

»Häuser des Jahres«-Wettbewerb Schöner wohnen in der Trutzburg
Was baut man aus Holz, Beton und billigen Industrieziegeln? Das »Haus des Jahres« 2021. Ja, richtig gelesen. Eine von Gabrielle Hächler und Andreas Fuhrimann geplante Villa in Zürich hat den Architekturpreis des Callwey Verlags gewonnen – trotz ihres Baustellencharakters. Trotz? Genau deswegen! Hächler und Fuhrimann sind keine Architekten für bloß gefälliges Bauen. »Wir haben uns über die Jahre eine exklusive Klientel erarbeitet, die sich Auseinandersetzung und einen kulturellen Mehrwert wünscht«, werden sie in der Begleitpublikation zitiert.
Da traf es sich gut, dass die Bauherrenschaft nicht nur auf einem knapp 250 Quadratmeter großen Grundstück im begehrten Wohnquartier Wipkingen saß. Sie war obendrein noch willens, gängige ästhetische Prinzipien zu hinterfragen. Die Antwort erstreckt sich rau und unverputzt vier Geschosse in die Höhe. Das Handwerk sollte sichtbar bleiben – und quillt nun in Form von Mörtel aus den Fugen der Außenwände. Der Baustoff wurde vom Maurer bewusst nicht abgezogen. Für die Architekten ist das ein Kommentar auf Perfektionswahn und die »Entmaterialisierung von Oberflächen«.

Haus Alder in Zürich: Rohbau und ästhetische Herausforderung
Valentin Jeck
Aus diesem architektonischen Protest ergibt sich aber auch eine Art Ornamentik. Die Fugen bilden zusammen ein Netz, das Schatten auf die Fassade legt. Dazu kommt ein Gebäudevolumen mit einer außergewöhnlichen Form. Erkervor- und Attikarücksprünge bestimmen die Gebäudehülle, die auch deswegen so hoch ausgefallen ist, weil auf dem Nachbargrundstück ein siebengeschossiger Neubau steht. Daneben würde ihr altes Haus optisch untergehen, fürchteten die Auftraggeber, und bestellten bei Hächler und Fuhrimann eine Trutzburg.
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Preisabfragezeitpunkt
05.02.2023 16.41 Uhr
Keine Gewähr
Der Aufbau ist klassisch dreigeteilt: Sockelgeschoss, zwei Mittelgeschosse und das Dachgeschoss. Zwei Einschnitte im Sockel schaffen einen überdachten Eingangsbereich und eine Terrasse für die Einliegerwohnung im Erdgeschoss. Die Stockwerke zwei und drei sind gemauert, der Rest ist aus Betonplatten zusammengesetzt. Das Dachgeschoss greift die in der Nachbarschaft vorherrschende Giebelbauweise auf.
Im ersten und zweiten Obergeschoss wird gewohnt und geschlafen. Hier findet sich auch jeweils ein Badezimmer. Gekocht und gegessen wird neben der Dachterrasse im dritten Stock.
Alles schön und gut (oder auch nicht), aber warum hat das Haus denn nun gewonnen? »Die Wucht des architektonischen Vortrages, seine Neuartigkeit und Kühnheit sind schlicht begeisternd. Vor der Folie der Herausforderungen, vor die uns der Klimawandel stellt, ist es wichtig, unsere ästhetischen Positionen zu hinterfragen. Entwürfe wie das Haus Alder leisten dazu einen wichtigen Beitrag«, schreibt die Jury um den Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, in ihrer Laudatio.
Für die Bewohner dürfte entscheidender sein, wie es sich in dem Haus lebt, nämlich angenehm: »Wir genießen hier einen unvergleichlichen puristischen Wohngenuss, der sich auch im Alltag nicht in oberflächlicher Perfektion erschöpft.«