Aldi-Wein Günther Jauchs Sechs-Euro-Frage

Bei Aldi kosten die meisten Weine zwischen zwei und drei Euro. Nun gibt es einen weißen und einen roten für jeweils 5,99 Euro. Denn Günther Jauch hat auf dem Etikett unterschrieben. Kann der Wein was?
Von Gerald Franz
Günther Jauch

Günther Jauch

Foto: ALDI SÜD

Die neue Attraktion bei Aldi müsste einem eigentlich sofort ins Auge springen. Doch tatsächlich muss der Blick suchend über das Weinregal schweifen, bis schließlich Günther Jauchs Namenszug auftaucht. Anscheinend ist auch der Kassiererin der Artikel neu, überrascht nimmt sie die Flaschen in die Hand und betrachtet verdutzt das Etikett. Die beiden Weine mit den puristischen Bezeichnungen "rot" und "weiss" sind seit dieser Woche neu im Sortiment des Discounters.

Der Schritt von Deutschlands wahrscheinlich bekanntestem Fernsehunterhalter überrascht. Jauch hat vor acht Jahren das Weingut Othegraven an der Saar gekauft. Im Wesentlichen ließ er die Weine für sich sprechen, auf den Front-Etiketten tauchte sein Name nicht auf. Anders als bei den beiden Aldi-Weinen: Der Name Günther Jauch steht gleich zweimal auf dem vorderen Etikett und zusätzlich auf der Kapsel. Dazu kommt die Silhouette des Entertainers auf seinem Quizmaster-Stuhl. Hier spricht nicht der Wein, hier spricht eine Marke.

Der Wein stammt nicht von Jauchs Weingut

Der Wein ist auch nicht vom Weingut Othegraven, das Mitglied im elitären Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter (VDP) ist. Mit seinen geringen Produktionsmengen könnte es den Bedarf des Discounters niemals decken. Jauch lässt stattdessen fremdkeltern und abfüllen. "Deutscher Wein" heißt es lediglich auf dem Rückenetikett. Das ist die unterste Stufe im Weinrecht. Bis vor zehn Jahren lautete die Bezeichnung "Tafelwein". Herkunft der Trauben, Rebsorten: keine Angaben. Cuvée steht dort lediglich, also Verschnitt. Das alles muss noch nichts heißen. Es gibt auch Winzer, die Spitzenweine machen, die aber nicht den Vorstellungen des Weinrechts entsprechen und daher auf der einfachsten Stufe vermarktet werden.

Was kann der Wein also?

Der Weiße fließt hellgelb ins Glas, Aromen von grünem Apfel und zitrische Noten verbreiten sich in der Nase, geschwenkt tritt Grapefruit und etwas Pfirsich hinzu. Im Mund junge Ananas, Limette und wieder Grapefruit. Für den frischen Eindruck sorgt ein gutes Quantum Säure, das aber gut eingebunden ist. Der Wein ist schlank, bringt dabei viel Aroma mit und sorgt für einen mittellangen Nachhall. Kurz gesagt ist der Weiße ein sehr ordentlicher, frischer und fruchtiger Wein, der viele Merkmale eines Rieslings trägt, dabei aber mit einer zurückgenommenen Säure niemanden verschreckt.

Günter-Jauch-Wein: weiss

Günter-Jauch-Wein: weiss

Foto: ALDI SÜD

Der Rotwein weist ein transparentes Rubinrot mit hell auslaufendem Rand auf. Die Nase ist zunächst sehr fruchtbetont, Him- und Brombeeren sowie eingemachte Kirsche melden sich. Kräftig geschwenkt tritt etwas Marzipan hinzu, der Wein wirkt nun leicht parfümiert und kitzelt etwas in der Nase. Der Alkoholgehalt kann nicht der Grund sein, dieser liegt bei für Rotwein sehr moderaten elfeinhalb Prozent. Am Gaumen stehen Sauerkirscharomen im Zentrum, flankiert von etwas Pflaume, Marzipan und Brombeere. Der Gerbstoff ist relativ deutlich, was dem insgesamt leichten Wein etwas Charakter verleiht. Zur Pasta oder für abends auf der Terrasse taugt er allemal. Wie der Weiße stammt er aus dem Jahrgang 2017 und hat angesichts der für Rotwein sehr kurzen Reifung noch nicht ganz zu sich gefunden.

Günther-Jauch-Wein: rot

Günther-Jauch-Wein: rot

Foto: ALDI SÜD

Ein Schnäppchen ist der Jauch-Wein nicht

Dann ist da noch die Sechs-Euro-Frage. Angesichts der formal niedrigen Qualitätsstufe erscheint der Preis von 5,99 Euro erst mal hoch. Gleichwohl wird man die beiden Jauch-Kreationen mit manchen kruden Produkten aus der Kategorie Deutscher Wein nicht auf eine Stufe stellen wollen. Bei Aldi fällt der Preis ziemlich aus dem Rahmen. Vermutlich wird man selbst beim Fachhändler, wo durchschnittlich höhere Preise aufgerufen werden, für vergleichbares Geld angenehm zu trinkende Weine mit Herkunftsbezeichnung finden. Dort kann man zudem vor dem Kauf meist noch probieren.

Einen Pluspunkt stellt die Gestaltung der Flaschen dar. Der Weiße kommt in einer schlanken Schlegelflasche aus bläulichem Glas, der Rote in einer Burgunderflasche. Die Etiketten sind sehr reduziert angelegt und fühlen sich sogar gut an. Die Schraubverschlüsse sind in mattem Türkisblau beziehungsweise Rot gehalten und haben bei derart jungen Weinen nur Vorteile. Wer auf Tradition steht, auf Ecken und Kanten, bedächtiges Schwenken des Glases und aufmerksames Nippen, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Aber dafür ist der Wein eben auch nicht gemacht.

Zwar wird auf dem Rückenetikett von "einzigartiger Fruchtfülle und Aromenvielfalt" und "exklusivem Trinkerlebnis" schwadroniert, doch das ist nur Marketingsprech. Die beiden Weine mögen exklusiv bei Aldi erhältlich sein. Unter exklusivem Genuss stellt man sich aber sicher etwas anderes vor.


Wein ist immer verflochten mit Menschen und ihren Geschichten. Einige davon zu erzählen, hat sich der Autor zur Aufgabe gemacht. Nachzulesen auf seinem Blog Weinsprech .

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