
Fotostrecke: Schlank wie ein Spargeltarzan
Rezept für Streuselspargel mit Bouillonkartoffeln Feinste Stangenware
Das Warten auf die ersten unter natürlichen Bedingungen freiwillig aus den Erdhaufen schießenden Stängel des Asparagus officinalis hat sich gelohnt: Jeder, der einmal mit klarem Gaumen und ohne dickflüssige Tütenhollandaise ein paar Stangen historischer Sorten dieses mit intensivem Eigengeschmack ausgestatteten Gemüses probiert hat, wird sich wundern, warum so viele Deutsche bereit sind, so viel Geld für etwas hinzublättern, das nur so aussieht wie Spargel.
Aber bei Weitem nicht so schmeckt wie alte Sorten mit ihren drolligen Namen wie "Huchels Alpha" (noch besser war die "Leistungsauslese" von 1962 des Spargelzüchterpapstes August Huchel), "Schwetzinger Meisterschuß", "Eros", "Ruhm von Braunschweig" bis hin zu "Mary & Martha Washington". Geschmacklich sind die heute zu über 95 Prozent angebauten Hybrid-Laborzüchtungen den Oldies jedenfalls derart unterlegen, dass sie im Direktvergleich fast wie eine komplett andere Gemüseart wirken.
Das macht sich natürlich primär an den heute nicht mehr geschätzten deutlichen Bitternoten der Klassiker fest. Dummerweise haben die Agro-Ingenieure den modernen Hochleistungshybriden wie "Cumulus", "Raffaelo", dem holländischen "Xenolim", dem sehr früh und dick unter Schwarzfolie sprießenden "Gijnlim" oder dem auf Zartheit optimierten "Ramires" zugleich all die feinen Nuancen ausgetrieben, die den Spargel früher zu einem echten Genussmittel gemacht haben - das seinen (hohen) Preis mit einem edlem Geschmackserlebnis gerechtfertigt hat.

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Die Gleichmacherei der Sorten manifestiert sich auch darin, dass mit der holländischen "Limseeds" und der "Süddeutschen Saatzucht" fast nur noch zwei Agro-Riesen den Spargelsaatmarkt unter sich aufteilen. Deren Zuchtziele decken sich mit dem, was "moderne" Spargelbauern von ihren Pflanzen erwarten: unauffälliger Geschmack, Folienverträglichkeit, gerader Wuchs mit möglichst gleichen Dicken, Kopffestigkeit, zartfasrige Textur, Schädlingsresistenz und natürlich maximaler Ertrag.
Beim Hybridspargel stimmt die Chemie - und der Profit
Der erfordert aber neben Folien und Beetheizungen auch den flächendeckenden und massiven Einsatz von Kunstdüngern. Während früher der Spargel am liebsten auf ordentlich verrottetem Mistboden gedieh, kicken heute Hochleistungsmineraldünger die Stangen nach oben - die wegen ihres raschen Wachstums dummerweise haufenweise Moleküle aus diesem Chemiebaukasten in ihre Zellen einbauen und auf dem kurzen Weg zum Konsumententeller auch so schnell nicht wieder abbauen. Kein Wunder, dass Deutschlands Genusspapst Wolfram Siebeck schon vor Jahren zum Spargelboykott aufrief.
Die alten Sorten, die von einigen "Arche"-Farmern und "Slowfood"-Aktivisten zum Glück in den letzten Jahren wiederentdeckt und mit großem kulinarischen Erfolg angebaut werden (leider geht der größte Teil der Ernten direkt zu den Sterneköchen...), sind dagegen wahre Aromenwunder: fein abgestufte, edle Bitternoten treffen auf Haselnuss und Mandel, gepaart mit leicht süßlichen Zwischentönen und einer cremigen Eigenbuttrigkeit, die keinerlei Unterstützung durch die üblichen Kalorienbombensoßen benötigt.
