Promotionsförderung Welche Stipendien es für die Doktorarbeit gibt – und wie man sie bekommt

Den Doktorhut muss man sich hart erarbeiten (Symbolfoto)
Foto: A3749 Steffen Kugler/ dpaDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Während der Doktorarbeit arbeiten viele Promovierende parallel an der Uni – das ist aber längst nicht die einzige Option. »Es gibt nicht den goldenen Weg zur Promotion«, sagt auch Sybille Küster, Geschäftsführerin der zentralen Graduiertenakademie GRADE der Goethe-Universität Frankfurt.
»Als wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in zu promovieren, hat die Vorteile, dass die Promovierenden die arbeitnehmerüblichen Versicherungen haben, einen Einblick in den universitären Forschungsalltag bekommen und Lehrerfahrung sammeln können.« Allerdings: »Dadurch, dass sie in die Lehre eingebunden sind, haben sie jedoch weniger Zeit für ihre Promotion«, so Küster. Die Stellen an den Universitäten seien zudem begrenzt. »Für Promovierende, die keine Stelle finden, und für die, die schneller durchkommen wollen, sind Stipendien ein guter Weg.«
Laut myStipendium gibt es in Deutschland mehr als 3000 Stipendienprogramme. Doch wie bekommt man ein Stipendium, und was kann man von der Förderung erwarten? In der Reihe »Stipendien erklärt« stellen wir verschiedene Stipendiengeber vor – von den großen Begabtenförderungswerken bis zu privaten Stiftungen.
Promotionsförderung der Begabtenförderungswerke
Die 13 Begabtenförderungswerke vergeben etwa ein Viertel aller Stipendien in Deutschland: 2020 förderten sie knapp 31.000 Studierende und auch 4370 Promovierende. Neben einer finanziellen Förderung erhalten Stipendiat:innen eine ideelle Förderung, etwa in Form von Seminaren und Netzwerkveranstaltungen. Zusätzlich zu wissenschaftlicher Exzellenz müssen Bewerber:innen gesellschaftliches Engagement nachweisen.
Mehr über den Auswahlprozess für die Studienförderung und die Begabtenförderungswerke allgemein erfahrt ihr hier.
Förderung:
Promovierende werden in der Regel zwei Jahre lang gefördert, auf Antrag auch darüber hinaus. Pro Monat erhalten sie 1350 Euro plus eine monatliche Forschungskostenpauschale von 100 Euro. Promovierende mit Kind erhalten weitere Zuschüsse . Je nach Stiftung gibt es weitere unterschiedlich hohe Zuschüsse, etwa für Forschungsaufenthalte, Konferenzbesuche, Tagungen.
Pros und Cons:
»Die zusätzlichen Qualifizierungsmöglichkeiten der Stiftung sind ein großer Vorteil«, sagt Küster. Das ideelle und inhaltliche Programm biete Vernetzungsmöglichkeiten und fördere den Austausch mit anderen Promovierenden.
Tipps:
Bei gleicher Qualifikation können die Begabtenförderungswerke vorrangig ehemalige Stipendiat:innen aufnehmen. Für Studierende, die eine Promotion in Erwägung ziehen, kann es also sinnvoll sein, sich bereits im Studium zu bewerben.
»Auch wenn man die dem Begabtenförderungswerk nahe Partei zum Beispiel nicht unbedingt wählen würde, kann man sich trotzdem dort für die Promotionsförderung bewerben«, sagt Küster. Jedes Werk und jede Stiftung haben eigene Schwerpunkte. »Es ergibt Sinn zu schauen, wo man mit dem jeweiligen Promotionsthema am besten hinpasst.«
Stiftungen in freier Trägerschaft
»Stiftungen in freier Trägerschaft sind oft viel stärker auf bestimmte Fächer oder Zielgruppen ausgerichtet«, sagt Küster. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt beispielsweise fördert Doktorand:innen, die sich in ihrer Forschung mit der Lösung von ökologischen Problemen befassen. Die Gerda-Henkel-Stiftung fördert Promotionen aus dem Bereich der Historischen Geisteswissenschaften.
