

Stil-Highlights der Woche They see me rollin’
Erinnerung mit Henkel

Neulich hätte ich mir beinahe eine Queen-Tasse gekauft. In London, wo zwar die Trauer um die verstorbene Regentin abgeebbt ist, nicht jedoch das Geschäft mit ihr. Stolze 14,99 Pfund hätte die Tasse gekostet. Wer eine Queen-Tasse kauft, fühlt sich danach selbst ein wenig royal. Wobei die Queen selbst wohl nie aus einer solchen getrunken hätte.
Man kann Motto- oder Logotassen ästhetisch fragwürdig finden. In meiner Küche haben sich im Lauf der Jahre trotzdem zwei Dutzend angesammelt, an die meisten geriet ich ohne mein Zutun. Kaffeegäste stelle ich vor die Wahl: Charlie-Brown- oder Linus-Tasse? »Sesamstraße« oder »Löwenzahn«? Zwei von ihnen benutze ich so gut wie nie. Die eine, weil ich sie peinlich finde. Ich bekam sie zum 16. Geburtstag, darauf steht: »Alexander, der Männliche: Harte Schale, weicher Kern, so haben dich die Mädels gern«.
Die andere schenkte mir meine Cousine zum 40., die Tasse zeigt ein Kinderfoto von mir. Sie steht ganz hinten im Schrank, weil ich sie schonen will – und weil dieser unschuldige Sechsjährige mich mit zu vielen Fragen konfrontieren würde, nach verpassten Chancen, nach unerfüllten Sehnsüchten.
Den Erwerb einer Queen-Tasse hätte ich vor mir selbst gerechtfertigt als ironischen Umgang mit dem Kult um die tote Monarchin. Am Ende entschied ich mich jedoch für Paddington Bär, der die Queen immerhin gut kannte, wie ein Video vom Juni dieses Jahres beweist, und dessen Tasse nur 5,99 Pfund kostete. Alexander Kühn
Politikerin mit Rollen

Strack-Zimmermann und ihr Roller
Foto: Thomas Truschtel / photothek / IMAGOFührte Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine Truppe, würde sie die vielleicht mit Tretrollern ausrüsten. Das hätte viele Vorteile. Das klapp- und höhenverstellbare Spielzeug aus fernöstlicher Produktion wäre, im Unterschied zu den Fahrzeugen der Bundeswehr, überraschend funktionsfähig und noch dazu klimafreundlich. Beschaffungskosten? Mit rund 65 Euro im Rahmen des Zumutbaren.
Allein die 200-Millimeter-Vollgummireifen wären unpraktisch im Matsch. Fest steht: Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses glaubt, tretrollernd ihre Schlagzahl erhöhen zu können. Wobei es der FDP-Frau womöglich lieber wäre, wenn man in diesem Zusammenhang von Schlagkraft spräche.
Die @MAStrackZi ist einfach Lässigkeitslevel 12/10. pic.twitter.com/a2dxoKBkEm
— James Zabel 📸 (@James_Zabel) October 11, 2022
»Man kommt ja hier sonst zu nix. #Bundestag«, twitterte die FDP-Frau bereits im April. Spitzenpolitik bedeutet immer Inszenierung, alles ist immer irgendwie Botschaft. Zumindest glauben das Hauptstadtjournalisten, und da kommt ihnen Strack-Zimmermann auf dem Tretroller grade recht. So lächerlich ich es fände, mit Tretroller Interviews zu geben: Rein praktisch kann ich Strack-Zimmermann verstehen. Auch mich beschleicht bei der Betrachtung multipler Krisen das Gefühl, auf den langen Wegen des politischen Berlins nicht schnell genug sein zu können.
Sitzungen, Termine, Gespräche, Pressekonferenzen, Abendessen: Das erfordert Kompromisse. Noch vor einem Jahr trieb mich der Anblick verwahrloster E-Scooter an den Ufern der Spree regelmäßig zur Weißglut. Jetzt fahre ich sie selbst, aus Zeitnot. Und obwohl es wirklich nicht cool ist. Serafin Reiber
Schminkfreudige mit Licht im Gesicht

Bisschen Neon auf den Augen gefällig?
Foto: Valentina Ranieri / Runway Manhattan / IMAGODer Herbst kommt, und damit beginnt die Saison der gedeckten Farben, als spiegele sich der Himmel nicht nur im Wasser, sondern auch in der Mode. So gesehen sind Neon-Eyeliner gut für alle, die nie ganz bereit sind, sich vom Sommer zu verabschieden: Wenn Make-up Wetter wäre, wären Neon-Eyeliner einzelne Sonnenstrahlen. Kleine Reflexionen von Farbe, bei denen man hinschauen muss, gleichzeitig grafisch, spielerisch und modern.
Das ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil vom Nude-Make-up und damit eine gute Nachricht für faule Menschen mit Freude an Mode. Denn während man bei Nude-Looks Stunden damit verbringt, sich möglichst ungeschminkt aussehend zu schminken, kann der Neon-Eyeliner innerhalb von wenigen Minuten die Hauptrolle im Gesicht einnehmen. Er signalisiert sofort: Sieh mich an. Ich bin hier, ich bin wach, ich bin bereit für alles, was mir das Leben entgegenschleudert.
Ob der Trend mit der Serie »Euphoria« begann, mit Doja Cats und Saweeties Make-up in ihren Videos oder mit Rihannas Liquid-Eyeliner-Kollektion »Baewatch«, ist dabei vollkommen egal. Das Interessante ist: Neon-Eyeliner sind damit auf dem besten Wege, über die Jahre für die Zweitausendzwanziger zu werden, was der Signal-Lippenstift für die Zweitausendzehnerjahre war. Der schnellste Trick, kurze Nächte oder Unsicherheit zu kaschieren und in kürzester Zeit die »Baddest of Them All« aus sich herauszuholen. Und falls nicht, reicht es ja auch, sich diesen Winter ein paar Sonnenstrahlen ins Gesicht zu malen. Franziska Bulban