

Jetzt sind wieder die Herren dran. Traditionell zeigen die großen Modehäuser im Juni, was Männer im kommenden Frühjahr tragen können. 2018 ist das nicht so klar, denn die Grenzen zwischen männlicher und weiblicher Kleidung verschwimmen weiter. Ob in England, Italien oder Frankreich, immer mehr Marken stellen Unisex-Kollektionen vor. Das entspricht dem Zeitgeist - und spart Geld.
Am deutlichsten zeigt sich der Trend in London. Bei der Men's Fashion Week fehlten zwar die großen Namen (außer Vivienne Westwood). Das verschaffte aber dem Nachwuchs Aufmerksamkeit. Und die wurde in diesem Jahr vor allem den jungen Wilden zuteil: Charles Jeffrey - Central-Saint-Martins-Absolvent und Veranstalter der frivolen Loverboy-Partys - umschrieb seine Freakshow in Pink als "euphorische Ausschweifung in Eintracht". Soll heißen, Männer in Kleidern mit Puffärmeln, enge Taillen und zwitterhafte Models. Gender Bending at it's best.
Mode, Müll und Politik
Bei Vivienne Westwoods zweiter Schau bei der Men's Fashion Week stand das Spiel mit sexuellen Identitäten ebenfalls auf dem Programm. Mit androgynen Models servierte die 76-Jährige die Mischung aus Politik und Mode, für die sie geliebt wird. Ihre Unisex-Kollektion ist inspiriert vom Thema Zirkus und persifliert mit Nadelstreifen und Kronen die Insignien der Macht. Recycelter Müll an den Outfits war als Appell für mehr Umweltschutz gemeint.
Etwas strukturierter und nicht ganz so schrill ging es bei Craig Green zu: Der amtierende britische "Herrenmode-Designer des Jahres" hatte nach eigenen Angaben das Paradies im Kopf, als er seine Ponchos, Schals und Mäntel mit geografischen Mustern entwarf. Die größtenteils weit geschnittenen Teile waren deutlich maskuliner gestaltet als die Kollektionen der Konkurrenz, was sich vermutlich in besseren Verkaufszahlen niederschlagen wird.
In Mailand war die politische Agenda nicht ganz so deutlich. Es gab dennoch zwei Gemeinsamkeiten mit den Schauen an der Themse: kombinierte Herren-Damen-Shows und der große Einfluss von Sportswear. Armani, Prada, Marni, Fendi, Ferragamo, Versace und Zegna waren am Start und zeigten, was sie zu bieten haben. Einzig Gucci und Bottega Veneta warten bis zu den Damenschauen im September.
Altmeister Armani, der sich für seine bedruckten Seidenblousons und weiten Hosen diesmal unverkennbar in Japan bedient hat, stellte eine Smartwatch vor. Damit liegt er voll im Trend. Mit dem kanadischen Popstar Shawn Mendes hatte er auch den richtigen Influencer eingekauft. Angeblich hat der 18-Jährige die Uhr mitdesignt.
Smartwatch und Sneaker
Ermenegildo Zegna hat sich deutlich verjüngt. Die Anzüge mit schlanker Silhouette ziehen nicht mehr, deshalb wurde nun das Unternehmen verschlankt und Alessandro Satori zum Chefdesigner gemacht. Der kennt die Marke, er war früher für die sportlichere Z-Linie verantwortlich. In seiner Debütkollektion brachte Satori Anoraks und Safari-Jacken mit großen Taschen und Trainingsanzüge unter, vieles davon in dezenten Braun- und Rottönen. Für die Nostalgiker gab es feine Strickware und sommerliche Anzüge.
Donatella Versace lud im zwanzigsten Todesjahr ihres Bruders und Gründers des Modehauses ein, um Kleidung für Damen und Herren vorzustellen, die alles vereint, wofür die Marke steht: großflächige Ornamente, Pastellfarben und Nadelstreifenanzüge mit markanter Schulterpartie. Abgesehen von ein paar Clutch-förmigen Handtaschen für Herren war das Geschlechterspiel im Palazzo Versace aber kein Thema. Hier soll der Mann noch auf den ersten Blick erkennbar sein.
