

Nervennahrung Heute gibt es Älplermagronen
Kennengelernt habe ich dieses Gericht, als ich für eine meiner ersten Reportagen in die Schweiz gefahren bin. Ich hatte erst seit Kurzem eine Brille, die ich zu Hause nie aufgesetzt hatte, es aber bei den Interviews tun wollte. Ich dachte, dass mir das Seriosität verleihen könnte, ich war erst seit wenigen Wochen mit der Journalistenschule fertig geworden.
Weil sich durch das ungewohnte Scharfsehen komplett alle Dimensionen verschoben – ich kam mir vor, als kippte ich in die Welt hinein – fiel ich schon im Hotel unter Getöse die Treppe herunter. Ich machte mir nichts daraus, setzte die Brille wieder auf und fuhr mit dem Zug Richtung Alpen. Am Bahnhof angekommen, holte mich der Käsermeister, den ich interviewen sollte, am Bahnhof ab. Wir gingen zu seinem Auto, ich wollte schwungvoll auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, hatte mich aber wieder um einige Zentimeter im Abmessungsgefüge meiner neuen, scharfgestellten Welt verschaut. Und landete erst mit der oberen rechten Gesichtshälfte in der scharfen Ecke der Fahrertüre, dann blutüberströmt auf dem Sitz.
Verena Lugert ist Journalistin und hat in London eine Kochausbildung absolviert, um danach als Köchin bei Gordon Ramsay zu arbeiten. Von dieser Zeit handelt ihr Buch »Die Irren mit dem Messer«. Heute verbindet sie das Schreiben und das Kochen, sie trifft und porträtiert auf der ganzen Welt Köche für Food-Magazine, berät als zertifizierte Gewürzexpertin die Lebensmittelindustrie und entwickelt Rezepte und Markenkonzepte. Ihre SPIEGEL-Kolumne ist auch als Buch erschienen.
Ich hatte eine wild pumpende Platzwunde neben dem Auge, der Käser war außer sich, rief seine Frau an, die uns in die Notaufnahme schickte, wo ich genäht wurde und wo der wahnsinnig nette und besorgte Käsermeister neben dem Arzt stand und sagte, dass er bis jetzt nicht verstehe, was da eigentlich gerade passiert war. »Ich han gar nüt gmacht! Sie isch igstiegä – und uf einmal isch alles volä Bluät gsi!«, sagte er händeringend.
Ich wurde nach dem Nähen um den Kopf herum bandagiert, sah aus wie eine Kriegsveteranin, dann fuhren wir in die Käserei. Und weil mir schwummrig war, wie die Frau des Käsermeisters, die auch Käserin war, sofort erkannte, stellte sie sie mir hin: eine Schüssel Älplermagronen.
Unsere Köchin begleitet Sie durch die Pandemie: Jeden Montag präsentieren wir hier eines von Verena Lugerts Rezepten – nicht aufwendig, aber raffiniert. Ihr Credo: Gutes Essen macht nicht nur satt, sondern auch glücklich. Hier finden Sie alle bisher erschienenen Rezepte.
Hörnchennudeln, Makkaroni, dazu Kartoffelwürfel, dazu Käse und Rahm, sämig, weich, mehr als köstlich. Und Apfelschnitze in Butter, Zimt und Zucker gedünstet, lagen auch auf der köstlichen Speise, die mir vorkam, als hätte sie mir der Himmel geschickt, dabei war es die weiß gekleidete Käserin. Ich löffelte die Schale aus, käseglückselig, und fühlte mich in Windesseile wieder hergestellt. Denn, und das merkte ich mir für weitere schwache Momente im Leben: Die Wirkung von Kartoffel auf Nudel, also vom Kohlenhydratdoppel, gemeinsam mit Käse und Rahm, getoppt mit Butter und Apfelsüße, ist ein pure Medizin, reines Heilwerkzeug für Körper und Seele. Ganz anders als meine Brille: Die habe ich seitdem nie wieder aufgesetzt.
Älplermagronen
Für vier Personen:
2 Zwiebeln
50 g Butter + 30 g Butter für die Äpfel
300 g Kartoffeln (festkochend)
300 g Makkaroni
600 ml Gemüsebrühe
200 ml Sahne
200 g harter Bergkäse
2-3 Äpfel, je nach Größe
2 EL Zucker
100 ml Apfelsaft
1 Zimtstange
Salz, Pfeffer
1. Zwiebeln schälen und klein würfeln, in 50 g Butter andünsten und bei kleiner Hitze für 10 Minuten anschwitzen. In der Zwischenzeit Kartoffeln schälen und in ca. 1 x 1 cm große Würfel schneiden.
2. Kartoffeln zu den Zwiebeln geben, 2 bis 3 Minuten mitdünsten.
3. Makkaroni und die Brühe dazu geben, salzen, umrühren, 10 bis 12 Minuten köcheln lassen, dabei immer wieder umrühren. In der Zwischenzeit den Käse reiben und die Äpfel schälen und achteln.
Preisabfragezeitpunkt
05.02.2023 10.59 Uhr
Keine Gewähr
4. Wenn die Kartoffelwürfel gar sind (Garprobe), die Sahne zugeben, alles noch einmal aufkochen, beständig rühren, dann Käse zugeben. Nach Bedarf salzen (der Bergkäse ist schon relativ salzig) und pfeffern, Topf von der Flamme ziehen. Deckel draufgeben.
5. Zucker und Butter in einer Pfanne schmelzen, die Apfelspalten zugeben, mit dem Apfelsaft ablöschen, die Zimtstange zugeben, alles einige Minuten köcheln lassen, bis die Apfelschnitze weich sind. Zu den Magronen servieren. Wer mag, gibt noch in Butter angebratene Zwiebelringe auf die Magronen. Lassen Sie es sich schmecken!