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Fotostrecke: Das "Pluriversum" laut Gucci

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Gucci in Mailand Frankenstein trifft "Game of Thrones"

Alessandro Michele konstruiert aus Leder, Seide und Brokat fantastische Kleider. Mit einer Explosion aus Farben und Stoffen hat der gefeierte Gucci-Designer die Mailänder Modewoche offiziell eröffnet.

Alessandro Michele ist in der Modewelt der Mann für Grundsatzdebatten, auch bei der Mailänder Modewoche forderte er die Betrachter seiner Kreationen heraus. Seine zentrale Frage: Wer bestimmt, was wir sind?

Michele ist Kreativdirektor von Gucci und seit drei Jahren verantwortlich für den derzeit größten Hype in der Modewelt. Gucci beherrscht Instagram, das Label war im vergangenen Jahr die am meisten gesuchte Modemarke bei Google, und der Umsatz stieg um fast 50 Prozent. Große Logos, Fellpantoffeln, Stickereien: Michele steckt hinter vielen Trends. Kaum jemand hat im Moment verrücktere Ideen als er, das unterstrich Michele am Mittwoch in Mailand erneut eindrucksvoll.

Es war wie immer ein Aberwitz an Ideen, die er zusammenbringt. Michele erzeugt auf dem Laufsteg Bilder, die auch verstören können. Models mit einem künstlichen dritten Auge auf der Stirn oder Drachen auf dem Arm schickte er durch einen nachgebauten Operationssaal. "Unser Job hat etwas Chirurgisches: schneiden, zusammensetzen, experimentieren", sagte der Modemacher. Mit seiner Schau wolle er beweisen, dass hinter all dem Durcheinander in einem Job wie seinem letztendlich doch "wissenschaftliche Klarheit" stecke.

In seinen Pressetexten, die eher Essays sind, will er wichtige Debatten anstoßen. Zum Beispiel: Unsere Identität ist nur eine soziale und kulturelle Konstruktion. Mann oder Frau, Christ oder Muslim (es gab Hidschabs zu sehen), Hoch- oder Straßenkultur - Alessandro Michele hält nichts von solchen Kategorien. Er ist bereits im Posthumanismus. "Cyborg", so nannte er die Gucci-Show - obwohl einige Entwürfe deutlich von den Patriziern inspiriert sind.

Ein Model präsentiert einen Entwurf aus der Herbst-Winter-Kollektion von Gucci.

Ein Model präsentiert einen Entwurf aus der Herbst-Winter-Kollektion von Gucci.

Foto: TONY GENTILE/ REUTERS

So facettenreich wie das menschliche Ego sind auch die Kollektionen, die Michele seit drei Jahren für Gucci über den Laufsteg schickt. Seine Designs spiegeln verschiedene Ethnien, Kulturen und Klassen: hybride Identitäten. Im Herbst kombiniert er Sikh-Turbane mit südamerikanischen Mustern, Geschäftskleidung mit solcher im College-Stil. Einige Models trugen kristallenen Kopfschmuck, zwei ihren Kopf unter dem Arm (als Nachbildung) - laut Michele ein Sinnbild für Identitätskrisen.

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"Wir sind der Dr. Frankenstein unserer Leben", sagte er nach der Show. Dementsprechend zusammengewürfelt wirken manche der Outfits auf den ersten Blick. Eine Explosion an Farben und Materialien: Chiffon, Wolle, Leder, Seide, Tuch, Samt und Brokat in Grün, Rot, Schwarz, Braun, Weiß, Beige, dazu jede Menge Zierrat. Doch unter den insgesamt 90 gezeigten Looks sind definitiv Teile, die einzeln getragen nicht ganz so bombastisch wirken wie der Von-Kopf-bis-Fuß-in-Gucci-Style. Am schönsten ist Micheles Arbeit, wenn er nicht ganz so aufdreht.

Parcours statt Fashion-Show

Mit einer spektakulären Installation hatte Moncler am Dienstagabend die Mailänder Modewoche eingeläutet. Statt eine Fashion-Show zu sehen, durchliefen die Gäste einen Parcours von acht monumentalen Rauminstallationen. In jeder präsentierte ein anderer Designer seinen Blick auf die Marke. Im Mittelpunkt der Kollektionen stand die Daunenjacke, das Schlüsselelement des italienischen Traditionslabels. Pierpaolo Piccioli zum Beispiel, im Hauptberuf Kreativdirektor bei Valentino, schuf gesteppte Couture-Kreationen. Der Brite Craig Green verpackte den Menschen in wuchtige, surreal anmutende Kleidungsskulpturen.

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Monclers Multi-Designer-Strategie: Abgespaced und absolut tragbar

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Die Modewoche in Mailand läuft noch bis Montag. Bis dahin werden rund 160 neue Kollektionen und 64 Modenschauen gezeigt.

löw / AP / dpa
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