Ein bisschen von allem wird es vermutlich in Paris zu sehen geben. Bis Sonntag stehen 52 Modenschauen auf dem Zeitplan. Den Anfang machte Pierpaolo Piccioli. Für Valentino zeigte er eine Kollektion mit deutlichen Outdoor-Einflüssen. Die einzigen Anzüge waren Trainingsanzüge mit afrikanisch anmutendem Stickmuster. Dazu kombinierte er über der Schulter Umhängetäschchen und an den Füßen eine Kreuzung aus Mokassin und Turnschuh. Perfekt darauf abgestimmt war Picciolis Publikum, zu dem eine Reihe US-Basketballprofis gehörte.
Demna Gvasalia bat im Namen Balceniagas in den Park Bois de Boulogne. Vielen seiner Models drückte er ein Kind in die eine und einen Einkaufsbeutel in die andere Hand. Der Alltag wird Avantgarde. Ansonsten viel Achtziger: Übergroße, schlackernde Sakkos, sehr weit geschnittene Hemden, die in die Stone-Washed-Jeans gesteckt werden. Der Blickfang aber war eine Materialmix-Hose: Oben Leder, in der Mitte Cord, unten Denim, jeweils getrennt von einem Reißverschluss wie bei den beliebten, aber bislang modisch nicht gerade angesagten Trekkinghosen.
Männer, die nächstes Jahr modisch ganz vorne mit dabei sein möchten, können also aufatmen. Ab jetzt ist von der Jogginghose bis zum Rock alles erlaubt. Wer als Trendsetter gelten möchte, muss aber noch lange nicht ins Kleid steigen. Es genügt vollkommen, die bunten Hemden vom Dachboden zu holen und sie mit Wanderbuxe, Büroschuhen und Einkaufstüte zu kombinieren.
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Armani hat sich für seine aktuelle Kollektion Inspiration in Japan gesucht. Um das zu unterstreichen, führt dieses Model in seinen Hakama-Hosen einen Karatekick aus.
Ein Rucksack zum Anzug war früher undenkbar. Inzwischen ist der Einfluss der Outdoormode auch bei den klassischen Modemarken angekommen.
Die Schnitte sind von fernöstlicher Kleidung inspiriert, die Materialien von Funktionskleidung.
Zegna hat sich ebenfalls ein deutlich jüngeres Image verpasst. Der gesamtverantwortliche Kreative für die Marke ist seit Kurzem Alessandro Satori. Der kennt die Marke, er war früher für die sportlichere Z-Linie verantwortlich.
In seiner Debütkollektion brachte Satori Anoraks und Safari-Jacken mit großen Taschen und Trainingsanzüge unter, vieles davon in dezenten Braun- und Rottönen.
Für die Nostalgiker gab es feine Strickware und sommerliche Anzüge.
Donatella Versace lud im zwanzigsten Todesjahr ihres Bruders und Gründers des Modehauses ein, um Kleidung für Damen und Herren vorzustellen, die alles vereint, wofür die Marke steht.
Neben großflächigen Ornamenten und Pastellfarben gab es im Palazzo Versace viele Nadelstreifen zu sehen.
Abgesehen von ein paar Clutch-förmigen Handtaschen für Herren war das Geschlechterspiel bei Versace aber kein Thema. Hier soll der Mann noch auf den ersten Blick erkennbar sein.
Für ihre aktuelle Kollektion hat Donatella Versace tief in den Archiven gegraben. Die Handschrift ihres Bruders ist auf den ersten Blick zu erkennen.
Leichte Stoffe, bunte Karos, transparente Anzüge: Schlussdefilee nach der Vorstellung der aktuellen Frühjahrsmode aus dem Hause Fendi.
