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Mode aus Afrika: Mehr als bunte Kleidung

Foto: Terimelda Hendo

Gründerin der Black Fashion Week "Das hatten die Leute noch nicht gesehen"

Der Westen gibt den Ton an in der Mode, Adama Paris möchte das ändern. Die Gründerin der Black Fashion Week erklärt, wie afrikanische Couture bereits die Modewelt bereichert - und warum sie das Haarthema nervt.
Von Isabel Barragán
Zur Person

Adama Paris, 43, heißt eigentlich Adama Amanda Ndiaye. Sie ist Modedesignerin und Gründerin der Dakar Fashion Week sowie der Black Fashion Week. Bevor sie Mode machte, arbeitete die promovierte Betriebswirtin bei einer französischen Großbank. Sie betreibt außerdem den Kanal Fashion Africa TV. Aktuell ist eine Installation von Paris in Berlin zu sehen in der Modeausstellung "Connecting Afro Futures. Fashion x Hair x Design" im Kunstgewerbemuseum.

SPIEGEL ONLINE: Frau Paris, vor 17 Jahren veranstalteten Sie in Dakar Ihre erste Fashion Week. Wie kam es dazu?

Adama Paris: Damals wollte ich etwas Neues machen, etwas Afrikanisches. Meine Familie ist aus dem Senegal. Vieles was ich gelernt hatte, kam aber aus der westlichen Welt, weil ich in Frankreich zur Schule ging. Dort lernte ich mich anzupassen und vergaß dabei meine eigene Kultur. Als ich nach Senegal kam, merkte ich, dass ich nicht das tun konnte, was ich wollte: mit Mode die Geschichte meiner eigenen Kultur erzählen.

SPIEGEL ONLINE: Was war das Problem?

Paris: Der Westen gibt bis heute den Ton an in der Mode. Aus dem Westen kommen die größten Modezeitschriften, die größten Fernsehsender, die größten Fashion Shows. Deshalb fällt es uns bis heute schwer, eine eigene afrikanische Mode zu entwerfen und international zu präsentieren. Die vergangenen 17 Jahre haben wir auch damit verbracht, unsere Kultur wieder zu entdecken und selbstbewusster zu werden.

SPIEGEL ONLINE: Wie sah die senegalesische Modeszene damals aus?

Paris: Wir waren unter den ersten, die in Senegal eine Modenschau machten. Damals gab es dort keine Öffentlichkeit für Mode. Wir verteilten überall Werbetafeln. Wir gingen bis in die Randbezirke, auch die ärmeren Gegenden, und veranstalteten dort unsere Shows.

SPIEGEL ONLINE: Wie kam das an beim Publikum?

Paris: Das war ein Knaller damals. So etwas hatten die Leute noch nicht gesehen. Wir hatten bald Shows mit 25.000 Besuchern.

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Mode aus Afrika: Mehr als bunte Kleidung

Foto: Terimelda Hendo

SPIEGEL ONLINE: Heute zeigen Sie auch in Paris, Genf und Montréal. Im Fernsehen haben Sie einen eigenen Fashion Kanal, der nicht nur in Afrika, sondern auch in 13 europäischen Ländern zu sehen ist.

Paris: Eigentlich wollte ich Designerin sein. Heute kennen mich viele eher als Aktivistin. Die Modenschauen sind für mich so etwas wie ein Afrikanischer Traum. Damit bin ich zu dem geworden, was ich bin.

SPIEGEL ONLINE: Und zwar?

Paris: Was wir normalerweise lernen ist: Wir müssen alle gleich sein. Wer in ein Land einwandert, muss sich integrieren. Ein Wort, das ich hasse. Integrieren bedeutet immer auch die eigene Kultur zu desintegrieren. Und das halte ich für falsch. Was ich gelernt habe ist: Ich kann schwarz sein, Afrikanerin, anders. Und das ist völlig in Ordnung. Ich liebe Frankreich, ich liebe Deutschland, ich liebe es durch die Welt zu reisen. Aber um das alles zu lieben, muss ich erst mich selbst lieben.

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Afrikanisches Design: Modewoche in Dakar

Foto: SEYLLOU/ AFP

SPIEGEL ONLINE: Ihre Fashion Shows in Europa tragen den Namen Black Fashion Week. Grenzen Sie sich mit dem Label nicht zu sehr ab?

