

Victor VIRGILE/ Gamma-Rapho via Getty Images
Masken-Mode Vermummungsgebot

In China gehören Atemschutzmasken schon lange zum guten Ton. Wer keine "courtesy mask" trägt, verletzt eine soziale Norm. Airpop ist ein Maskenhersteller aus Shanghai, der aber auch einen Sitz in San Francisco hat.

Neben speziellen Masken für den Sport und den Straßenverkehr produziert Airpop auch bunte Varianten für Kinder. Die Masken sind eigentlich als Schutz gegen verschmutzte Luft gedacht. Laut der Weltgesundheitsorganisation atmen neun von zehn Menschen verpestete Luft.

Ein Modell aus Frankreich: R-Pur wirbt mit speziellen Filtern, die bis zu 50 Nanometer kleine Moleküle auffangen können. Wie manche andere Hersteller stellt das Unternehmen auch eine App bereit, die den Nutzern die örtliche Luftqualität anzeigt.

Der Bestseller des nachhaltigen Modelabels Armedangels ist eine Maske mit dem Aufdruck "I warmly smile under this mask". Für jede verkaufte Maske spendet das Kölner Unternehmen zwei Euro an "Ärzte ohne Grenzen".

Auch Drykorn ist in die Maskenproduktion eingestiegen. Im Angebot sind verschiedene Muster und einfarbige Designs. Bislang gibt es nur Modelle mit fixiertem Vlies, geplant sind aber auch solche mit Einschubfach.

Gesichtsmaske von Marcell von Berlin

Goldeimer ist ein Hamburger Sozialunternehmen, das Geld sammelt für Sanitärprojekte der Welthungerhilfe, normalerweise mit recyceltem Klopapier und Komposttoiletten für Festivals. Aktuell verkauft Goldeimer aber auch Masken. Der Erlös geht an Hygieneprojekte und den Corona-Nothilfefonds der Welthungerhilfe.

Goldeimer produziert seine Masken gemeinsam mit dem nachhaltigen Modelabel Recolution aus Hamburg. Pro zwei verkaufter Masken spendet Recolution eine an Obdachlose und Sozialeinrichtungen.

In der Highfashion sind Masken schon länger ein Thema. Hier ist ein Modell aus der Frühjahrskollektion 2019 des US-Designers Thom Browne zu sehen.

Dieser Verhüllungsvorschlag des Designers Richard Quinn bietet nicht mehr Schutz als herkömmliche Mund-Nase-Masken, ist aber sehr viel auffälliger.

Auch Philipp Plein setzt schon länger auf das in Europa bis vor Kurzem weitestgehend ungenutzte Accessoire. Die Masken waren vor allem für asiatische Kunden gedacht, die weltweit etwas mehr als die Hälfte aller Luxusartikel kaufen.

Farblich auf das Outfit abgestimmt sowie mit Spiegelsteinchen und Logo verziert: Gesichtsmaske aus der Dolce & Gabbana-Frühjahrskollektion 2019.

Walter Van Beirendonck zeigte in seiner Herrenkollektion für den Herbst 2020 mehrere Sturmhauben, die auch in Coronazeiten zum Einsatz kommen könnten.

Ein Entwurf aus der Ressort-Kollektion des US-Designers Alexander Wang bei der New Yorker Fashion Week im Juni 2018

Für den großen Auftritt: Glitzermaske und Einteiler des New Yorker Design-Duos Phillipe und David Blond alias The Blonds

Palm Angels zeigte bereits zur Mailänder Modewoche im Januar 2018 Masken als Teil seiner Herrenkollektion.

Atemschutzmasken sind ein fester Bestandteil der Kollektionen von Marine Serre. Die Französin greift mit ihrer Mode immer wieder Dystopien auf und inszeniert ihre Models als Überlebende in der Endzeit. Die Masken bezieht Serre von der schwedischen Marke Airinum.
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Die Masken aus Schweden sind erkennbar an den zwei flachen Filtereinsätzen links und rechts.

