
Feng-Shui-Hotels in Deutschland: Übernachten in Harmonie
Feng-Shui-Hotels in Deutschland Harmonisch schlummern
Wer das TAOme Feng Shui Stadthotel betritt, merkt zunächst nichts von Feng Shui. Statt Papierlampen wie im China-Restaurant und sprudelnden Zimmerbrunnen, wie der Laie vermuten könnte, hängt ein Flachbildfernseher über der Rezeption. Im Grunde sieht es aus wie in jedem anderen Hotel auch. Und das mit Absicht.
"Sie werden hier keine verrückten Dinge wie chinesische Schriftzeichen oder vorgegebene Farben finden", sagt Hotelberater Helmut Gräßle, 58, der das Feng-Shui-Konzept ins südbadische Emmendingen gebracht hat. Schließlich will man keine potenziellen Gäste abschrecken. Er sagt: "Alles, was wir wollten, ist, ein Hotel zu bauen, in dem der Mensch in Harmonie mit seiner Umwelt lebt."
Und genau das will die traditionelle Harmonielehre erreichen, die in China seit mehreren tausend Jahren praktiziert wird. Sie besagt, dass das Universum von Energielinien durchzogen ist, dem Chi. Wer Gebäude, Möbel oder seinen Garten richtig gestaltet, soll den Chi-Fluss positiv verändern können - und dadurch im Einklang mit der Umgebung leben. Heute gilt Hongkong als Zentrum der Lehre, wo selbst Hochhäuser manchmal nach Feng-Shui-Aspekten gebaut werden. Im Westen stößt die Lehre oft auf Skepsis: Nicht naturwissenschaftlich begründet, lautet die Kritik.
In dem 2013 fertiggestellten TAOme-Hotel wird Feng Shui daher wenig offensichtlich verfolgt. "Bevor der Estrich gegossen wurde, haben wir eine Silberfolie aufs Fundament aufgebracht", erzählt Gräßle. Dadurch könne man "störende Faktoren, die aus der Erde kommen", von der Lobby fernhalten. Alle Kabel im Haus sind speziell isoliert, um elektromagnetische Strahlung abzuschirmen, während die Eingangstür besonders groß geraten ist. "So kommt viel positive Energie herein."
Kleine Nische der Feng-Shui-Hotels
Um beim Bau nichts falsch zu machen, engagierte der Hotelinhaber eine Feng-Shui-Beraterin. In jedem Raum stehen nun nur abgerundete Möbel, der Beton enthält "vitalisierendes Wasser". Die Luft im Gebäude wird durch Schwebstofffilter gereinigt, in jedem Zimmer lässt sich der Strom komplett abstellen. Auf W-Lan müssen die Gäste aber gezwungenermaßen verzichten - wegen der Strahlung. "Dafür bieten wir jedem Gast ein kostenloses Lan-Kabel an", sagt Gräßle. Ein Handyverbot wegen der Strahlung gibt es aber nicht, das wäre wohl weltfremd.
Allzu viele Menschen, die explizit nach Hotels verlangen, die sich nach der chinesischen Lehre richten, scheint es bisher nicht zu geben. Wer im Internet sucht, findet für Deutschland nur drei Unterkünfte, die bewusst mit dem Label werben. Eines davon, das Melarose-Feng-Shui-Hotel in Berlin, will nach eigenen Angaben das Konzept sogar wieder verändern. Warum die Nische bisher so klein ist, weiß beim Hotelverband Dehoga niemand: "Wir haben dazu keinerlei Zahlen, Daten und Fakten", sagt Dehoga-Sprecher Christopher Lück.
Vor elf Jahren eröffnete mit dem Corbin-Hotel Freising das erste Feng-Shui-Hotel in Deutschland. "Wir sind noch immer voll im Trend", sagt Geschäftsführer Gerhard Kostka von Liebinsfeld und belegt das mit einer Auslastung von 70 Prozent. Auch er setzt auf abgerundete Möbel, metallfreie Lattenroste und abgeschirmte Stromkreise. Aber: Rund 90 Prozent der Gäste seien Geschäftsreisende ohne Feng-Shui-Kenntnisse. Schwer vorstellbar, dass diese Zielgruppe ein W-Lan-Verbot mitmachen würde.
Harmonie ist teuer - für den Hotelier
Solche Befürchtungen schrecken womöglich viele Hoteliers ab. Das glaubt der Berufsverband für Feng Shui und Geomantie. "Was man nicht beweisen kann, ist in Deutschland nichts wert", sagt Christoph Martin, der Geschäftsstellenleiter des Verbands. "Niemand will sich festlegen, um den eigenen Kundenkreis nicht einzuengen." Dabei sei die Hotelbranche eigentlich prädestiniert für Feng Shui. "Es geht doch darum, dass sich der Mensch wohlfühlt."
Martin schätzt, dass im Hotelgewerbe weit mehr Firmen nach der chinesischen Einrichtungslehre arbeiten, als allgemein bekannt ist. "Gerade im Wellnessbereich gehört das oft zum Gesamtkonzept. Wenn man in deren Prospekte schaue, stehe davon aber nichts drin - um nicht als verrückte Esoteriker abgestempelt zu werden.
Tatsächlich finden sich dafür Beispiele: Im Wellnesshotel Zum Kurfürsten in Bernkastel etwa wird Feng Shui seit Jahren praktiziert - ohne dass die Gäste etwas davon erfahren. Geschäftsführerin Carina Laux spricht von Kraftquellen, Geburtselementen und energetisch abgemilderten Bodenbelägen. Seit Jahren berate ein chinesischer Meister das Unternehmen.
Aber damit werben? "Warum sollten wir uns den Stress machen, wenn wir auch so erfolgreich sind?", fragt Laux. Im Schnitt sei ihr Hotel zu 90 Prozent ausgebucht - weil die Gäste sich unbewusst wohlfühlten. Ohnehin verstehe jeder etwas anderes unter Feng Shui: "Viele westliche Berater verfahren nach dem Motto: Kanten weg, Pflanze rein, fertig. Aber in Wahrheit steckt sehr viel mehr dahinter."
Auf jeden Fall ist die Umsetzung nicht billig. Im TAOme-Hotel hat der Neubau laut Helmut Gräßle 30 Prozent mehr gekostet als bei normaler Bauweise. Zu einem Aufschlag bei den Zimmerpreisen konnte sich das Management aber bisher nicht durchringen: Auch Feng-Shui-Anhänger haben schließlich nicht zwangsläufig vollere Portemonnaies.