Paris: Ich glaube nicht, im Gegenteil. Die Black Fashion Week hat ja nichts mit der Hautfarbe zu tun. Das ist eine Kulturbewegung. Die Black Culture gibt es schon seit dem Kolonialismus. Lange Zeit versteckten wir sie, einige Elemente sind aber längst in der westlichen Welt angekommen: Jazz, Blues, Hip-Hop oder Rhythm and Blues zum Beispiel. Zunächst machten das nur Schwarze. Damit war das noch eine Sache der Hautfarbe. Heute gibt es Sänger wie Justin Bieber oder Eminem. Die Black Culture hat sich als Musik also auch im Westen verbreitet. Genau das gleiche möchte ich mit Mode erreichen.

SPIEGEL ONLINE: Wie gehen Sie dabei vor?

Paris: Für meine Mode arbeite ich mit Textilien und Webern aus Afrika zusammen. Meine Designs sind aber international. Ich lass mich von allen Frauen inspirieren, die mir begegnen. Ich überlege, was sie für ihr Leben brauchen. Weil ich will, dass sie meine Sachen kaufen und meine Kleider in ihrem Schrank landen.

SPIEGEL ONLINE: Das klingt mehr nach hartem Business als nach Afrikanischem Traum.

Paris: So funktioniert Kapitalismus. In diesem System hat sich die Modebranche im Westen entwickelt. Wir müssen da mitmachen. Nur so können wir uns einem internationalen Publikum präsentieren. Ich bin Designerin, aber auch Unternehmerin. Und wenn Geld und Macht die Mittel sind, um das zu bekommen was wir wollen - dann nutze ich sie.

SPIEGEL ONLINE: Gehen Sie deshalb mit Ihren Shows in die Modemetropole Paris?

Paris: Meine Black Fashion Weeks mache ich auch in Paris, weil ich glaube, dass wir Teil der Pariser Modewoche sein können. Paris ist hart. Auch weiße Modedesigner haben es schwer, dort unterzukommen. Aber wenn man etwas nicht automatisch bekommt, dann muss man dafür kämpfen. Ich will in den Westen aufgenommen werden. Aber ich will nicht wie der Westen sein. Der Westen ist schön. Wir aber sind auch schön.

"Der Westen ist schön. Wir aber auch."

SPIEGEL ONLINE: Wie nehmen Sie Schönheitsideale in der Mode heute wahr? Geht man nach Ihrer Installation für die Ausstellung "Connecting Afro Futures", dann spielen Haare eine entscheidende Rolle.

Paris: Schönheit bedeutet in der Modewelt heute normalerweise lange, glatte Haare. Also: europäische Haare. In den großen Modemagazinen sieht man kaum Schwarze, höchstens eine wie Naomi Campbell. Selbst die aber hat lange, glatte Haare. Als ich aufwuchs fand ich meine Haare deshalb hässlich. Ich erinnere mich an ein Bewerbungsgespräch in Frankreich. Damals war ich noch Bankerin. "Könnten Sie Ihre Haare für uns besser kämmen?" fragten sie mich. "Oder wenigstens glätten?" Das konnte ich kaum glauben. Ich war Bankerin, hatte einen Doktortitel. Und die fragten mich nach meinen Haaren? Für die Ausstellung ließ ich deshalb Porträtfotos von mir machen, mit verschiedenen Haarstilen. Mal als sexy Mädchen, mal im Bollywood-Look. Ich will damit zeigen: Wir sind nicht unsere Haare. Unser Wert bemisst sich nicht nach ihnen.

SPIEGEL ONLINE: Nach welchen Schönheitskriterien suchen Sie Ihre Models?

Paris: In den vergangenen 17 Jahren habe ich nie mit Agenturen gearbeitet. Wir suchen über Facebook und Instagram. Dort suchen wir auch asiatische Models, europäische Models. Wenn Weiße zum ersten Mal zu unseren Shows kommen, dann erwarten sie oft, dass alle Models Schwarze sind und Ankara-Kleider tragen. Aber so stolz ich darauf bin schwarz zu sein, so ungern arbeite ich nur mit Schwarzen zusammen. Wir wollen die Besten der Besten, ganz gleich welche Hautfarbe.

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