

Rasieren wegen FFP2-Masken? »Der Bart gehört zu meiner Persönlichkeit«
Ab diesem Montag gilt in Bayern beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr eine FFP2-Maskenpflicht. Weil die Mund-Nasen-Abdeckungen aber bei Bartträgern nicht dicht genug auf der Haut sitzen, geht die besondere Schutzwirkung verloren, warnen Experten. Schon durch Bartstoppeln liege die Maske nicht mehr eng genug an, sodass die Luft an den Rändern frei strömen kann, sagt etwa Christof Asbach, Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung: »Im Grunde bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, sich zu rasieren.«
Das ist leicht gesagt. Doch was, wenn im Bart jahrelange Arbeit und Pflege stecken? So wie bei Christian Feicht. Der 33-Jährige ist Präsident des Ostbayerischen Bart- und Schnauzerclubs 1996 und mit seinem Vollbart amtierender Süddeutscher Meister und italienischer Vizemeister in der Kategorie Freistil. Sich von seinem Bart zu trennen, bedeutete in seinem Fall, sich von einem Teil seiner Persönlichkeit zu verabschieden.
SPIEGEL: Herr Feicht, wie geht es Ihnen, jetzt, da ihr Bart ein Sicherheitsrisiko ist?
Feicht: Ich verstehe, dass es ein Restrisiko birgt, wenn die Maske nicht richtig anliegt wegen des Barts, aber ich sehe es nicht ein, dass sich Bartträger deswegen in letzter Konsequenz rasieren sollen, wie es manche Mediziner vorgeschlagen haben. Das kommt für mich nicht infrage. Definitiv nicht. Für meine Freundin übrigens auch nicht. Sie hat schon gesagt, das wäre für sie ein Trennungsgrund.
SPIEGEL: Oha. Wie lange hat es denn gedauert, bis ihr Bart die jetzige Länge hatte?
Feicht: Wachsen lasse ich ihn seit November 2015, Bart trage ich aber schon immer. Los ging es so mit 17, 18 Jahren. Früher habe ich ihn eine Zeit lang in Kurzform getragen, dann mal am Kinn ein wenig länger, jetzt hat er endlich meine Wunschlänge: 30 Zentimeter, von der Unterlippe gemessen.
SPIEGEL: Das ist stattlich.
Feicht: Dankeschön! Er ist leider nicht so dicht, aber das kann ich nicht beeinflussen. Jedenfalls nicht mit legalen Mitteln.
SPIEGEL: Gäbe es denn überhaupt einen Grund, weswegen Sie sich von Ihrem Bart trennen würden?
Feicht: Nur, wenn es aus gesundheitlichen Gründen unbedingt notwendig wäre, also für eine Operation am Hals vielleicht. Ansonsten fällt mir keiner ein.
SPIEGEL: Aber das Corona-Risiko wäre doch ein gesundheitlicher Grund.
Feicht: Ja, nur müssen beispielsweise die Angestellten im Einzelhandel auch keine FFP2-Masken tragen. Auch im Fernverkehr der Deutschen Bahn gilt keine FFP2-Maskenpflicht, sondern nur im Nahverkehr. Wenn man jetzt aber nach lückenloser Sicherheit schreit und wie manche Mediziner von den Bärtigen praktisch verlangt, dass sie sich rasieren, dann dürfte es auch andere Ausnahmen nicht geben. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich bin nicht gegen das Maskentragen. Ich weiß auch, dass man eine FFP2-Maske nicht den ganzen Tag ohne Probleme tragen kann: Bei meiner Arbeit als Erzieher muss ich auch eine tragen, und wir sollen nach spätestens 75 Minuten eine 20-minütige Pause machen, weil es sonst zu anstrengend ist mit dem Atmen. Aber abrasieren? Nein!
SPIEGEL: Was bedeutet der Bart denn für Sie?
Feicht: Er gehört zu meiner Persönlichkeit. Für mich war er die Eintrittskarte zur Welt. Ich litt früher an Flugangst und bin wenig gereist. Für die Teilnahme an Meisterschaften musste ich aber reisen. Dadurch habe ich viele verschiedene Menschen kennengelernt, war in unterschiedlichen Ländern in Fernsehbeiträgen zu sehen und habe auch eine gewisse Bekanntheit erlangt. Man kann auch sagen, dass ich so meine Freundin kennengelernt habe. Alles wegen der paar Haare im Gesicht, die im Endeffekt mein Leben auf den Kopf gestellt haben.
SPIEGEL: Haben Sie zum Schluss noch einen Tipp zum Maskentragen mit Bart?
Feicht: Teilweise flechte ich ihn zum Zopf oder binde ihn zusammen, damit er ein bisschen kompakter ist, enger am Hals liegt und nicht so rumfliegt. Die FFP2-Masken, die ich von meinem Arbeitgeber bekommen habe, sind sehr klein. Mag sein, dass die unter dem Kinn nicht hundertprozentig dicht sind, aber viel kommt da nicht durch. Vor der Pflicht zur FFP2-Maske habe ich mir oft ein Dreieckstuch umgebunden, damit der Bart auch ein bisschen abgedichtet wird.
SPIEGEL: Aber ein bisschen reicht nicht, da sind sich die Experten einig.
Feicht: Zum einen halte ich mich ja komplett an das, was der Gesetzgeber fordert. Wenn es wirklich darum geht, die Kinder und uns vor Risiken zu schützen, bräuchten wir Schnelltests wie die Pfleger im Altenheim. Das bereitet mein Arbeitgeber auch gerade vor, sodass wir demnächst noch eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme haben werden.