In diesem Sinne kommt auch unsere heutige Version "Streuselspargel mit Filetschnitzel und Bouillonkartoffeln" komplett ohne mächtige Hollandaise oder Buttermassen aus, denn die Zwiebelstreusel sorgen für zarte, frische und zugleich geschmeidige Schärfe. Und wer beim Essen auch noch gern schlank wie ein Spargeltarzan werden möchte, lässt einfach die in viel Butter gebratenen Schnitzel weg.
Rezept für Streuselspargel mit Filetschnitzel und Bouillonkartoffeln (Hauptgericht für 4 Personen)
Vorbereitungszeit: 20 Minuten
Zubereitungszeit: 35 Minuten
Schwierigkeitsgrad: einfach
Zutaten
Spargel
1,5 kg weißer Spargel, wenn möglich von einer alten Natursorte (gibt es auch im Onlinehandel)
1 EL Meersalz
2 TL Zucker
50 ml Weißweinessig (kein Balsamico)
30 g Butter
100 ml Geflügelfond
Zwiebelstreusel
75 g Mehl
75 g Semmelbrösel
50 g Butter
etwas feines Meersalz
250 g sehr frische (scharfe) gelbe Zwiebeln
1 EL Schnittlauchröllchen
Bouillonkartoffeln
500 g kleine neue Kartoffeln (z.B. Forelle oder Linda)
500 ml Geflügelfond
Filetschnitzel
400 g Schweinefilet, aus dem breiten Mittelfilet
1 Prise Salz und Pfeffer
1 TL edelsüßes Paprikapulver
1 EL Mehl
1 Ei
1 EL Sahne
50 g Semmelbrösel
75 g Butter
Zubereitung
Spargel
Spargel am Ansatz abschneiden, schälen. Abschnitte und Schalen 20 Min. in reichlich Wasser mit Salz, Zucker und Essig auskochen. Abseihen, Flüssigkeit auffangen und darin die Spargel bissfest kochen (ca. 15-18 Minuten). Spargel in anderem Topf in Butter und Fond warmhalten, aber nicht weitergaren. Kochflüssigkeit auf 1 Liter reduzieren und zum Kartoffelkochen verwenden.
Zwiebelstreusel
Butter erwärmen, bis sie flüssig ist. Mehl, Brösel und Salz vermengen, mit Gabel die Butter einrühren, bis sich Streusel gebildet haben. Kurz vor dem Servieren Zwiebeln häuten, sehr fein würfeln und unter die Streusel heben.
Bouillonkartoffeln
Kartoffeln schälen. Fond mit dem reduzierten Spargelkochwasser aufkochen, Kartoffeln ca. 15 Min. darin garen.
Filetschnitzel
Schweinefilet in vier Scheiben schneiden, unter Klarsichtfolie mit Fleischklopfer breit plattieren. Beidseitig mit Salz, Pfeffer und Paprika würzen und mehlieren. Ei mit der Sahne verquirlen, Schnitzel erst durch das Ei ziehen, abtropfen lassen und dann mit den Bröseln panieren. In viel Butter schwimmend ausbacken.
Fertigstellen und anrichten
Direkt vor dem Servieren den Spargel kurz stark erhitzen und dann auf vorgewärmte Teller verteilen. Mit den Zwiebelstreuseln und dem Schnittlauch bestreuen, Kartoffeln und Schnitzel anlegen und mit einigen Zitronenspalten servieren.
Getränketipp
Zu weißem Spargel in klassischen Garnituren passen traditionell aromatisch eher zurückhaltende, frische Weißweine mit knackiger Säure und prickelnder Mineralität wie z.B. Scheurebe, Silvaner, badische Weißburgunder oder ein Semillon aus dem Bordeaux. Angesichts der Buttrigkeit von Streuseln und Schnitzel und der ätherischen retronasalen Schärfe der Zwiebeln fand sich aber in einem chilenischen Sauvignon Blanc hier der bessere und sogar ausgesprochen preiswerte Begleiter: Der Sauvignon Blanc Santa Rita 120 bringt juvenile Frische mit, harmoniert mit seinen Grapefruit- und Lychee-Noten in der Nase aber toll mit den Zwiebeln und bindet mit starken Kräuteranklängen am Gaumen auch gut das Fett der Speise.