Eine Auflistung von Stiftungen und Förderprogrammen gibt es hier .
Förderung:
Je nach Stiftung variiert die Förderdauer zwischen ein bis drei Jahren. Die Promovierenden erhalten meist einen Stipendiengrundbetrag zwischen 1200 und 1500 Euro monatlich und gegebenenfalls Auslands- oder Familienzuschläge.
Pros und Cons:
»Vorteil dieser Stiftungen ist, dass sie in ihrem Feld oft ein hohes Ansehen genießen«, sagt Küster.
Bei manchen Stiftungen dürfen Stipendiat:innen während der Förderzeit nicht mehr als fünf Stunden pro Woche arbeiten. Da zwischen ihnen und der Stiftung kein Angestelltenverhältnis besteht, werden keine Sozialversicherungsbeiträge übernommen.
Tipps:
Auch einige unternehmensnahe Stiftungen unterstützen Promovierende finanziell. Die Evonik-Stiftung beispielsweise fördert naturwissenschaftliche Promotionen, die Hertie-Stiftung Promotionen im Bereich Humanmedizin.
Stipendien werden nicht besteuert. »Den Stipendiat:innen steht der volle Betrag zur Verfügung, mit dem sie allerdings alle anstehenden Kosten, beispielsweise für Krankenversicherung oder Altersvorsorge, selbst tragen müssen«, so Küster. Da das Stipendium kein Arbeitsvertrag ist, sind Stipendiat:innen nicht sozialversichert und haben nach Ablauf der Förderung keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Promotion mit Unternehmen
Promotionen mit Unternehmen sind sogenannte kooperative Promotionen: »Die Promovierenden arbeiten und forschen im und für das Unternehmen mit dem Ziel, mit dieser Forschungsarbeit dann an einer Universität zu promovieren«, sagt Küster.
Förderung:
Es gibt unterschiedliche Fördermodelle. Meistens seien die Promovierenden in dem Zeitraum ihrer Promotion beim Unternehmen angestellt, so Küster. »Sie arbeiten zum Beispiel zwei Tage im Unternehmen und sind für die restlichen Tage freigestellt, um an ihrer Promotion zu arbeiten.« Vorteil sei, dass bei einer Anstellung die Sozialversicherungsbeiträge geklärt seien.
Bewerbung:
Laut Küster gibt es drei Möglichkeiten, an eine kooperative Promotion zu kommen: Ganz klassisch über eine Stellenausschreibung, über eine bereits etablierte Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und dem Hochschulinstitut, an dem man promovieren möchte. »Oder man arbeitet bei einem Unternehmen und fragt proaktiv nach Möglichkeiten, eine Promotion zu finanzieren.«
Pros und Cons:
Küster zufolge kann sich ein solches Modell vor allem für jene anbieten, die keine universitäre Karriere anstreben. »Man hat dann schon einen Fuß in der Tür eines Unternehmens.«
Es könne jedoch zuweilen zu Interessenkonflikten kommen, etwa bei der Datenauswertung. »Es gibt Unternehmen, die manche Daten Konkurrenzunternehmen nicht zugänglich machen möchten«, so Küster. Die Promovierenden hingegen müssen ihre Forschungsergebnisse meist zeitnah veröffentlichen, um ihren Doktortitel tragen zu dürfen.
Tipps:
»Um Konflikte zu vermeiden, ist es sinnvoll, sich vor der Promotion mit Alumni zu unterhalten«, sagt Küster. Außerdem empfiehlt sie, im Vorfeld möglichst genaue Absprachen über die Datensicherheit und das Eigentum der Daten zu treffen.
In einigen Bundesländern können sich Promotionsinteressierte für ein Stipendium der Landesgraduiertenförderung bewerben – beispielsweise in Hamburg , Baden-Württemberg oder Bayern . Stipendiat:innen erhalten meist zwischen 900 und 1200 Euro im Monat plus etwaige Zuschüsse. In Hamburg wird das Landesgraduiertenstipendium für jeweils ein Jahr bewilligt. Der Antrag muss über die Hochschule gestellt werden. Eine Auflistung der Regelungen nach Bundesland gibt es hier.
