
Fotostrecke: Schlafen bei Armani, essen bei Gucci
Von Haute Couture zur Haute Cuisine Schmeckt's Schwein besser, wenn Gucci kocht?
In Florenz können Feinschmecker und Fashionistas nun Gucci-Küche kosten. In einem 1337 erbauten Palazzo mit Blick über die Piazza della Signoria serviert der Drei-Sterne-Koch Massimo Bottura seit Mittwoch Klassiker wie Parmigiano-Reggiano-Tortellini oder Pilzrisotto. Weil peruanische Küche gerade angesagt ist, listet die Speisekarte der Gucci Osteria auch Tostadas und Schweinebauch im Brot. Preislich bewegen sich die Gerichte zwischen 20 und 30 Euro, meldet Reuters.
"Das Restaurant ist eine Erinnerung daran, dass Florenz seit jeher ein Zentrum des kulturellen Austauschs ist, insbesondere zu Zeiten der Renaissance", sagte Bottura bei der Eröffnung. Um dieses Konzept zu bekräftigen, sind die Zeilen eines Karnevalsliedes aus dem 15. Jahrhundert von Lorenzo de' Medici - Canzona de' sette pianeti - in goldenen Buchstaben an die Deckenleisten geschrieben.
Die Gucci Osteria ist nur das jüngste Beispiel für die gastronomische Expansion, die mittlerweile immer mehr Luxusmarken verfolgen. Armani-Restaurants gibt es inzwischen von Chile bis Tokio. In Mailand, wo das Unternehmen seinen Sitz hat, betreibt Armani sogar einen Sushiladen (vier von fünf Sternen bei Tripadvisor). Ebenfalls in Mailand befindet sich die Pasticceria Marchesi der Prada Gruppe. Nicht weit davon entfernt steht das Bulgari Hotel.
Tiffany & Co verdient sein Geld genau wie Bulgari mit Schmuck. Wer sich den nicht leisten kann, dem erfüllt das Unternehmen seit Kurzem zumindest den Wunsch vom Frühstück bei Tiffany. Im November eröffnete im New Yorker Flagship-Store auf der Fifth Avenue das Blue Box Cafe. LVMH wiederum betreibt seit einiger Zeit den Delikatessenladen Grande Épicerie in Paris. Die Geschäfte scheinen zu laufen, Ende 2017 gab der französische Luxuskonzern bekannt, dass demnächst eine zweite Filiale in der französischen Hauptstadt eröffnen soll.

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"Die großen Marken folgen dem Geld ihrer wohlhabenden Klientel", interpretiert Fabrizio Pini die Strategie. Gucci und seine Konkurrenten versuchten mit diesen Unternehmungen nicht unbedingt, nennenswerte Profite zu erwirtschaften. Vielmehr gehe es darum, die Marken zu positionieren, so Pini, der an der Business School Politecnico di Milano das Management von Luxusmarken untersucht und unterrichtet.
Zumindest im Fall von Armani sind die Hotels und Restaurants auch ein Schaufenster für unter der Marke vertriebene Möbel und Dekorationsartikel. Analyst Pini sieht in den Gastro-Experimenten aber auch einen Versuch, wieder vermehrt Kunden in die Nähe teurer Ladenflächen zu locken. Denn im Luxussegment wird inzwischen ebenfalls ein signifikanter Teil der Umsätze online erwirtschaftet, Tendenz steigend.
Schaufenster und Verkaufsfläche
Von der Gucci Osteria ist es dann auch nicht weit zu den eigentlichen Verkaufsschlagern des Hauses. Das Restaurant gehört zum Gucci Garden, eine Mischung aus Boutique, Ausstellungsfläche und Kino. Die Neugestaltung des ehemaligen Gucci-Museums hat Kreativchef Alessandro Michele selbst übernommen. Im Restaurant mit 50 Plätzen ließ er die Holzvertäfelung lindgrün streichen, die Polsterbezüge sind in Petrol, an den Wänden hängen steinerne Wappenbilder von Kaufleuten.
Der angrenzende Verkaufsraum soll die ursprüngliche Architektur des Palazzo unterstreichen: gebranntes Gelb an den Gipswänden kombiniert mit Rot, um die gewölbten Türen und Fenster hervorzuheben. Der Boden besteht aus handgealterten Marmorfliesen. Als Dekoration dienen Fundstücke aus Antiquitätenläden, Schaufensterpuppenköpfe aus Holz, Reproduktionen moderner Frauenbüsten aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts sowie Kisten, die mit Gucci-Stoffen ausgekleidet sind.
Der Name Gucci Garden wurde nicht nur ausgewählt, weil die Ästhetik des Hauses von Blumen- und Tiermotiven geprägt ist, sondern auch wegen seiner metaphorischen Bedeutung, sagt Alessandro Michele. "Der Garten ist echt, aber er gehört vor allem zum Geist, der mit Pflanzen und Tieren besiedelt ist: wie die Schlange, die überall hineinschleicht und in einem gewissen Sinne den ewigen Neuanfang und die ewige Rückkehr symbolisiert."
Food geht besser als Fashion
Vordergründig mag es um Marketing gehen, aber auch in anderer Hinsicht könnte sich das Engagement im Genusssektor mittelfristig auszahlen. Der weltweite Umsatz mit Delikatessen, teuren Weinen und Spirituosen stieg im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf fast 120 Milliarden Euro. Das ist mehr Wachstum als im Bereich Mode und Accessoires, schreibt die Beratungsfirma Bain & Co in ihrem jährlichen Bericht über den Luxussektor.
Viel schief gehen kann anscheinend nicht - besonders bei Gucci, das seit der Amtsübernahme Micheles einen unfassbaren Lauf hat. Laut Google war Gucci 2017 die am meisten gesuchte Modemarke der Welt. Ganz ohne Risiko sind die kulinarischen Ausflüge allerdings doch nicht. Wenn das Erlebnis der Gäste nicht zu den Erwartungen an die Marke passt, leidet der Ruf. Und ohne Image ist alles nichts in dieser Branche.