Sieht ein wenig aus wie in den Siebzigern, ist aber für 2018 gemacht: Ein Modell präsentiert einen Fendi-Entwurf.
Eine Loafer-Sandale: klassische Dresscodes sind Fendi nicht mehr so wichtig. Die Marke hatte einige originelle Vorschläge für die Zukunft der Herrenmode.
Charles Jeffrey wurde mit seinen Loverboy-Partys zum Londoner Stadtgespräch. Seine bei der Men's Fashion Week gezeigte Mode liefert ebenfalls Gesprächsstoff.
Der Londoner Designer schickte grell geschminkte Männer und Frauen über den Laufsteg. Geschlechtergrenzen gibt es bei Jeffrey nicht mehr.
Ist das ein Damen- oder etwa ein Herrenslip? Diese Frage stellt sich für das Label Loverboy nicht. Erlaubt ist, was gefällt.
Bei Vivienne Westwood wurden sexuelle Identitäten ebenfalls neu verhandelt. Die britische Designerin präsentierte während der Fashion Week eine Unisex-Kollektion.
Die Schau zur Kollektion hatte das Oberthema Zirkus. Eine treffende Wahl angesichts der politischen Zustände in Großbritannien.
Westwoods aktuelle Herrenmode ist extravagant, aber durchaus tragbar.
Ein Ensemble aus der aktuellen Kollektion von Craig Green. Der Designer wurde jüngst vom britischen Verband der Modemacher zum Herrendesigner des Jahres erklärt.
Hier und da sind zwar auch Rüschen angebracht, insgesamt sind die Entwürfe von Craig Green aber maskuliner als ein Großteil der in London gezeigten Mode.
Der Modemacher hatte nach eigenen Angaben das Paradies im Kopf, als er seine Ponchos, Schals und Mäntel mit geografischen Mustern entwarf.
Die Stoffe werden fließender, die Geschlechtergrenzen auch: Geschlechterrollen waren fast bei jeder Schau in London Thema, etliche Labels schickten Frauen und Männer gemeinsam auf den Laufsteg.
Der androgyne Typ ist gefragt wie nie. Das Foto zeigt ein Model nach der Modenschau des Labels Blood Brother.
Neben Gender Bending ist Outdoor- und Sportkleidung eines der für die Modeindustrie wichtigen Themen.
Vor allem die Einflüsse der bei Männern so beliebten Outdoorkleidung sind inzwischen unverkennbar.
Trainingsanzüge mit afrikanisch anmutendem Stickmuster waren die einzigen Anzüge, die es bei Valentino zu sehen gab.
Pierpaolo Piccioli hat sich wie viele Designer derzeit bei den Sportartiklern umgeschaut und von dort Details wie den Tunnelzug mitgebracht.
Als Schuhe stellt sich Pierpaolo Piccioli eine Mischung aus Turnschuhen und Mokassins vor.
Übergroß geschnittene Parka im Streetwear-Look kennt man vor allem von Vetements und Balenciaga, wo jeweils Demna Gvasalia die Richtung vorgibt. Dieses Outfit stammt allerdings von Louis Vuitton.
Das ist der wohl praktischste Louis-Vuitton-Rucksack bis dato. Zum Wandern sollte man ihn trotzdem besser nicht mitnehmen.
Große Logo-Prints und mehrlagiger, teiltransparenter Stoff: Interpretation eines Hawaiihemds von Louis Vuitton.
Das Handköfferchen gibt es nur bei der französischen Luxusmarke, den Gürtel in jedem Outdoorshop. Dann zwar ohne Lederbesatz, aber um einiges günstiger.
Streetstyle ist auch bei Louis Vuitton ein wichtiger Impuls: Die Art, wie das Model seine Tasche trägt, hat sich Nicolas Ghesquière definitiv auf der Straße abgeschaut.
Issey Miyake zeigte in Paris gewohnt schlichte, für jedermann tragbare Kleidung.
Die Entwürfe der Marke Isey Miyake stammen seit Mitte 2013 von Yusuke Takahashi.