
Filet, Lardo, Pilze: Beste Zutaten, perfekter Geschmack
Pappardelle mit Rinderfilet und Marmorspeck Fette Delikatesse
Irgendwann bekommt jeder sein Fett ab. Und wem es ausreicht, dass es sich dabei um spritzgepökelten "Gelderländer Bauchspeck" vom turbogemästeten Quälschwein handelt, hat zumindest einen kleinen Vorteil in seinem Leben: Er braucht diesen Text nicht mehr weiterzulesen. Wer aber vom irdischen Dasein mehr erwartet und zudem einen neuen Gaumendiamanten kennenlernen möchte, der sollte sich mal einen echten "Lardo di Colonnata" aufschneiden.
Am besten so hauchdünn wie möglich. Denn dieser einzigartige Schweinerückenspeck entwickelt eine derartige Edelaromatik, dass er zu einer der wenigen in der Top-Gastronomie verwendeten Speckarten gehört. Selbst als papierdünne Scheiben entfaltet diese Delikatesse mehr Geschmack als alles, was aus industrieller Fertigung als "Speck" sonst zu haben ist. Vom Genussfaktor her liegt allenfalls noch die Guanciale auf Augenhöhe, mit der wir zuletzt Garnelen umwickelt haben.
Das liegt - wie immer bei verarbeiteten Lebensmitteln - an drei Faktoren: Qualität des Ausgangsmaterials, Verzicht auf alle Zusatzstoffe jenseits von Salz, Kräutern und Gewürzen, sowie an der kundigen und zeitvergessenen händischen Herstellung. So entstehen Superdelikatessen - und entsprechend einsilbig liest sich denn auch die Zutatenliste des "Lardo di Colonnata" von Giannarelli: Italienischer Schweinerückenspeck, Meersalz, frischer Knoblauch und Rosmarin, Pfeffer. Punkt.
Der in dritter Generation von Marino Giannarelli geführte Metzgereibetrieb im Örtchen Bedizzano nahe den Steinbrüchen von Colonnata am Monte di Carrara im Herzen der toskanischen "Marmoralpen" stellt seit den Fünfzigerjahren Lardo her - nach einem mehr als 2000 Jahre alten Rezept. Neben der sparsamen Würzung setzt man dort auf italienische Schweine, deren Fleisch auch für D.O.P. Parmaschinken benutzt wird: Beim "Lardo di Maiale Nero" (Speck vom schwarzen Schwein) ist das die uralte Rasse Cinta Senese. Nun braucht es nur noch eine weitere Zutat: Sehr viel Zeit.
Bis zu acht Monate reifen die Speckseiten in gut durchlüfteten Räumen in quaderförmigen "conche di marmo" (Marmorbecken). Auch deshalb wurde der Betrieb 1999 von Carlo Petrini geadelt: Der Begründer der italienischen "Slowfood"-Bewegung fügte höchstpersönlich Marino Giannarellis Metzgerei dem illustren Kreis "Arche des Geschmacks" hinzu - ein Zertifikat, das nur die besten handwerklichen Kleinbetriebe erhalten. Um ganz sicher zu gehen, sollte man beim Kauf zusätzlich auf den Plastikclip mit der ID-Nummer achten, der in jeden echten von der EU herkunftszertifizierten ("IGP") Lardo gezwickt sein muss.

Filet, Lardo, Pilze: Beste Zutaten, perfekter Geschmack
Rückenspeck statt Salzstreuer
Dieser Lardo entwickelt am Gaumen neben unvergleichlichen Aromen auch eine fast schon heftige Salzigkeit. Die erspart beim Bardieren (dem Belegen mit Speckscheiben) von Meeresfrüchten oder Wildfilets jede weitere Würzung. Sie lässt sich ebenfalls dazu nutzen, komplette Gerichte damit zu würzen. In unserem heutigen Hobbyküchen-Pastarezept für "Pappardelle mit Rinderfilet, Lardo und Pilzen" taucht Salz daher nur noch im Kochwasser der Nudeln und in den gehobelten Parmesanspänen auf. Ansonsten unterstützen nur Pfeffer und frischer Basilikum die Eigenaromen der Zutaten.
