im Studium oder hast eine Frage an Tim Reichel? Dann schreib uns an SPIEGEL-Start@spiegel.de.
Finde interessante Details
Kümmern wir uns zunächst um das Thema, das dir »aufgedrückt« wird. Oft werden die Themen für Hausarbeiten tatsächlich von Lehrstühlen ausgeschrieben oder direkt von den Prüfenden bestimmt. Große Änderungen am Schwerpunkt der Hausarbeit sind dann nicht möglich. Dennoch gibt es einen gewissen inhaltlichen Spielraum, den du nutzen kannst, um das Thema für dich interessant zu gestalten.
Gibt es Unterthemen, die du spannend findest? Die Bedeutung der Medien im antiken Griechenland zum Beispiel. Oder kannst du kuriose Details erkennen? Der Star-Ökonom Harry Markowitz bekam für seine neue Portfolio-Theorie zwar den Nobelpreis, legte sein eigenes Geld aber ausschließlich konservativ an. Versuche dann, diese interessanten Aspekte in deiner Arbeit zu berücksichtigen.
Ordne dein Thema ein
Einige Hausarbeiten wirken auf den ersten Blick furchtbar langweilig. Bei näherer Betrachtung kann sich allerdings herausstellen, dass das Thema »gar nicht so schlimm« oder sogar »interessant (sic!)« ist. Lies dich daher zunächst ausführlich in dein Thema ein. Wie fügt es sich in den Kontext des Faches ein? Für welche anderen Inhalte bildet es eine Grundlage? So erkennst du deine Hausarbeit als kleinen Teil eines großen Wissenskomplexes.
Außerdem werden so neue Perspektiven sichtbar: Natürlich war Hildegard von Bingen eine Theologin aus dem Mittelalter – aber vielleicht war sie auch eine Vorreiterin des modernen Feminismus. Ja, die Berechnung einer Aluminium-Legierung ist langweilig – aber nur mit diesem Baustoff kann Teslas Hyperloop gebaut werden.
Konzentriere dich aufs Handwerk
Wenn dich das Thema immer noch nicht umhaut, hilft nur eines: radikale Akzeptanz. Richte deinen Fokus von nun an nicht mehr auf den Inhalt, sondern konzentriere dich aufs Handwerkliche. Stelle das wissenschaftliche Schreiben in den Mittelpunkt deiner Bemühungen und sieh deine Hausarbeit als Vorbereitung für deine spätere Bachelor- oder Masterarbeit.
Insbesondere wenn du zum ersten Mal wissenschaftlich schreibst, kann es hilfreich sein, möglichst systematisch vorzugehen. Frage deshalb bei deiner Prüferin oder dem Sekretariat nach einem Leitfaden fürs wissenschaftliche Arbeiten, besorge dir entsprechende Lehrbücher aus deiner Uni-Bibliothek und lies andere Studienarbeiten. Literatur recherchieren, korrekt zitieren, eine Gliederung in Word bauen: All diese Dinge wirst du in deinem Studium immer wieder brauchen.
Überspringe den ersten Satz
Kommen wir zum Schreiben. Da zeigt die Erfahrung: Der Anfang ist das Schwierigste. Ist diese Hürde erst einmal übersprungen, läuft es (fast) von allein. Daher solltest du bei Startschwierigkeiten genau das tun: den Anfang überspringen. Lass den ersten Satz weg und beginne beim zweiten. Hakt es dort auch, springe noch weiter nach vorn.
Fang einfach an der Stelle an, an der du anfangen möchtest – ungeachtet der Gliederung. Erstens kannst du den Anfang später immer noch schreiben – häufig ist das sogar eine gute Strategie, weil du am Ende deines Textes besser weißt, wie du die Einleitung aufbauen solltest. Und zweitens geht es nur darum, dass du ins Schreiben kommst.
Und falls auch das nicht hilft:
Schreibe ab
Ja, richtig gelesen. Aber bevor die Guttenberg-Sirene angeht: Ich will dich nicht zum Plagiieren ermutigen, sondern dir einen Trick verraten. Schreiben ist ein Handwerk – im Prinzip eine mechanische Tätigkeit, bei der deine Hände und Finger bewegt werden. Diese Eigenschaft kannst du dir zunutze machen, um Schreibblockaden zu überwinden. Nimm dir einen fremden Text und schreibe ihn ab. Nicht damit du ihn später verwenden kannst, sondern um dich warm zu schreiben. Es geht nicht um die Inhalte – es geht um den Prozess, die Ausführung an sich, das Gefühl. Wenn du erst einmal schreibst, fällt es dir leichter weiterzuschreiben.
Schreibe nur fünf Minuten
Eine Hausarbeit als Ganzes kann wie eine unüberwindbare Aufgabe wirken. Dagegen hilft die Fünf-Minuten-Regel: Bei dieser Methode legst du eine kleine, konkrete Schreibaufgabe fest und bearbeitest sie nur fünf Minuten lang. Wenn du nach fünf Minuten absolut keine Lust mehr hast, hörst du einfach auf und machst etwas anderes. Der Trick an der Sache ist aber, dass du dich nach fünf Minuten sehr wahrscheinlich nicht zurückziehen wirst. Viele denken nämlich: »Jetzt habe ich einmal angefangen, dann kann ich auch weiterschreiben.«
Fazit
Selbst wenn die Hochschule die Themen für deine Hausarbeit vorgibt, kannst du mit etwas Rechercheaufwand Einfluss auf den Inhalt nehmen. Falls das nicht gelingt, solltest du dich auf den Schreibprozess fokussieren, sozusagen als Vorbereitung für deine spätere Abschlussarbeit. Deine Hausarbeit ist nichts anderes als ein Mosaiksteinchen im Rahmen deiner akademischen Ausbildung – und je glanzvoller du diese Herausforderung meisterst, desto heller strahlt am Ende dein Studium als Gesamtkunstwerk.