
Kochanleitung: Wie Würfel Zimt gefallen
Pikantes Ragout aus der Ziegenschulter Zimtzicke
Das Wintergewürz schlechthin stammt von einer hocheffizienten Pflanze. Mit den Blüten, der Rinde und der Blätter enthalten viele Teile des Zimtbaums das namensgebende Zimtaldehyd. Feinschmecker kaufen Zimt als Stangen oder Stücke. Das vorgemahlene Gewürz (fast immer aus der chinesischen Zimtrinde Cinnamomum cassia) büßt rasch sein Aroma ein. Die beiden kulinarisch wichtigsten Sorten kommen aus Sri Lanka (Stangen der Ceylon-Zimtrinde Cinnamomum verum) und Südchina (der oft auch als Rindenbruch angebotene Cassia).

Kochanleitung: Wie Würfel Zimt gefallen
Ceylon-Zimtstangen sind länger, dunkelbrauner und dünner als Cassia-Zimt, der wegen seines höheren Zimtaldehyd-Gehalt auch als leichtes Schärfungsmittel für pikante Rezepte taugt. Wie bei allen Lorbeergewächsen wirkt dieser Stoff zudem durchblutungsfördernd und antibakteriell.
Dummerweise enthält Cassia aber deutlich mehr Cumarin. Der Aromastoff ist umstritten, weil ihm positive Wirkungen auf die Blutzuckerwerte nachgesagt werden, er aber womöglich auch die Leber angreift. Die für Erwachsene empfohlene tägliche Höchstdosis ist schon bei einem Teelöffel Cassia-Zimt erreicht. Kinder sollten weitaus weniger davon essen. Bei Chai-Tees ist das nicht weiter wild, weil Cumarin nicht wasserlöslich ist. In Backwaren und herzhaften Gerichten ist aber meist Fett, hier muss also jeder selbst abwägen, wie viel Zimt er zusätzlich zu seiner Pfefferkuchenration essen sollte.
Zur Schärfung von Hauptgerichten jedenfalls ist das Cassia Vera aus Vietnam am besten - auch für Gerichte mit Kürbis, Linsen oder Bohnen. Allesamt Zutaten, die in der arabischen und nordafrikanischen Küche einen hohen Stellenwert genießen und dort gern mit Zimt aromatisiert werden. Zum Beispiel in geschmorten Tajines mit Ziege oder Hammel, oder in einer traditionellen Pastilla-Pastete mit Geflügel und Blätterteig.
Bei Jungziegen kein Grund zum Meckern
Im heutigen Hobbyküchenrezept für "Zimtzicke" nehmen wir Cassia als Aromageber und zur Zuspitzung der pikanten Noten, die man bei Ragouts wie diesem sonst eher mit Pfeffer oder Chili erreicht. Das Fleisch stammt aus der Ziegenschulter und ist von der Konsistenz her vergleichbar mit Lammfleisch. Auch was das Schlachtalter betrifft - der Übergang zum tranig schmeckenden Hammel ist bei der Ziege ähnlich fließend. Die deutlich fettärmeren Ziegen werden im Handel unterschieden nach Kitz oder Zicklein (bis 6 Monate), Jungziege (6-12 Monate) und Ziege (älter als 12 Monate).
Obwohl beide Tierarten Wiederkäuer sind und sich ähnlich ernähren, ist ihr Fleisch geschmacklich klar unterscheidbar. Ziegen klettern an für andere Nutztiere unerreichbare Stellen und finden dort ihre kräuterreiche Nahrung. Deshalb wurden zu Zeiten der Segelschifffahrt auf vielen Inseln Ziegen als lebender Proviant ausgesetzt, wo sie mit der Zeit verwilderten.
Von den etwa 180 weltweit bestimmbaren Ziegenrassen ist hierzulande vor allem die "Deutsche Edelziege" relevant, primär wegen ihrer Milchleistung. Die früher als "Kuh des kleinen Mannes" geschätzten Tiere gerieten mit der Milch-Massenproduktion und dem stark wachsenden Fleischangebot von Rind, Schwein und Geflügel in den Nachkriegsjahren etwas in Vergessenheit. Inzwischen erleben sie (wie die Heidschnucken) auch wegen ihrer Einsetzbarkeit als natürliche "Landschaftsgärtner" eine kleine Renaissance.