Der Trick besteht darin, zunächst den Lardo hauchdünn aufzuschneiden - am besten mit einer Brotschneidemaschine - und bei niedriger Temperatur in einer beschichteten Pfanne langsam auszulassen. Hierbei schrumpfen die Scheiben zu ultrakrossen, kleinen Chips, die am Ende als Topping über die Pasta kommen. Nicht zu heiß arbeiten, sonst verbrennt der Speck in Sekundenschnelle!
Das ausgelassene Fett transportiert das Lardo-Aroma in die anschließend darin gebratenen Pilze und Zwiebeln - und durchdringt so das komplette Gericht. Durch die Beigabe von Rotwein und ein wenig Brühe sowie am Ende frisch untergehobene Streifen Frühlingszwiebeln und halbgedörrte Tomatenfilets braucht das Essen keine weitere Sauce. Es schmeckt saftig und dank der Röstaromen der Lardo-Chips und der kross angebratenen Rinderfiletstreifen wunderbar herzhaft.
Rezept für Pappardelle mit Rinderfilet, Lardo und Pilzen (Hauptgericht für 4 Personen)
Vorbereitungszeit: 30 Minuten
Zubereitungszeit: 15 Minuten
Schwierigkeitsgrad: einfach
Zutaten
400 g Rinderfilet
2 EL Olivenöl
2 EL Erdnussöl
100 g Lardo di Colonnata IGP*
200 g Champignons
1 Zwiebel
3 Knoblauchzehen
50 g weiche getrocknete Tomatenfilets
2 Stangen Frühlingszwiebeln
4 EL Basilikumblätter, grob gehackt
75 g Parmesankäse, in dünne Scheiben geraspelt
150 ml trockener Rotwein
100 ml Rinder- oder Kalbsfond
Pfeffer aus der Mühle
400 g Pappardelle
Zubereitung
Filet gegen die Faser in 1,5 cm dicke Scheiben und dann in feine Streifen schneiden. Mit dem Olivenöl mischen und mindestens 15 Minuten marinieren. Champignons je nach Größe vierteln oder achteln, Knoblauch häuten und in Scheiben schneiden, Zwiebel häuten und in Ringe schneiden. Tomatenfilets in Streifen, Lauchzwiebel in dünne diagonale Ringe schneiden.
Lardo ohne die Schwarte hauchdünn aufschneiden (z.B. mit Brotschneidemaschine) und in einer beschichteten Pfanne bei niedriger Temperatur komplett auslassen, bis die Scheiben kleingeschrumpelt und goldbraun sind. Vorsichtig entnehmen und nebeneinander auf einem Holzbrett abkühlen lassen, Fett in der Pfanne belassen.
Lardo-Fett stark erhitzen, Champignons drei Minuten darin scharf anbraten, Knoblauch und Zwiebeln zugeben und drei bis fünf Minuten goldgelb braten. Warmstellen.
Während die Nudeln nach Packungsangaben in gesalzenem Wasser kochen, das Erdnussöl in einer Eisenpfanne bis kurz vor den Rauchpunkt erhitzen und die Filetstreifen darin scharf anbraten. Rotwein zugeben und auf die Hälfte einreduzieren. Fond zugeben, kurz aufkochen, Pilz-Zwiebelmasse unterheben und mit den abgegossenen Nudeln mischen. Tomaten, Basilikum und Frühlingszwiebeln unterheben, beherzt mit Pfeffer würzen, aber nicht salzen.
Anrichten
Pastamischung auf vier vorgeheizte tiefe Teller geben, Lardo-Chips und Parmesan verteilen, nach Belieben mit Basilikum dekorieren und sofort servieren.
Getränketipp
So wie der Lardo kommt auch der edle "Il Bruciato" Rosso Bolgheri DOC 2016* von Antinori aus der Toskana und ist ein gutes Beispiel dafür, dass dort Rotweine aus klassisch französischen Cuvées mit Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah italotypisch erzeugt werden können - ein hochpreisiger, nobler Begleiter zu unserer Pasta, wenn sie zum Dinner serviert wird. Mittags darf der Wein ebenfalls kräftig sein, braucht aber weniger Schwere, was der etwas weiter nördlich angebaute 2014 Barbera Lo Zoccolaio Suculé D.O.C.G.* als Musterbeispiel eines nicht allzu teuren und dennoch hervorragend balancierten Weins aus Nebbiolo-Trauben perfekt liefert.
*Bezugsquellen
"Il Bruciato" Rosso Bolgheri DOC 2016
2014 Barbera Lo Zoccolaio Suculé D.O.C.G