Paris Fashion Week Da geht noch was

Mit den Schauen von zwei jungen gehypten Labels haben in Paris die Präsentationen der Männermode begonnen: Gmbh aus Berlin und Off-White aus Mailand. Beide Marken blieben hinter den Erwartungen zurück.
Off-White-Schau

Off-White-Schau

Foto: BERTRAND GUAY/ AFP

Vielleicht sollte Gmbh in Zukunft nur noch Frauenkleidung machen. Die Herrenmode von Serhat Isik und Benjamin Alexander Huseby ist nicht schlecht. Die ersten reinen Damenentwürfe der beiden Berliner Designer sind aber besser. Sie wirken raffinierter, als die immer etwas derben Unisexteile mit Workwear-Touch. Auch ihre typischen Latexhosen mit Hosenlatz stehen Frauen einfach besser.

Das Highlight der in Paris vorgestellten Sommerkollektion für 2019 war ein weinroter Einteiler mit schwarzem Ledergürtel und Koppelschloss. Der Jumpsuit versprühte Grubenromantik - gekreuzte Hämmer sind ein Markenzeichen, weil Isiks türkische Wurzeln in einer Bergarbeiterstadt liegen - vor allem aber jene Erotik, die eigentlich von der gesamten Kollektion ausgehen soll. Immerhin ist der Gmbh-Look in Clubs entstanden, wo der Schweiß nicht nur vom Tanzen fließt.

Überschrieben war die dritte Schau des Labels mit "Überlebensstrategien". Das steht zwar eigentlich für die Erfahrungen, welche die Mütter der Designer in den Sechzigern machen mussten, um als Türkin in Deutschland (Isik) oder weiße Frau eines Pakistaners (Huseby) im noch weißeren Norwegen durchzuhalten. Das Showmotto passt aber auch gut zur ersten Handtasche des Labels. Von Accessoires lebt es sich schlicht besser, als von positiven Kritiken in der Fachpresse.

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Gmbh Frühjahr 2019

Foto: BERTRAND GUAY/ AFP

Off-White ist ebenfalls ein noch sehr junges Modeunternehmen. Allerdings hat es in den vier Jahren seines Bestehens schon Hype-Sphären erreicht, von denen die Gmbh bislang nur träumen kann. Alles, was Virgil Abloh mit seinem "Off-WhiteTM"-Schriftzug stempelt, verkauft sich: Ikea-Teppiche, Nike-Schuhe, Fußbälle. Jüngster Streich ist ein transparenter Rimowa-Trolley, dessen Besitz der gelernte Architekt kurzerhand zur Kunstperformance erklärte: "Transparenz 3.0".

Selbstverständlich wurde das Teil auf dem Laufsteg zur Schau getragen. Denn Rimowa gehört seit einiger Zeit zum Luxuskonzern LVMH. Das L und das V stehen für Louis Vuitton - die Marke, deren Herrenlinie Abloh seit Kurzem zusätzlich verantwortet. Die Premiere gibt es am Mittwoch - und sie fällt hoffentlich beeindruckender aus als die Off-White-Vorstellung am Dienstag.

Jeans wie vom Tschechenmarkt

Die Kollektion ist dem 1998 verstorbenen Graffiti-Künstler Dondi White gewidmet. Fast alle der 29 Looks bestehen aus Denim. Soweit, so modern. Doch der Destroyed-Look und die Schriftzüge mancher Jeans sehen so nach Tschechenmarkt aus, dass sie dort nicht weiter auffallen würden. Ironie, die Abloh eigentlich beherrscht, ist hier keine mehr zu erkennen. Auch für einen grauen Strickpullover mit Bart-Simpson-Motiv muss man nicht auf der Modeschule gewesen sein (was Kritiker Abloh gerne vorwerfen).

Der fehlende Abschluss ist eine Formalie, auch der gefeierte Raf Simons ist im Grunde "nur" Industriedesigner. Das Traurige ist: Der Mann kann es wirklich besser. Das haben seine vergangenen Präsentationen gezeigt. Einziger Lichtblick der aktuellen Herrenkollektion ist die Oberbekleidung. Vor allem ein Mantel im Batiklook und eine asymmetrisch geschnittene Jeansjacke stechen hervor.

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Off-White Frühjahr 2019

Foto: Thierry Chesnot/ Getty Images

Die Rich Kids of Instagram werden sich trotzdem wieder darum reißen. Schließlich liefern die gedrehten Nähte an den Jeans und die Logos auf den T-Shirts jenen Wiedererkennungswert, für den es beim Lieblingsmedium der Fashion-Elite Herzchen gibt.

Vermutlich hat Abloh diesmal alle Energie in seine erste Louis-Vuitton-Mode-Präsentation gesteckt. Eine Aufgabe, für die der 37-Jährige nur wenige Monate Zeit hatte und die ihm noch mehr Aufmerksamkeit bescheren wird. Nicht nur, weil er der erste Schwarze in einer Spitzenposition beim wichtigsten Label des größten Luxuskonzerns der Welt ist, sondern weil er eigentlich auch talentiert ist.

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