Luxushotels setzen auf Kunst Ein Bild von einem Warhol
Nur Standard? Ist doch langweilig! Hoteliers gestalten ihre Häuser immer kunstvoller. Da hängt ein millionenteures Andy-Warhol-Bild über der Rezeption, ein Salvador Dalí im Gang, und im Aufzug flimmert moderne Lichtkunst.
Ein Pappmaché-Hund begrüßt den Gast im One Aldwych , einem Fünf-Sterne-Haus mitten im Londoner Theaterviertel. "Spencer" ist keine konventionelle Deko - er ist ein modernes Kunstwerk und stammt von der Londoner Papierkünstlerin Justine Smith.
Nicht weit entfernt sitzt "The Oarsman" und schwingt seine überdimensionierten Ruder. Die Holzskulptur hat Bildhauer Andre Wallace geschaffen. Darüber schweben Skulpturen von Londons berühmtestem Floristen Stephen Woodhams, der Blumen kopfüber gedeihen lässt.
Wohin man in diesem edwardianischen Gebäude aus dem Jahr 1907 blickt, sieht man Kunst. Über das gesamte Hotel verteilt sich eine permanente Ausstellung zeitgenössischer Werke, von den Fluren bis zu den Zimmern. Selbst der Aufzug fungiert als Bühne für Lichtkunst im schrillen Stil der Pop-Art aus den Sechzigerjahren.
Hier werden die über 400 Kunstwerke nicht als Investment verstanden, sondern als "Augenschmaus für die Gäste" und als besonderes Kennzeichen des Boutiquehotels. Das Credo der Eigentümer lautet: "Nichts wirkt so langweilig wie Standardisiertes, und nichts veraltet so schnell wie Designtrends." Kunst hingegen sei zeitlos.
Das sehen auch andere Hoteliers so und setzen vermehrt auf Kunst. Manche beherbergen sogar eigene Galerien, viele bieten Raum für Ausstellungen oder arrangieren Gemälde, Skulpturen und Videoinstallationen an Fassaden, im Foyer, in Restaurants oder in den Zimmern. Alles Originale arrivierter oder junger Künstler.
So wie das Palasthotel und Nationaldenkmal Le Negresco in Nizza. Das Belle-Epoque-Haus zieren Kunstwerke von der Renaissance bis zur Gegenwart. Werke von Moretti, Dalí und Niki de Saint Phalle werden mit Antiquitäten und historischen Gemälden kombiniert. Inhaberin und Kunstkennerin Jeanne Augier hat eine museumswürdige Sammlung zusammengetragen. Wer dadurch auf den Kunstgeschmack kommt, kann den Genuss einfach im nahegelegenen Musée Matisse oder im Musée National Marc Chagall verlängern.
Wie ein Museum ist auch das Schloss Fuschl Resort & Spa im Salzburger Land eingerichtet. Mehr als hundert Gemälde Alter Meister des 17. bis 19. Jahrhunderts werden in bestimmten Zimmern und Suiten ausgestellt. Höhepunkte der Sammlung sind das Gemeinschaftswerk der flämischen Maler Joos de Momper der Jüngere und Jan Brueghel der Ältere.
Zur Pilgerstätte für Kunstsinnige hat sich auch das Hotel The Dolder Grand hoch über Zürich entwickelt, das der britische Architekt Norman Foster 2008 mit einem futuristischen Neubau erweitert hat. Hotelbesitzer Urs E. Schwarzenbach trug hier in Kooperation mit der Galerie Gmurzynska mehr als hundert bekannte Kunstwerke zusammen. Einige sind Hausgästen auf den einzelnen Stockwerken zu den Zimmern vorbehalten, die meisten Kunstwerke befinden sich jedoch in den öffentlichen Räumen.
So empfangen Salvador Dalís "Femmes métamorphosées" Gäste am Eingang zum haubengekrönten "The Restaurant". Die vier Gemälde "Les Quatre Saisons" des Impressionisten Camille Pissarro schmücken die Blattsilberwände im Private Dining Room. Auf dem Gang zum Spa ist "Le Monde" von Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely zu entdecken, und über der Rezeption hängt das zehn Meter breite und mehrere Millionen Euro teure "Big Retrospective Painting" von Andy Warhol.
Warhol ist auch in New York zugegen. Im geschichtsträchtigen Gramercy Park Hotel , dem der Maler und Regisseur Julian Schnabel 2006 ein buntes Renaissance-Revival bescherte, wurden überall Gemälde und Skulpturen in Szene gesetzt. Neben Warhol sind die zeitgenössischen Künstler Damien Hirst, Jean-Michel Basquiat und Richard Prince vertreten. Im Roof Club sorgt zudem eine Deckenlichtinstallation für echte Sternstunden mitten in Manhattan.
Eine interessante Installation beheimatet auch das 236-Zimmer-Hotel Lone im kroatischen Rovinj. Im Atrium schwebt Ivana Frankes Werk "Room for Running Ghosts". Konzeptkünstler Silvio Vujicic ließ sich von der Geschichte der istrischen Region inspirieren und brachte Details alter Wandmalereien in reduzierter grafischer Form auf Leinwände.
Eine Sonderstellung inne hat das QT Sydney , das wie The Dolder, Lone und das Gramercy Park Hotel zur Vereinigung der Design Hotels gehört. Dekoriert ist das Hotel mit einer skurrilen Mischung aus historischen Gebäudeelementen, Installationen, Kunstwerken und Designmöbeln, die sowohl von der Kaufhaus- als auch der Theatervergangenheit der Häuser inspiriert sind. LED-Wände treffen hier auf restaurierte Art déco, Barockdetails und dramatische Spotlights auf goldverzierte Vitrinen. Gäste erhalten außerdem Zugang zu Events und Privatführungen im Museum of Contemporary Art.
Die Verknüpfung der Hotels mit Museen und Galerien vor Ort gelingt auch Le Méridien . Rund um den Globus ist seine Zimmerschlüsselkarte zugleich die Eintrittskarte zu renommierten Museen, etwa in Brüssel zum Palast der Schönen Künste oder in München zur Villa Stuck. München ist ohnehin ein Vorzeigehaus - mit plastischen Installationen in der Lobby bis zu tageszeitabhängigen Fahrstuhlinszenierungen. Kunstkurator Jérôme Sans achtete hier auch auf Details, wie Espressotassen in der Bar, die das Künstlerpaar Bayder und Demir für Espressokönig Andrea Illy und seine Kunstsammlung entwarf.
Komplett von Künstlern gestaltet ist das Arte Luise Kunsthotel . Mehr als 50 Kreative haben in den Zimmern des Hotels in Berlin-Mitte ihre raumbezogenen Konzepte umgesetzt. Das gesamte Zimmer ist hier Gegenstand des künstlerischen Konzeptes, inklusive Möblierung. Bereits in der Lobby werden die Gäste mit Skulpturen und Installationen empfangen. Im Treppenhaus gibt es einen philosophischen Parcours. Sogar die Raucherlounge ist künstlerisch akzentuiert.
Christian Haas/srt/beh