Motiv einer Airinum-Werbekampagne zur Pariser Fashion Week
Masken sind das neue Klopapier: Jeder braucht eine und vielerorts sind sie ausverkauft oder erst spät lieferbar. Das deutsche Modelabel Drykorn, eigentlich bekannt für schnittige Anzüge und rockige Styles, wirbt daher auf seiner Website mit einem "Daily Masks Restock". Aufgrund der großen Nachfrage gebe es regelmäßig Nachschub, schreibt eine Firmensprecherin per E-Mail.
Das Unternehmen aus dem bayerischen Kitzingen ist wie viele andere Modefirmen jüngst in die Maskenproduktion eingestiegen. Im Angebot sind einfarbige Modelle sowie Designs mit Kussmündern, Zebrastreifen oder grafischen Prints, Motive wie sie bislang vor allem für die Innenfutter der Sakkos verwendet wurden. Verkauft werden die Masken für 9,95 Euro das Stück. Preislich liegen sie damit im Durchschnitt. Rund zehn Euro scheinen sich gerade am Markt zu etablieren.
So viel verlangt auch Martin Höfeler für seine Masken, er ist Gründer und Geschäftsführer der Marke Armedangels. Wie alle von Höfelers Produkten sind die Teile nachhaltig produziert aus Biobaumwolle oder einer Mischung aus recycltem Polyester und Biobaumwolle. 60 Prozent des Umsatzes mache er normalerweise im Einzelhandel, so Firmengründer Martin Höfeler gegenüber dem SPIEGEL. Doch gerade im März sei der Einbruch "dramatisch" gewesen, deswegen herrscht in dem Kölner Betrieb auch seit April Kurzarbeit. Da kamen die vielen Anfragen, ob er nicht Masken produzieren könne, gerade recht.
Für Höfeler ist es eine "Win-win-Situation", denn nicht nur sein Geschäft leidet. "Viele unserer Produzenten haben große Probleme mit Orderstornos", sagt Höfeler. Er sieht es so: "Wir können damit unterstützen und gleichzeitig unseren Lieferanten was Gutes tun." Aktuell ist der Unternehmer dabei, die Produktion hochzufahren. Er hofft, auf mehrere Hunderttausend Masken zu kommen - pro Woche. 500.000 Stück will er mindestens absetzen.
Höfeler will jedoch nicht den großen Reibach machen: "Wir haben gleich gesagt, das wird kein normales Produkt." Für jedes verkaufte Exemplar gehen zwei Euro an "Ärzte ohne Grenzen". Das Ziel sind eine Million Euro für die Nothilfeorganisation, knapp 130.000 sind bereits zusammengekommen. Es gibt die Armedangels-Masken in drei Farben - Weiß, Elfenbein und Schwarz - und mit unterschiedlichen Slogans. Der Bestseller ist das Modell mit dem Schriftzug "I warmly smile under this mask". Dass er auf seiner Ware sitzen bleiben könnte, weil gerade viele auf den Zug aufspringen, davor hat Höfeler keine Angst. Nicht bei rund 84 Millionen potenziellen Maskenträgern in Deutschland. Er habe außerdem bereits Anfragen aus Frankreich und Großbritannien vorliegen.
Masken aus dem Highfashion-Bereich
Andere Modemarken bieten schon seit Langem Designermodelle an. Vor allem im Highfashion-Bereich auf den Modenschauen in New York, Paris und Mailand gibt es seit einigen Saisons Luxusvarianten zu sehen. Dolce & Gabbana präsentierte vor zwei Jahren Atemschutzmasken als Bestandteil seiner Frühjahrskollektion, farblich abgestimmt auf das jeweilige Outfit und verziert mit Spiegelsteinchen. Auch Philipp Plein, Alexander Wang oder das Design-Duo The Blondes zeigten bereits Masken. Modemacher wie der US-Amerikaner Thom Browne oder Walter Van Beirendonck aus Belgien experimentieren zumindest hin und wieder mit dem Thema. Für die Französin Marine Serre und ihre dystopisch angehauchten Kollektionen sind Atemschutze sogar fast schon ein Markenzeichen.
Von Asien nach Europa
Bislang hatten die Designer dabei hauptsächlich asiatische Kundinnen und Kunden im Blick. Sie kaufen weltweit mehr als die Hälfte aller Luxusartikel. Vor allem in China sind schmutzige Luft und die Angst vor ansteckenden Krankheiten so weitverbreitet, dass der Mundschutz dort längst zum Dresscode gehört. Wer in China keine "courtesy mask" trägt, bricht mit einer sozialen Norm.
Einen ersten Boom gab es bereits mit dem Sars-Virus: Auf Modenschauen in Peking wurden 2003 die Virenfilter passend zur Kleidung getragen. Der Hongkonger Designer Peter Lau verlangte für seine Kreationen mit Brüsseler Spitze damals 299 Hongkong-Dollar (knapp 40 Euro), Louis Vuittons limitierte Edition von 88 Edel-Masken verkaufte sich problemlos an einem Vormittag. Für umgerechnet rund 230 Euro das Stück. Auch aktuell produziert das französische Luxuslabel wieder Masken, allerdings nicht die Ledervariante mit dem bekannten Monogramm, sondern professionelles Equipment . Weitere Mund-Nasen-Schutze mit dem LV-Logo wird es voraussichtlich nicht geben - man befürchtet offenbar einen negativen Imagetransfer auf die Marke.
Die Masken, mit denen zuletzt Models wie Jessica Hart auf Instagram posierten, stammen also entweder von damals oder sind nicht lizenzierte Produkte. Auf Plattformen wie Ebay und Etsy angebotene Modelle sind in der Regel Fälschungen und meist aus alten Handtaschen-Staubbeuteln oder Schuhsäcken genäht. Dort ist der Run auf die selbst gemachten Teile insgesamt enorm: Allein bei Etsy sei das Suchvolumen nach Masken um das Neunfache gestiegen, schreibt das Unternehmen .
Wer unbedingt ein Original haben möchte, muss auf Wiederverkaufsplattformen wie Stockx ausweichen - und tief in die Tasche greifen. Modelle gefragter Streetwear-Marken wie Supreme oder Off-White werden dort für ein Vielfaches der schon ursprünglich nicht gerade günstigen Verkaufspreise gehandelt. Mit einem mittleren dreistelligen Betrag ist in jedem Fall zu rechnen.
Neben aus der Not produzierenden Firmen und Luxusmarken gibt es aber auch reine Maskenproduzenten. Sie setzen gleichfalls auf zeitgemäßes Design, vor allem aber auf Technik. Hier geht es nicht um Logos, sondern um Filterstärken, Ventile und Atemqualität. Manche wie das Shanghaier Unternehmen Airpop oder R-Pur aus Frankreich bieten zusätzlich Apps an, mit denen sich die Luftqualität anzeigen lässt. Gut im Geschäft sind auch Airinum aus Schweden - wo auch Designerin Marine Serre ihre Masken fertigen lässt - oder das US-Label Vogmask. Allen gemein ist, dass sie aktuell so gut wie ausverkauft sind. Lieferbar sind die Produkte in der Regel erst wieder in einigen Wochen.