ZEW-Studie Studienabbrecher kosten den Staat viel Geld

Forschende haben berechnet, wie viel Geld durch Studienabbrüche verloren geht. Dabei kam heraus: Der Staat leidet zwar mehr – aber auch die Abbrecher machen merklich Miese.
Das Studieren nur zu probieren, kann aufs Leben gerechnet ziemlich ins Geld gehen

Das Studieren nur zu probieren, kann aufs Leben gerechnet ziemlich ins Geld gehen

Foto: Maskot / Getty Images

Ein Studium zu beginnen, ist ein Wagnis, denn es bedeutet im Vergleich zur Ausbildung, länger auf ein festes Einkommen zu verzichten und gleichzeitig laufende Kosten decken zu müssen. Im Gegenzug geht man davon aus, dass das Gehalt später mal deutlich höher ausfällt, als es bei der durchschnittlichen Ausbildung der Fall gewesen wäre – und man somit am Ende trotzdem ein Plus macht.

Doch was, wenn man das Studium abbricht? Eine neue Studie  des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kommt zu dem Ergebnis, dass durch einen Abbruch sowohl für den Fiskus als auch fürs Individuum Kosten entstehen, die im restlichen Arbeitsleben nicht wieder eingenommen werden. Die Auswirkungen sind enorm, denn etwa 28 Prozent der Studierenden brachen 2018 das Bachelorstudium ab , rund jede sechste das Masterstudium.

So lief die Studie ab

Mithilfe von Simulationen wurden die Einkommen und erwartbaren Steuereinnahmen von drei Gruppen untersucht, deren Daten stichprobenhaft dem sozioökonomischen Panel von 2016 und dem deutschen Steuer- und Transfersystem von 2018 entnommen wurden:

  • Personen, die noch nie ein Hochschulstudium angefangen, aber eine dreijährige Ausbildung abgeschlossen haben – die Referenzgruppe (356 Personen)

  • Personen, die ein Studium angefangen, nach zwei Jahren aber abgebrochen und danach eine dreijährige Ausbildung absolviert haben (273 Personen)

  • Personen, die ein fünf Jahre dauerndes Studium (Bachelor + Master) erfolgreich absolviert haben (1437 Personen)

Das wird laut der Simulation der ZEW-Forschenden gleich zum doppelten Minusgeschäft: Einerseits für die öffentlichen Haushalte, da die zu erwartenden Erträge aus Steuern und Abgaben der Abbrechenden über die folgenden 40 Jahre nicht die staatlichen Ausgaben für den Studienplatz einspielen können. Und andererseits für die Abbrechenden selbst. Sie hatten im Vergleich zur Referenzgruppe – Abiturienten, die direkt eine Ausbildung angefangen hatten – eine »negative individuelle Bildungsrendite«, also messbare Verluste durch den späteren Berufseinstieg und damit das spätere Erreichen höherer Gehaltsklassen.

Ein erfolgreich abgeschlossenes Studium erwirtschaftete für den Staat eine positive Rendite in Höhe von 6,6 Prozent, für das Individuum sogar von 14,2 Prozent bezogen auf das Bruttoeinkommen. Nach Abzug aller Steuern und Abgaben blieb dann immer noch ein 7,4 Prozent höheres Haushaltseinkommen als bei der Referenzgruppe, die nach dem Abi direkt eine Ausbildung gemacht hatte.

Studienabbrecher stehen schlecht da

Trotz des hohen Durchschnittswertes unterscheidet sich das Einkommen bei Studierten allerdings recht stark, je nach Fächerkombination. Oder wie es im Handout der Studie heißt: »Niedrigere Löhne wären zum Beispiel dann möglich, wenn sich die Fächerzusammensetzung der Absolvent:innen weiter in Richtung Geistes- und Sozialwissenschaften verändert.« Absolventinnen der Natur-, Rechts- und Ingenieurswissenschaften sowie der Medizin haben weiterhin bessere Karten im Gehaltspoker.

Schlechter als die Geisteswissenschaftlerinnen sind aber noch die Studienabbrecherinnen dran: Ein Studienabbruch nach zwei Jahren in Verbindung mit einer anschließenden dreijährigen Berufsausbildung bedeutete für sie ein Minus von 5,9 Prozent im verfügbaren Haushaltseinkommen. Ebenfalls bei 5,9 Prozent lag das Minus, das der Staat durch das Investment machte.

Was kann man dagegen tun?

»Es gibt Möglichkeiten, die negativen Auswirkungen zu verringern«, sagt Friedhelm Pfeiffer, Mitautor der Studie. Dazu gehöre unter anderem eine bessere Aufklärung und Beratung der Schulabgänger:innen über die Möglichkeiten und Bandbreiten von Ausbildungen. Zudem seien Maßnahmen zielführend, »die Studierende dabei unterstützen, ihr Studium erfolgreich zu beenden, wie etwa klar strukturierte Studienpläne und regelmäßige Kontakte zu Lehrenden«, sagt Pfeiffer. Also Dinge, die in gerade in der Coronapandemie vielerorts nicht oder nur sehr begrenzt möglich waren.

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