Allerdings nicht als Fleischlieferant, denn der Pro-Kopf-Konsum von Ziegenfleisch wird in Deutschland noch nicht einmal statistisch erfasst, sondern nur gemeinsam mit dem Lammverzehr berechnet - zusammen magere 700 Gramm von insgesamt gut 60 Kilo Fleisch pro Kopf und Jahr. Unser heutiges Rezept funktioniert notfalls auch mit Fleisch aus der Lammschulter. In diesem Fall beim Händler ausnahmsweise mal nach einem Lamm mit möglichst hohem Schlachtalter fragen.
Eine echte Zimtzicke kommt so aber nicht auf den Teller.
Rezept für Zimtzicke (Hauptgericht für 4 Personen)
Vorbereitungszeit: 20 Minuten
Zubereitungszeit: 75 Minuten
Schwierigkeitsgrad: mittelschwer
Zutaten
- 600 g Ziegenfleisch aus der Schulter
- 3 EL Arganöl (aus dem Feinkostladen)
- 100 g Zwiebelwürfel
- 4 Knoblauchzehen
- 150 g Möhre
- 150 ml trockener Rotwein
- 250 ml Lammfond (oder Kalbsfond)
- 1 Stiel Thymian
- 1 Stiel Oregano
- 2 TL frisch geriebene Zimtrinde (Cassia)
- 0,5 TL gemahlener Kreuzkümmel
- 50 g getrocknete Datteln ohne Stein
- 75 g getrocknete Tomatenfilets
- 1 Prise Salz und Pfeffer
- 150 g Perlzwiebeln
- 1 EL Arganöl
- 4 Poweraden (Baby-Artischocken)
- 75 ml alter Balsamico
- 400 g Farfalle-Nudeln ohne Ei (z.B. Tricolore)
- 1 EL frische Bio-Zitronenzesten
Zubereitung
Ziegenfleisch parieren und in kleine Stücke (ca. 1,5 cm) schneiden, Möhre klein würfeln, Knoblauch schälen und fein hacken, Datteln in dünne Scheiben, Tomaten in feine Streifen schneiden, Perlzwiebeln häuten.
Backofen auf 160 °C vorheizen. Ziegenfleisch in einem schwerem Bräter im Arganöl bei mittlerer Hitze auf der Herdplatte fünf Minuten anbraten, Zwiebeln zugeben, nach zwei Minuten die Möhren zugeben, nach weiteren zwei Minuten Rotwein einfüllen und komplett reduzieren lassen. Fond, Kräuter, die Hälfte des Zimts, den Kreuzkümmel und die Tomaten zugeben, zugedeckt in den Backofen stellen. Nach 45 Minuten Datteln unterheben, nach weiteren 30 Minuten mit Salz und Pfeffer abschmecken.
In der Zwischenzeit die Artischocken putzen und das Innere in sehr dünne Scheiben schneiden. Perlzwiebel in beschichteter Pfanne in dem Öl goldgelb braten, Balsamico und Artischockenscheiben zufügen und bei niedriger Hitze 15 Minuten komplett einkochen lassen (bei Bedarf noch etwas trockenen Rotwein nachgießen).
Anrichten
Nudeln nach Packungsanweisung bissfest kochen, abseihen, in große Schüssel geben. Restlichen Zimt, Artischocken, Zitronenzesten und Perlzwiebeln unter das Ragout heben, über die Nudeln gießen und gut vermischen. Auf vier Servierschüsseln oder Pastateller verteilen und servieren. Wer das Ragout lieber ohne Nudeln essen möchte, kann es auch mit Couscous servieren oder einfach ein paar Scheiben ofenwarmes Weizensauerteigbrot oder Fladenbrot dazu reichen.
Weintipp
Schön, dass vom Weihnachtsgeld noch ein bisschen was übrig ist, um einen ganz großen Roten zu unserer Zimtzicke zu dekantieren: Der Cavanera Rovo delle Coturnie Etna Rosso DOC 2013* ist einer der besten Weine aus Siziliens Nobel-Rebe Nerello Cappuccio und bekommt von den Lava-Böden am Vulkan-Aufstieg des Vesuvs eine gute Portion Mineralik zu den ohnehin überbordenden Tugenden wie den vollen Körper, die geschliffene Tanninstruktur oder die eleganten Noten von Muskatnuss, roten Früchten, Himbeeren, reifen Pfirsichen, Pfeffer und Rosenblättern. Und wer gerne nach Bewertungen kauft: 18/20 Decanter, 92 Parker-Punkte, 3 Gläser im Gambero Rosso.
*Bezugsadressen
Cavanera Rovo delle Coturnie Etna Rosso DOC 2013 bei vinello.de