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Anastasiia Romashina / iStockphoto / Getty Images

Leichte Rotweine für den Sommer Trinken ohne Vorurteile

Viel zu lange galt Rotwein als Genuss nur für die kühleren Tage. Mit diesen Sorten machen Sie auch bei brütender Hitze garantiert nichts verkehrt.
Von Gerald Franz

Zur aktuellen Jahreszeit beschränkt sich die Weinauswahl meist auf zwei Sorten: Knackige Rosés oder spritzige Weißweine, die allesamt kühl getrunken werden und für Frische und Fruchtigkeit stehen.

Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass die Außentemperatur die Farbe des Weins bestimmt. Bei Hitze Rotwein also keine Chance bekommt.

Echte Weinkenner wissen aber schon lange: Rot ist nicht gleich Rot. Und wer die aromatischen, oftmals höherprozentigen Tropfen per se von seiner Terrasse und vom Barbecue verbannt, muss sich den Vorwurf mangelnder Experimentierfreude gefallen lassen. Denn auch Rote können im Sommer süffige und genussvolle Begleiter sein – und Genuss ist schließlich sommers wie winters das Wichtigste.

Klassiker aus Württemberg

Weingut Karl Haidle: 2021 Trollinger Alte Reben, ca. 10 Euro

Weingut Karl Haidle: 2021 Trollinger Alte Reben, ca. 10 Euro

Der Trollinger wird außerhalb seines württembergischen Stammgebiets kaum wahrgenommen. Gerade jetzt ist er aber goldrichtig. Etwa der 2021 Trollinger Alte Reben vom Weingut Karl Haidle: Zarter Duft nach würzigen, roten Beeren und leicht vegetabilen Tönen, die an Himbeerblatt erinnern, zeichnen diesen sommerlichen Tropfen aus. Der Antrunk ist erfrischend, schlank und schmeckt vor allem nach Sauerkirsche. Weder komplex noch kompliziert, aber alles andere als banal – und das bei weniger als zehn Prozent Alkohol. Das qualifiziert den Wein endgültig für einen lauen Augustabend.

Blauer Portugieser

Weingut Hummel: 2014 Villány Nagytótfalu, ca. 13 Euro

Weingut Hummel: 2014 Villány Nagytótfalu, ca. 13 Euro

Foto: Wolfgang Deimling

Ob der Blaue Portugieser ursprünglich aus Portugal oder irritierenderweise doch aus der Steiermark kommt, daran scheiden sich die Geister. Unstrittig ist jedoch, dass der Villány Nagytótfalu genannte Tropfen vom Weingut Hummel aus dem Süden Ungarns stammt. Der Begriff Nagytótfalu auf dem Etikett bezeichnet den Namen der Gemeinde, in der das Anbaugebiet liegt: Der Rote ist also ein gehobener Ortswein. Der Jahrgang 2014 zeigt, dass der oft belächelte Portugieser durchaus reifen kann. Die granatrot auslaufende Farbe kündet davon, ebenso der betörende Duft von getrockneten Pflaumen, etwas Rauchfleisch und Amarenakirsche. Am Gaumen immer noch frisch und vital mit Aromen von Sauerkirsche und blauer Pflaume. Feiner, aber stabiler Tanninteppich, etwas Cassis und Schlehe. Und überschaubare 12 Prozent Alkohol.

Königin der roten Trauben

Weingut Robert König: 2019er Höllenberg EMPOR, ca. 19 Euro

Weingut Robert König: 2019er Höllenberg EMPOR, ca. 19 Euro

Für viele Menschen ist Spätburgunder, international Pinot Noir genannt, die Königin der Trauben. Aus ihr lassen sich Rotweine mit mehr Finesse und weniger Wums keltern. Auch das Rheingau-Weingut Robert König huldigt der Königin. Der 2019er Höllenberg EMPOR wurde nur vom Holzfass geküsst und setzt stärker auf fruchtige Aromen. Das qualifiziert ihn für anspruchsvolle Sommerabende; der Assmannshäuser Höllenberg gilt schließlich als Spätburgunder-Bastion des Rheingaus schlechthin. Der Wein funkelt hell rubinrot im Glas, das Sie einmal kräftig durchschwenken sollten, sodass sich duftige Himbeere und zart florale Noten bemerkbar machen. Nimmt man einen Schluck, ist das einerseits fruchtig-beerig und saftig, andererseits aber auch samtig, frisch und angenehm herb im Abgang.

Das unbekannte Piemont

Tenuta Santa Caterina 2020er Arlandino, ca. 13 Euro

Tenuta Santa Caterina 2020er Arlandino, ca. 13 Euro

Foto: Tenuta Santa Caterina

Die berühmten Piemont-Weine mit B – Barolo, Barbaresco und Barbera – sind tatsächlich besser für die kalte Jahreszeit geeignet. Aber das norditalienische Anbaugebiet hat auch ein paar Nischenweine, die es oft gar nicht nach Deutschland schaffen. Oder wann haben Sie das letzte Mal einen Grignolino getrunken? Der 2020er Arlandino, ein Grignolino d'Asti von der Tenuta Santa Caterina, leuchtet hell backsteinfarben und zeigt ätherische Noten. Am Gaumen herb fruchtige Aromen wie Hagebutte und etwas, das an Rost erinnert. Viel Säure, kreidiges Tannin. Ein Charakterwein, mit dem man sich beschäftigen muss.

Sanfter Süden

Weingut Donnafugata: 2020er Floramundi, ca. 16 Euro

Weingut Donnafugata: 2020er Floramundi, ca. 16 Euro

Wem der Sinn nach weniger Ecken und Kanten steht, der ist sicher mit diesem Wein aus Sizilien gut aufgehoben. Rubinrot mit schwarzen Reflexen liegt der 2020er Floramundi des Weinguts Donnafugata im Glas. Duftig-rotfruchtiges Bouquet mit Anklängen an mediterrane Kräuter und Kirschbaumrinde. Der Wein hat einen leicht feurigen Auftakt, dann dominieren aber dunkle, leicht herbe Früchte mit sanften Tanninen und ausreichend Frische.

Noch ein Hinweis: Servieren Sie diese Weine unbedingt heruntergekühlt, damit sie bei sommerlichen Temperaturen überzeugen, 12 bis 14 Grad sind angemessen. Dafür brauchen Sie keinen Weintemperierschrank, einfach eine Weile in den Kühlschrank stellen reicht. Damit der Wein auch nach dem Eingießen frisch bleibt, nicht zu große Gläser nehmen und besser kleine Portionen nachschenken.

Wein ist immer verflochten mit Menschen und ihren Geschichten. Einige davon zu erzählen, hat sich der Autor zur Aufgabe gemacht. Nachzulesen auf seinem Blog Weinsprech .

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