Graduiertenkollegs
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert Promovierende im Rahmen sogenannter strukturierter Promotionsprogramme. Professor:innen können bei der DFG einen Antrag stellen. »Ist dieser erfolgreich, erhalten sie neun Jahre lang Fördergelder für ein Graduiertenkolleg«, erklärt Küster.
Diese Programme bieten den Doktorand:innen einen organisatorischen Rahmen, Betreuung und fachliche sowie außerfachliche Qualifizierung. So gibt es etwa Angebote zu methodischen Kompetenzen, zur Karriereförderung oder Persönlichkeitsentwicklung. Diese sollen die Promovierenden auf Karrierewege innerhalb und außerhalb der Wissenschaft vorbereiten.
Förderung:
Die Förderung erfolgt in der Regel über 65-Prozent-Stellen, die die in der Vergangenheit üblichen Stipendien fast vollständig abgelöst haben. Die Promovierenden erhalten monatlich bis zu 1365 Euro, einen Sachkostenzuschuss von monatlich 103 Euro sowie etwaige Zuschüsse. Die Förderdauer beträgt meist drei bis vier Jahre.
Pros und Cons:
Promovierende profitierten vor allem von den Vereinbarungen, in denen Rechte und Pflichten der Betreuer:innen geregelt sind, sagt Küster. »Der Betreuung der Promotion wird größere Aufmerksamkeit gewidmet.« Auch das Netzwerk innerhalb der Programme könne hilfreich sein. Graduiertenkollegs genössen ein hohes Ansehen in der wissenschaftlichen Community.
Tipps:
»Wer im Master ist und über eine Promotion nachdenkt, sollte sich bereits bei den Fakultäten über Stellenausschreibungen informieren, auch im Kontext von Graduiertenkollegs«, sagt Küster. Die Hochschulen sind zur Ausschreibung solcher Stellen verpflichtet.
Eine Liste laufender Graduiertenkollegs gibt es hier.
»Bewerbungen für ein Promotionsstipendium werden üblicherweise zu Beginn der Promotionsphase eingereicht«, sagt Küster. Bei den meisten Promotionsförderprogrammen benötigten Bewerber:innen hierfür ein Exposé, einen Zeit- und Arbeitsplan sowie ein Motivationsschreiben, einen Lebenslauf, Zeugnisse und mehrere Fachgutachten bzw. Empfehlungsschreiben. Diese Unterlagen müssten in fast allen Fällen durch einen Nachweis über die Annahme als Doktorand:in an einer Hochschule vervollständigt werden.
Verbünde außeruniversitärer Forschungseinrichtungen
Auch die Max-Planck-Gesellschaft , die Leibniz -Gemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft bieten strukturierte Promotionsprogramme an. »Da sie selbst keine Doktortitel vergeben dürfen, kooperieren sie mit den Universitäten, die das Promotionsrecht innehaben«, sagt Küster.
Förderung:
In den Forschungseinrichtungen gibt es leicht unterschiedliche Modelle. Geförderte Max-Planck-Doktorand:innen beispielsweise arbeiten und forschen 39 Stunden pro Woche. Neben ihrer Dissertation erledigen sie oftmals weitere Aufgaben wie Anträge oder die Organisation von wissenschaftlichen Veranstaltungen. Drei Jahre lang erhalten sie dafür 2700 Euro brutto pro Monat. »Oftmals werden die Promovierenden zusätzlich mit geringer Stundenzahl in die Lehre der kooperierenden Hochschulen eingebunden«, sagt Küster.
Pros und Cons:
Zusätzlich zu den hauptverantwortlichen Betreuer:innen beraten meist noch weitere unabhängige Wissenschaftler:innen die Promovierenden. Außerdem können Promovierende von Weiterbildungen und dem Netzwerk der Forschungseinrichtung profitieren, sagt Küster.
Tipp:
Doktorandenstellen werden bei einigen außeruniversitären Forschungseinrichtungen das ganze Jahr über ausgeschrieben.